Kapitel 12

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Dale

Wir hatten unser erstes Spiel tatsächlich gewonnen. Die andere Mannschaft sah ziemlich alt gegen uns aus und deswegen hatten wir es uns definitiv verdient zu feiern. Die Jungs, die hier aufgewachsen waren und sich für das hiesige College entschieden hatte, meinten, dass die Götter des Bonfires uns beigestanden hätten. Ich hingegen glaubte nicht daran, sondern wusste, dass wir den Sieg allein uns zu verdanken hatten. Wir hatten viel trainiert und uns akribisch auf dieses Spiel vorbereitet, um gut in die Saison zu starten. Wir wollten von vornherein klarstellen, dass wir ernstzunehmende Gegner waren und das war uns auch gelungen. Das Publikum war überschaubar gewesen, doch das hatte ich bereits aus der Vergangenheit gekannt. Es war so verdammt schade, dass die meisten sich nicht für Handball interessierten und dass ausgerechnet das Spiel der Lacrossemannschaft am selben Abend hatte stattfinden müssen, half auch nicht sonderlich dabei mehr Zuschauer zum Spiel zu locken. Zum Glück hatte wenigstens die Eishockeymannschaft auswärts gespielt, ansonsten hätten wir vermutlich ohne die Unterstützung eines Publikums aufs Spielfeld gemusst. Leicht verärgert wegen dieser Tatsachen nahm ich einen weiteren Schluck aus meiner Bierflasche und blickte weiterhin auf dieselbe Stelle wie schon die letzten Minuten. Heather saß zusammen mit Riley am Feuer und unterhielt sich mit ihr. Allerdings sah sie dabei alles andere als glücklich aus. Ihren Kopf hatte sie in den Händen vergraben und ihre Haltung wirkte äußerst angespannt. Worüber die beiden auch sprachen, es war nicht Heaths Lieblingsthema, dass erkannte ich sofort. Mir gefiel das überhaupt nicht und am liebsten wäre ich auch der Stelle zu den beiden rüber gegangen, um zu erfahren, worüber die zwei sprachen.

»Wen von den beiden starrst du eigentlich genau an?« Nikos lehnte lässig neben mir an einen Baum und folgte meinem Blick zurück zu Heath und Riley.

»Heather«, antwortete ich ohne den Blick von ihr abzuwenden oder daran zu denken, dass Nikos keine Ahnung hatte, wer von beiden überhaupt Heather war. Mein Blick hatte sich automatisch an ihr festgesaugt als wir angekommen waren und seitdem konnte ich ihn beim besten Willen nicht mehr abwenden.

»Das hilft mir richtig weiter. Vielen Dank für diese tolle Auskunft.« Der Sarkasmus war unüberhörbar und irgendwie erinnerte Nikos mich dadurch an Riley. Bis dato hatte ich niemanden kennengelernt, der so gerne sarkastische Aussagen tätigte wie meine beste Freundin. Nikos konnte aber auf jeden Fall mit ihr mithalten, denn das waren wahrlich nicht die ersten sarkastischen Worte, die er mir entgegengebracht hatte.

»Heath sitzt von uns aus gesehen links«, erklärte ich ihm und war weiterhin nicht bereit sie aus den Augen zu lassen. Ihre schwarzen Haare lockten sich und als sie den Kopf in Rileys Richtung drehte erkannte ich wie sie ihr Gesicht perfekt einrahmten. Heather trug eine kurze, schwarze Jeanshose, die meinen Blick viel zu häufig auf ihre Beine lenkte. Gott, ich mochte einfach alles an ihr. Jede einzelne Stelle ihres Körpers, sei sie nun offen sichtbar oder verdeckt. Dennoch zog mich viel mehr ihr Verstand, ihre liebevolle Art und ihre Loyalität an. Es gab nichts Besseres an einer Frau als diese drei Dinge. Und bei Heath bekam man das Gesamtpaket.

Ich ließ meinen Blick wieder höher wandern und streifte mit den Augen ihr lockerfallendes, helles Oberteil bis hin zu ihrem Gesicht. Ich konnte sie leider weiterhin nur von der Seite sehen, doch ihre angespannte Haltung entging mir keineswegs. Es schien so als würde diese Anspannung nicht von kurzer Dauer sein und immer noch herrschte in mir der Drang zu ihr zu gehen, um sie zu fragen, was geschehen war. Aber waren wir schon wieder an dem Punkt, wo ich solche Fragen überhaupt stellen durfte? Gab es überhaupt einen festen Zeitpunkt, ab dem es legitim war, sich darüber zu informieren und nachzuhaken?

»Vielleicht solltest du sie ansprechen anstatt sie die ganze Zeit über wie ein Irrer anzustarren«, schlug mein Teamkamerad vor und erstmals an diesem Abend wendete ich mich einer anderen Person als Heather zu.

»Ich kann da nicht einfach rüber gehen.«

»Warum denn nicht?«

»Das ist kompliziert«, wich ich seiner Frage aus und drehte meinen Kopf wieder in Heaths Richtung. Ihr Blick haftete an den Flammen während der Platz neben ihr auf einmal leer war. Ley musste in der Zeit als ich nicht zu ihr gesehen hatte, verschwunden sein. Merkwürdig, sie würde Heather doch nie einfach so alleine dasitzen lassen.

»Das sagen immer alle, aber die Wahrheit ist, dass man es selber viel komplizierter macht als es sein müsste.« Verblüfft wendete ich mich wieder meinem Kumpel zu. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber sicher nicht damit. Allerdings kannte ich ihn ja auch erst seit kurzem und aus Erfahrung wusste ich, dass man immer etwas brauchte, um Menschen richtig einschätzen zu können.

»Also, wie lautet die Geschichte hinter deinem Kompliziert«, forderte er mich mit einer kurzen Geste auf zu erzählen. Derweil dachte ich über seine Worte nach. Er hatte schon Recht auf eine gewisse Art und Weise, jedoch gab es schon komplizierte Angelegenheiten. Es war schließlich nicht immer so, dass man nicht wusste, was zu tun war. Häufig wussten man das ganz genau, entschied sich allerdings für einen anderen Weg, um seine Mitmenschen zu schützen.

»Sie ist seine Ex-Freundin«, erklang mit einem Mal Rileys Stimme hinter uns ehe sie die letzten Schritte auf Nikos und mich zu ging. »Und er ist immer noch über beide Ohren in sie verliebt, hat aber viel zu viel Angst es erneut zu vergeigen.« Verblüfft konnte ich sie einfach nur ansehen. Ich wusste, dass sie von meinem Vorhaben nur mit Heather befreundet zu sein nichts hielt. Und sie war auch nicht gerade der Mensch, der einem mit seiner eigenen Meinung verhätschelte, aber vor einem Teamkollegen hatte sie solche deutlichen Worte noch nie ausgesprochen. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollten. Also ließ ich die Aussage erst einmal unkommentiert und guckte meine beste Freundin an.

»Das musste mal gesagt werden und ich dachte, wo ich zu Heath gerade auch so ehrlich gewesen bin, mache ich bei dir weiter.«

»Ich mag sie jetzt schon«, verkündete Nikos und streckte Riley die Hand hin, um sich vorzustellen, nur um sie gleich darauf wieder fallen zu lassen. In jeder Hand hielt Riley eine Flasche Bier, die es ihr unmöglich machte auf Nikos' Geste einzugehen. Ohne zu zögern, reichte sie mir eine der Flaschen und begrüßte Nikos anschließend herzlich mit einer Umarmung. Es war offensichtlich, wie überrumpelt er sich davon fühlte, aber da musste er jetzt durch.

»Die kannst du übrigens Heath bringen. Ich habe gesagt, ich gehe Bier holen und das ist ihres.« Ich bewegte mich kein Stück. Die Situation überforderte mich dafür viel zu sehr. Erst musste ich die Worte verarbeiten, die sie mir so liebevoll an den Kopf geklatscht hatte.

»Jetzt geh schon rüber und sei nett. Oder möchtest du sie den Rest des Abends weiterhin anstarren?« Wie ferngesteuert, tat ich tatsächlich, was Riley mir soeben empfohlen hatte und ging auf das Feuer zu vor dem Heath immer noch aß und eigentlich auf Riley wartete. Würde sie enttäuscht sein mich zu sehen oder würde sie sich vielleicht sogar freuen? Ich wusste nicht, auf welche Reaktion ich mich vorbereiten sollte. Doch egal welche es sein würde, ich hatte nicht gekniffen und mich getraut Rileys Anweisung zu folgen. Außerdem sorgten Freunde sich doch um einander. Also war es nicht ungewöhnlich, dass ich mich zu ihr begab.

Zwischen uns das WirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt