Heather
Auch eine Woche später hatte ich mich immer noch nicht dazu durchringen können mit Dale zu sprechen. Ich hatte das Gefühl, er würde mir genau ansehen können, wovon ich geträumt hatte. Also war dieser Ansatz im Moment keine wirkliche Lösung für mein Gefühlschaos. Ich war mir zwar inzwischen darüber im Klaren, dass ich Dale noch liebte - leugnen war einfach zwecklos - aber ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich war genauso nervös und angespannt, wie früher bevor wir zusammengekommen waren und hilfreich war das überhaupt nicht. Ich konnte meine Gefühle nämlich nur schwer verstecken und versuchte dementsprechend Dale ein wenig aus dem Weg zu gehen. Nicht so viel wie am Anfang, wo ich ihn komplett gemieden hatte, doch ich achtete darauf, dass wir nicht allzu viel Zeit allein verbringen konnten. Den Kuss hatte keiner von uns beiden bei unseren kurzen Begegnungen zur Sprache gebracht und doch schwebte er irgendwie zwischen uns. Aber um ehrlich zu sein wusste ich auch nicht wirklich, wie ich darauf zu sprechen kommen sollte.
»Ich weiß immer noch nicht weiter«, hielt ich Ley auf als wir gerade durch die Eingangshalle zum Handballspiel liefen. Mit ihrer heißgeliebten Kamera in der Hand drehte sie sich so schwungvoll zu mir um, dass ihre Locken über die Schulter flogen. Wir hatten Dale versprochen vorbeizuschauen und eigentlich freute ich mich auch darauf, wenn nur nicht meine innere Unruhe wäre. Am liebsten hätte ich Dale zur Seite genommen und mit ihm über alles geredet, doch irgendwie hatte ich auch Angst vor diesem Gespräch. Was wäre, wenn nach dem Gespräch alles noch merkwürdiger zwischen uns wurde? Das wollte ich auf jeden Fall verhindern. Andererseits war es jetzt auch nicht gerade normal zwischen uns.
»Du hast immer noch nicht mit ihm geredet?«, unterbrach meine beste Freundin meine negativen Gedanken und schaute mich dabei mit zusammengezogenen Augenbrauen an. »Ihr könnt das Thema nicht einfach totschweigen.« Ihr ermahnender Unterton erinnerte mich irgendwie an meine Mutter und weniger an meine beste Freundin. Allerdings wusste ich, dass sie im Recht war. Dale und ich mussten reden, mal wieder oder immer noch. Je nachdem wie man es sah.
»Versprich mir etwas«, verlangte sie und ihr ernster Blick ließ nicht zu, dass ich etwas anderes tat. »Sprich nach dem Spiel mit ihm. Geht zusammen nach Hause und dann nehmt euch die Zeit, die ihr braucht und klärt alles.« Kurz nickte ich ehe ich den Flur hinunter zur Halle nahm.
Der Vorteil von Handballspielen war die Platzwahl. Da fast niemand sich für diesen Sport zu interessieren schien, gab es genügend Auswahlmöglichkeiten und man musste sich nicht tausend Stunden vorher mit anderen Kommilitonen in eine Reihe stellen und hoffen noch einen guten Platz zu bekommen. Der Nachteil allerdings waren die fehlenden Fans. Es kam keine richtige Stimmung auf, so wie es bei den Eishockey- oder Lacrossespielen der Fall war. Nichtsdestotrotz mochte ich den Sport. Er war schnell und voller Energie und gerade, weil er nicht der Beliebteste, erkannte man deutlich die Leidenschaft der einzelnen Spieler. Gerade bei Dale hatte ich diese immer gesehen und auch heute fehlte sie nicht. In seinem Mannschaftsoutfit kam er aufs Spielfeld und von da an konnte ich nicht anders als ihm unentwegt mit den Augen zu verfolgen. Er schien komplett in seinem Element und fokussiert zu sein. Zusammen mit dem Trainer erteilte er den anderen aus der Mannschaft Anweisungen. Dale hatte schon immer Führungstalent bei den Spielen bewiesen und anscheinend war es ihm in den letzten Jahren auch nicht abhandengekommen. Irgendwann - da war ich mir zu hundert Prozent sicher - würde er mal ein toller Trainer werden.
Das gesamte Spiel über gab Dales Mannschaft den Ton an und das einzige Mal als mein Blick sich von ihm löste, bemerkte ich, dass nicht nur ich meinen Fokus auf einen bestimmten Spieler gerichtet hatte. Ley neben mir ließ ihre Augen immer wieder zu einem dunkelhaarigen Kerl mit Drei-Tage-Bart wandern. Ich kannte seinen Namen genauso wenig wie die der anderen Spieler aus Dales Mannschaft, aber rein vom Optischen her, wirkte er sehr sympathisch.
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Zwischen uns das Wir
Lãng mạnVor drei Jahren verließ Dale Heather aus heiterem Himmel. Als beide sich am College wiedersehen, müssen sie feststellen, dass sie in dieselbe Wohnung im Studentenwohnheim ziehen werden. Verständlich, dass Heather alles andere als begeistert ist. Wid...