Kapitel 32

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Dale

»Das haben Riley und ich gut hinbekommen«, verkündete Louis während er gerade für irgendeinen Gast ein Bier zapfte und dabei sehr zufrieden immer wieder auf Heaths und meine miteinander verschlungenen Finger blickte.

»Du willst dir doch nicht wirklich den Verdienst dafür anrechnen lassen, oder?«, fragte meine Freundin ihren Bruder verwundert. Ihre Augen blickten skeptisch in seine Richtung und verfolgten jeder seiner Handgriffe als müsste sie seine Reaktion genau begutachten.

»Warum nicht? Dank mir und Riley wohnt ihr schließlich zusammen.« Kaum hatte Louis seine Worte ausgesprochen, passierten zweierlei Dinge. Erstens klärte Heath ihren Bruder darüber auf, dass sich der Esel immer zu Letzt nannte. Zweitens schlug Ley sich mit der flachen Hand ins Gesicht und ließ diese anschließend über ihren Augen liegen, als würden wir sie so nicht mehr sehen können. Erst dann begriff meine Freundin, was sie gerade gehört hatte und auch ich musterte Louis aus zusammengekniffenen Augen.

»Was meinst du damit?« Meine Stimme klang genauso ernst, wie ich es beabsichtigt hatte. Ich wollte wissen, was hier vor sich ging und warum die beiden in unser anfängliches Wohnungsdilemma - welches ich mittlerweile nicht mehr als Dilemma betrachtete - involviert waren.

»Bevor ihr uns beide deswegen einen Kopf kürzer macht, ich habe Riley dazu überredet.«

»Wozu?«, wollte nun auch Heath wissen. In ihren blaugrauen Augen fing an sich ein Sturm zu bilden und verstärkten somit ihre Frage.

»Wir haben eure Wohnungsanträge manipuliert«, gab Ley reumütig zu. Fast hätte ich sie nicht gehört. Meine beste Freundin hatte zwar die Hand von ihrem Gesicht genommen, doch ihre Stimme kam nur in einem Flüsterton über ihre Lippen.

»Wie bitte?«, erkundigte sich Heath. Der aufkommende Sturm in ihren Augen wurde von Entsetzen abgelöst. Sanft strich ich ihr mit meiner freien Hand über den Rücken, um sie zu besänftigen. Ich war in keinster Weise sauer auf unsere Freunde. Wieso auch? Wir waren glücklich und dank ihnen hatte sich zwischen Heath und mir alles wieder zum Guten gewendet. Klar hätte die Aktion auch schief gehen können, aber dem war ganz und gar nicht so. Also warum sollte ich jetzt sauer sein. Meine Finger glitten ihren Rücken hinauf in ihren Nacken und forderten ihre Aufmerksamkeit ein. Langsam beugte ich mich ein Stück zu ihr herüber und brachte meine Lippen in die Nähe ihres Ohres.

»Ich bin ziemlich froh darüber, dass sie sich eingemischt haben, HBO«, hauchte ich ihr entgegen. Freudig spürte ich unter meinen Fingern, wie sich auf ihrem Körper eine Gänsehaut bildete ehe ich mich wieder zurückzog. Meine Hand wanderte währenddessen wieder hinab zu ihrem unteren Rücken und verweilte dort.

»Also, wie habt ihr das angestellt?«, fragte ich interessiert und bezog die anderen beiden wieder mit ins Gespräch ein.

»So schwer war das überhaupt nicht. Riley sollte Heaths Antrag abgeben und ich deinen. Also haben wir vorher noch eingetragen, dass ihr gerne zusammenwohnen würdet.« Louis erklärte es uns mit einer solchen Gelassenheit als würde er uns gerade mitteilen, dass draußen die Sonne schien. »Die Chance war da und ich musste sie ergreifen.« Noch immer zeigte er keinen Anschein von Schuldgefühlen und ich glaubte auch nicht, dass sich daran noch etwas ändern würde. Louis war viel zu stolz darauf, was er getan hatte.

»Und du hast da mitgemacht?«, fragte Heath nun an Ley gewandt. Im Gegensatz zu Louis sah man ihr ihre Schuldgefühle ohne jeden Zweifel an. Es tat ihr leid sich eingemischt zu haben, doch unterhalb dieser Emotion verbarg sich dennoch eine gewisse Zufriedenheit, weil der Plan aufgegangen war.

»Sorry, aber dein Bruder kann sehr überzeugend sein, wenn er will.«

»Ich für meinen Teil bin gerade zu glücklich, um sauer wegen eurer Einmischung zu sein«, sagte ich und küsste Heath auf die Wange. Fast augenblicklich färbten sich ihre Wangen leicht rot, woraufhin ich mein Lächeln einfach nicht unterdrücken konnte. Heather machte mich verdammt nochmal glücklich und ich würde mein Bestes tun, um dasselbe für sie zu tun. Auch wenn das bedeutete, dass ich über meinen Schatten springen und lernen musste mit meinen Dämonen zurechtzukommen.

»Hier.« Louis stellte drei Gläser Bier vor uns ab und gab uns zu verstehen, dass diese Runde auf ihn ginge. »Das bin ich euch wohl schuldig. Obwohl ich der Meinung bin, dass ich eigentlich einen Orden verdient hätte.«

»Manchmal frage ich mich echt, wie Sophia es mit dir aushält«, feixte Heath und nahm einen großen Schluck von ihrem Getränk. Im Claire's scherte sich niemand darum, ob wir überhaupt schon alt genug waren, um Alkohol zu trinken und wir waren auch weiß Gott nicht die einzigen Studenten hier. Die Bar war allgemein bekannt dafür, dass hauptsächlich Studenten hierherkamen. Sie lag nicht unweit vom Campus zwischen einem Café und einer Pommesbude, die sich perfekt dafür eignete, sich einen Mittagnachtssnack zu gönnen.

Heather

»Wo bleiben eigentlich die Anderen?«, erkundigte ich mich als wir unseren Platz an der Bar aufgaben und stattdessen an einem der Tische Platz nahmen. Sehnsüchtig warf ich einen Blick in deren Richtung der gemütlichen Sitzecke. Dank der Masse an Menschen konnte ich nicht sehen, wer heute das Glück hatte einen dieser Plätze zu ergattern, weswegen ich mich auch meinen Freunden wieder zuwendete.

»Jim meinte, er hätte keine Zeit, weil er was mit seinen Kumpels macht. Aber Matt wollte eigentlich noch vorbeikommen«, sagte Ley in einem ruhigen Tonfall, um ja nicht durchscheinen zu lassen, dass sie sich auf Matt freute. Mir konnte sie allerdings nichts vormachen und Dale anscheinend auch nicht.

»Matt? Ist das der Typ, der Nikos mit seinen Blicken fast getötet hätte beim Ball?«, fragte er interessiert. Natürlich wollte er wissen, was es mit Matt und unserer besten Freundin auf sich hatte, doch so richtig kommunikativ war Riley in Bezug auf dieses Thema nicht gerade. Ich saß zwischen den beiden und genau wie mein Freund sah auch ich neugierig zu ihr hinüber. Ich wollte genauso gerne wissen, was es bei ihr so Neues gab. In letzter Zeit musste sie sich schließlich immer wieder meine Sorgen und Probleme anhören und kam dabei in unserer Freundschaft etwas zu kurz.

»Das hast du bemerkt?« Ley griff nach einer Servierte und spielte an ihr herum. Immer wieder pflückte sie kleine Stücke davon ab und häufte sie auf dem Tisch auf. Das Thema rund um Matt und Nikos war nicht gerade ihr Liebstes. Sie war sich selbst nicht sicher für wen ihr Herz eigentlich schlug oder ob es nicht vielleicht auch sein könnte, dass beide sich heimlich einen Platz dort gesichert hatten. Darüber hinaus war Nikos mit Dale befreundet und ich konnte nur zu gut erahnen, dass sie ihm nicht unbedingt in ihre Misere einweihen wollte.

»Ich glaube jeder hat es mitbekommen. Es war nicht zu übersehen«, entgegnete Dale. »Also, was läuft da zwischen euch beiden?«

Bevor Riley die Chance hatte ihm seine Frage zu beantworten, erschien Matt an unserem Tisch, wie besagter Teufel, über den man gesprochen hatte. Allerdings war er nicht alleine. Hinter ihm entdeckte ich Nikos und somit war die Runde fast perfekt. Allein Jim fehlte, doch das nahm ich ihm nicht übel. Er und ich würden demnächst zusammen mit Riley frühstücken gehen und Zeit gemeinsam verbringen. Jim akzeptiert zwar meine Beziehung zu Dale, dennoch hielt er es für besser erst einmal nicht dabei zu sein, wenn wir alle uns trafen. Er wollte keinen erneuten Streit vom Zaun brechen und ein wenig Zeit vergehen lassen ehe er wieder einen ganzen Abend in unser aller Gesellschaft verbringen wollte. Ich ließ ihm seinen Willen und rechnete es beiden Männer hoch an, dass sie wenigstens versuchten miteinander auszukommen. Das Verhältnis zwischen uns dreien würde definitiv noch eine Weile so weiterlaufen und zwischen Dale und Jim würde vermutlich nie eine wirkliche Freundschaft entstehen, aber trotzdem blickte ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder positiv auf die Zukunft. Irgendwie würden wir das alles wieder hinbekommen.

»Was ist eigentlich mit der Frist? Dale hat immerhin noch einen Monat, um es wieder zu vergeigen«, hakte Nikos nach einer Weile nach. Zu Matts Missfallen hatte er sich den Platz neben Riley gesichert. Ihm hingegen blieb nichts anderes übrig als gegenüber von ihr Platz zu nehmen. Sein Blick hielt er ohne Unterbrechungen auf die beiden gerichtet und ich wusste einfach, dass dieses Gespann noch für einigen Trubel sorgen würde.

»Ich denke, ich behalte ihn«, meinte ich mit einem amüsierten Unterton und küsste ihn liebevoll auf die Wange.

Man konnte in der Dunkelheit verweilen - alleine, mit Freunden - aber immer umgeben von der Finsternis. Oder man entschied sich dazu den Menschen eine zweite Chance zu geben. Daran zu glauben, dass sie sich geändert und ihre Fehler eingesehen hatten, schließlich war man selbst auch nicht perfekt. Menschen machten Dummheiten, taten Dinge, auf die sie selbst nicht stolz waren und die sie bereuten. Sie konnten einen verletzen, bis ins Mag erschüttern und doch wäre ein Leben ohne sie undenkbar. Denn manchmal ist es besser den Weg zu wählen, der einen verletzen kann, anstatt den, der einen droht zu zerstören.

Zwischen uns das WirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt