Kapitel 10

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Dale

In meinem Kopf schrillten alle Alarmglocken und sonstige Warnsignale als ich hinter Heath in mein Zimmer schlüpfte. Fast lautlos schloss ich die Tür und deutete ihr an es sich auf meinem Bett gemütlich zu machen. Dabei versuchte ich inständig nicht erneut auf ihre nackten Beine zu starren, die mir bereits in der Küche förmlich ins Auge gesprungen waren. Heath zu begehren war definitiv nicht der richtige Weg, um eine Freundschaft mit ihr aufzubauen und dennoch hielt ich weiterhin an meinem Vorhaben fest. Ich musste es schaffen sie einfach nur als gute Freundin anzusehen, wie ich es bei Riley tat. So schwer konnte das doch eigentlich gar nicht sein. Dieser Gedanke hielt bis ich mich ebenfalls ins Bett legte und Heath sich an mich kuschelte. Ihren Kopf auf meine Brust gebettet, rückte sie näher an mich heran. Augenblicklich versteifte ich mich. Ich hatte nicht damit gerechnet jemals wieder mit ihr in einem Bett zu liegen, geschweige denn sie in meinen Armen zu halten. Vorsichtig hob ich einen meiner Arme und schlang ihn um ihren Körper. Die plötzliche Veränderung bemerkte mein Körper sofort und verdeutlichte mir umso mehr, dass ein hartes Stück Arbeit auf mich zukommen würde, um sie nur als gute Freundin zu betrachten. Dabei wollte ich um nichts in der Welt riskieren, dass ich scheiterte. Denn egal, warum Heath sich an mich kuschelte und was diese Berührungen in mir auslösten, ich wollte für sie da sein. Und obwohl ich mich offensichtlich zu ihr hingezogen fühlte, kam es mir in keiner Sekunde in den Sinn diese Situation auszunutzen. Ich würde standhaft bleiben, um meinetwillen und vor allem um ihretwillen. Nicht auszudenken, wenn ich sie erneut ins Unglück stürzen würde. Allerdings fiel es mir sichtlich schwer nichts zu empfinden während sich Heathers Körper mit den wundervollen Rundungen an mich drückte. Ihre Haut fühlte sich immer noch haargenau so weich an wie damals und ich erwischte mich bei dem Gedanken, wie gerne ich die Zeit zurückdrehen wollte. Gott, sie so nah bei mir zu haben, war einfach viel zu gut, um wahr zu sein. Ich mochte sie, keine Frage. Verdammt, eigentlich liebte ich sie immer noch und allmähliche begriff ich, dass sich das wahrscheinlich niemals ändern würde. Allerdings spielte es keine Rolle wie ich für sie empfand. Allein die Tatsache, dass es für Heath besser war, wenn sie jemand anderen fand, war wichtig. Bei dem Gedanken krampfte sich alles in mir zusammen. Mir Heather mit einem anderen Kerl vorzustellen, gefiel mir überhaupt nicht, doch ich würde immer zu ihrem Wohl entscheiden. So wie ich es bisher auch immer getan hatte und wenn das bedeutete, dass ich in diesen sauren Apfel beißen musste, dann würde ich mich damit abfinden müssen. Jetzt war allerdings ich der Glückliche, der sie im Arm halten durfte. Und in dieser einen Nacht gestattete ich mir, es zu genießen.

Am nächsten Morgen wachte ich lange vor Heath auf, doch ich war alles andere als bereit sie loszulassen. Früher oder später würde ich sowieso dazu gezwungen sein, da konnte ich mir diesen kleinen Moment gestatten. Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und betrachtete ihren warmen, schlafenden Körper neben mir. Sofort erkannte ich, dass sie letzte Nacht kein Stück von meiner Seite gewichen war. Ihr Kopf schmiegte sich an meine Brust und wurde dabei von ihrem schwarzen Haar umrahmt. Heaths Brustkorb hob und senkte sich stetig, wobei ihr Atem sanft über meine Brust strich und dafür sorgte, dass Schauer durch meinen Körper liefen. Mein Shirt war keine große Hilfe und verhinderte keineswegs die Intensität, mit der mich der leichte Lufthauch traf. Ich spürte ihn ganz genau, verlor mich für einen Augenblick in dem Gefühl und verfluchte mich selbst kurz darauf dafür. Weiterhin meine Arme um sie zu schließen, war etwas anderes als diese Gefühle zu zu lassen. Widerwillig löste ich meinen Blick von Heather und richtete ihn stattdessen auf mein Fenster, an welchem ich unbedingt einmal ein Rollo anbringen musste.

Die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel, so dass es in meinem Zimmer weiterhin relativ dunkel blieb. Trotzdem würde sie irgendwann genau auf mein Bett scheinen und unweigerlich dazu führen, dass Heath aufwachte. Nachdenklich ließ ich meinen Blick durch das Zimmer wandern. Ich hatte mir bisher nicht die Mühe gemacht mein Zimmer wohnlich zu gestalten. Ich wollte mich nicht häuslich einrichten bevor ich nicht wusste, wie lange ich hierbleiben würde. Deshalb gab es neben meinem Bett auch nur einen Schrank, der mir von der Wohnheimverwaltung gestellt worden war, und einen Schreibtisch. Die Wände strahlten in weißer Farbe, die mir so überhaupt nicht gefiel. Sie kam mir viel zu steril vor und wenn ich etwas ändern würde, dann wäre es definitiv diese Farbe gewesen. Insgeheim wusste ich eigentlich schon, was ich aus diesem Zimmer machen wollte, doch dafür würde ich erst einmal die drei Monate überstehen müssen.

Die Zeit verstrich immer weiter bis Heath sich irgendwann verschlafen die Augen rieb. Ich hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, allerdings wurde das Zimmer mittlerweile von Licht durchflutet. Die weißen Wände wirkten jetzt noch heller und schienen mir deutlich signalisieren zu wollen, wie sehr ich mir eine andere wünschte.

»Morgen«, grummelte ich mit pulsierendem Herzen. Ich wusste nicht, was mich jetzt erwartete oder wie die Stimmung zwischen uns beiden sein würde. Insbesondere, weil mein Arm sie weiterhin an mich drückte. Allerdings wollte ich nicht, dass sich wieder ein unangenehmes Schweigen zwischen uns ausbreitete.

»Morgen«, erwiderte sie und war sich offenbar selbst nicht ganz im Klaren darüber, wie sie die Situation händeln sollte. Notgedrungen zog ich meinen Arm zurück und griff nach meinem Handy. Die Ziffern auf dem Display verdeutlichten mir, dass es langsam Zeit wurde aufzustehen. In nicht einmal einer Stunde traf ich mich mit Riley zu einem Sonntagsspaziergang. Ich liebte die Natur und war gerne draußen, doch jetzt hätte ich alles dafür gegeben noch einen Augenblick länger im Bett zu bleiben. Mit mehr Elan als ich mir zugetraut hätte, schlüpfte ich aus dem Bett und griff mir irgendwelche Klamotten aus dem Schrank.

»Du kannst gern noch liegen bleiben, wenn du willst«, sagte ich zu Heath bevor ich aus dem Zimmer verschwand, um zu duschen. Normalerweise duschte ich eher warm oder zumindest lauwarm, doch heute entschied ich mich für eine kalte Dusche. Ich musste den Kopf freibekommen und das kalte Wasser schien mir eine gute Alternative zu sein. Viel zu lange prasselte das Wasser einfach nur auf mich herab und verschwand dann im Abfluss während ich beschloss die Zeit so gut es ging zu genießen. Meine ständigen Gedanken darüber, was in drei Monaten sein würde, brachten mich in keinster Weise weiter. Heath würde ihre Entscheidung fällen und wenn ich bis dahin völlig verkrampft irgendwas erzwingen, machte ich vielleicht mehr kaputt als entstehen könnte.

Zu meiner Überraschung lag Heath tatsächlich noch in meinem Bett als ich frisch geduscht zurück ins Zimmer kam. Bei näherer Betrachtung fiel mir auf, dass sie schlief. Ihr Gesicht war zum Teil in der Decke vergraben während eins ihrer Beine frei lag. Ich gestattete es mir sie kurz zu betrachten und ließ meinen Blick auf ihrem Gesicht verweilen. Sie wirkte entspannt. Nichts ließ darauf schließen, dass sie gestern einen anstrengenden Tag hinter sich hatte. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und ich war ziemlich zufrieden mit dem Start des Tages. Ich hatte eher mit einer verkrampften oder merkwürdigeren Stimmung gerechnet. Allerdings war dem überhaupt nicht so, was meine Stimmung nur noch mehr aufhellte.

Zu sehen wie Heather immer weiter in ihre Traumwelt abgedriftet und ihr Atem regelmäßig über meine Brust gestreift war, hatte mich unglaublich glücklich gemacht. Im dämmrigen Licht des Mondes, der durch mein Fenster geschienen hatte und sanft auf Heathers Gesicht getroffen war, waren ihre Umrisse deutlich zu erkennen gewesen. Fast die gesamte Nacht über hatte ich deswegen kaum eine Sekunde Schlaf abbekommen. Erst Stunden nachdem wir uns hingelegt hatten, war ich in einen kurzen Schlaf abgedriftet, aus dem ich sehr schnell wieder erwacht war. Die meiste Zeit hatte ich Heath einfach nur fasziniert angestarrt. Im Nachhinein betrachtet, wirkte dieses Verhalten zwar etwas merkwürdig, aber ich hatte meine Augen einfach nicht von ihr nehmen können. Selbst jetzt fiel es mir schwer mein Zimmer zu verlassen und sie hier zurückzulassen. Zu stark war der Drang den Tag lieber mit ihr verbringen zu wollen. Es war eine Schande, dass ich mich mit Riley verabredet hatte und kurz tauchte der Gedanke in meinem Kopf auf, dass ich ihr auch einfach absagen könnte. Jedoch war das meiner besten Freundin gegenüber nicht fair und nachdem ich so viel Zeit mit Heather verbracht hatte, wäre es vermutlich auch besser das Ganze nicht zu weit ausarten zu lassen.

Unwillkürlich fragte ich mich, wie lange ich es noch schaffen würde mich von ihr fernzuhalten. Mein Herz gehörte nach wie vor ihr, aber sie erneut ins Unglück zu stürzen, war einfach keine Option für mich. Ich musste stark bleiben, musste mich wie EIN Freund und nicht wie IHR Freund verhalten und mir immer wieder vor Augen führen, wieso ich das alles auf mich nahm. Vielleicht hätte ich mich weiterhin von ihr fernhalten und nicht zurückkehren sollen, doch sie komplett aus meinem Leben zu verbannen und sie zu ignorieren, war eigentlich keine Option. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. In der Tat hatte ich die letzten drei Jahre immer wieder einen neuen Versuch unternommen und war am Ende doch jedes Mal aufs Neue gescheitert. Unsere heutige Zeit machte es einem aber auch nicht unbedingt leicht eine Person auszublenden, die sich tief in dem eigenen Herzen eingenistet hatte. Twitter, Instagram, ja sogar Pinterest und Tumblr ermöglichten einem dennoch alles mitzubekommen, ob man es nun wollte oder nicht. Mehrfach hatte ich ihre Seiten blockiert, nur um sie am nächsten Tag wieder zu entsperren und nachzusehen, ob sie etwas gepostet hatte. Ich war diesem Mädchen schlichtweg schon in der High-School erlegen und es würde immer so sein.

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