Prolog

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Heather

Es gab Tage an denen spürte man einfach, dass etwas Schreckliches passieren würde. Ein merkwürdiges Gefühl zog sich durch den gesamten Körper, welches man nicht wirklich beschreiben konnte und doch wusste man innerlich, dass es etwas zu bedeuten hatte. Es wollte einen vorwarnen damit man auf jegliche Eventualitäten vorbereitet war. Dennoch traf einen die Hiobsbotschaft jedes Mal wie aus heiterem Himmel. Genauso war es jetzt als mit jeder weiteren Sekunde erneut Wörter über Dales Lippen kamen, die sich wie Ketten um mein verkrampftes Herz legten und immer fester geschnürt wurden.

»Ich habe es versucht Heath, dass musst du mir glauben.« Seine Stimme stockte und sein Blick wirkte gequält, obwohl er es war, der mich von sich stieß und nicht umgekehrt. Ich würde nie solche Worte zu ihm sagen, würde ihn nie von mir stoßen und würde nie einfach dabei zusehen wie sein Herz in tausend Teile zerschmettert wurde.

»Beziehungen sind nun einmal nichts für mich. Ja, ich mag dich, doch ich merke immer deutlicher, dass das nicht ausreicht. Ich brauche einfach Zeit allein ohne irgendwelche Ablenkungen«, fuhr er fort und es wirkte schon fast ironisch, dass von oben der Regen auf uns niederprasselte.

Unter normalen Umständen hätte ich bestimmt schon zu zittern angefangen, aber im Moment sorgte der Schmerz in mir dafür, dass ich nichts anderes fühlte als ihn und die endlose Leere, die Dales Worte in mir auslösten. Der Schmerz war so allumfassend, dass ich nicht sagen konnte, wo er anfing und wo er aufhörte. Ich fühlte ihn am ganzen Körper und er war nichts im Vergleich zu dem Vorboten von heute Morgen. Zu Beginn des Tages war es nur ein laues Lüftchen gewesen, doch mittlerweile zerlegte mich ein unbarmherziger Sturm von innen und nichts hielt ihn auf. Er nahm sich meiner an. Ich konnte nichts dagegen tun, war machtlos und wollte am liebsten auf der Stelle zusammenbrechen und meinen Schmerz hinausschreien, aber ich tat nichts davon. Ich stand einfach nur da, sah ihn an und sagte nichts. Ich konnte nichts sagen. Kein Wort, kein Ton, rein gar nichts kam über meine Lippen.

»Ich hatte nicht vor dich zu verletzen, doch wenn ich jetzt nicht Schluss mache, verletze ich dich später nur umso mehr und das möchte ich nicht.« Der Ton seiner Stimme klang zwar reumütig, allerdings konnte ich nicht richtig darauf achten. Einzig seine Worte nahmen meine Gedanken ein und ich konnte mir - im Gegensatz zu ihm - nur schwer vorstellen, dass es in der Zukunft hätte schlimmer werden können.

Dale sah mich an, atmete einmal kurz durch und fing dann wieder an zu sprechen. Als ob irgendeiner seiner Sätze etwas daran ändern würde, wie ich mich gerade fühlte. Mein Elend würde dadurch nicht besser werden eher schien es so, dass mit jedem weiteren Wort mein Herz mehr litt. Es gab keine wirkliche Beschreibung dafür, doch es machte den Anschein, dass seine Worte die Munition für meinen Untergang waren. Aber noch immer hatte ich keinen Mucks von mir gegeben, hatte mich nicht zur Wehr gesetzt, sondern ließ mein Schicksal einfach über mich ergehen.

»Vertraue mir es ist wirklich besser so.«

Besser? Wie konnte eine Trennung besser sein als unsere Beziehung? Wir waren glücklich gewesen, zumindest dachte ich das. Allerdings hatte ich damit wohl komplett falsch gelegen wie es aussah.

Ich wollte ihn anschreien, ihm eine reinhauen oder ihn einfach stehen lassen, doch ich tat nichts dergleichen. Stattdessen blickte ich ihm einfach in die Augen, sammelt das letzte bisschen Würde zusammen, was mir bisher noch geblieben war und versuchte mit ruhiger Stimme zu sprechen. Leider funktionierte das nicht ganz so optimal wie ich es mir erhofft hatte. Meine Stimme klang belegt und ich musste mich einmal räuspern, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden. Nichtsdestotrotz hörte sich meine Stimme an als würde sie nicht zu mir gehören.

»Ich verstehe was du sagst. Ich verstehe es wirklich und es ist in Ordnung für mich. Ich hätte sowieso wissen sollen, dass die Sache zwischen uns zum Scheitern verurteilt ist.« Die Lügen, welche meinen Mund verließen, schmeckten schal und am liebsten hätte ich sie in dem Augenblick zurückgenommen, in dem ich sie ausgesprochen hatte. Jedoch war mir klar, dass es nichts bringen würde. Dale hatte seine Entscheidung getroffen, auch wenn ich sie nicht verstand. Ich verstand gerade ja nicht einmal Dale selbst. Vielleicht hatte ich das auch nie getan. Ich war mir nicht sicher, doch vermutlich war es genauso gewesen. Anders konnte ich mir nicht erklären, dass ich dieses Unheil nicht hatte kommen sehen. Für mich hatte es keine Anzeichen dafür gegeben, dass etwas aus dem Ruder gelaufen war. Trotzdem musste in der Vergangenheit irgendwas passiert sein, was ich übersehen hatte, ansonsten würde ich jetzt wohl kaum vor den Trümmern meiner eigenen Beziehung stehen.

»Heath, ...«

Dale kam einen Schritt auf mich zu und instinktiv wich ich zurück. Ich wollte ihn nicht in meiner Nähe haben. Ich wollte nicht, dass er mich noch einmal berührte und ich wollte ihn nicht mehr sehen. Nicht in diesem Augenblick. Ich konnte einfach nicht mehr und merkte wie meine letzte Kraft aus meinem Körper entschwand. Nicht mehr lange und ich würde wirklich zusammenbrechen und das ausgerechnet vor seinen Augen. Dieser Schmach wollte ich mich nicht auch noch hingeben, also drehte ich mich um und blickte nicht zurück. Nicht als Dale noch einmal meinen Namen sagte und auch nicht als ich den dunklen Weg von der Aussichtsplattform nach unten ging.

Die Plattform, von der aus man einen wunderschönen Blick über die Stadt hatte, war unser Platz gewesen. Wir hatten unser erstes Date an diesem Ort verbracht, hatten uns dort zum ersten Mal geküsst und Dale hatte mich gefragt, ob ich seine Freundin sein wollte. Alles war dort passiert und nun auch unsere Trennung.

Zwischen uns das WirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt