Heather
Der Kochkurs war auf der einen Seite wirklich interessant, doch auf der anderen auch echt merkwürdig. Unser Lehrer meinte ständig irgendwas davon, dass das Feng-Shui auf einer Pizza stimmen musste, sonst würde man negative Energie in sich aufnehmen. Am liebsten hätte ich mit Absicht unsere Pizza anders belegt, doch Dale hatte mich immer wieder davon abgehalten. Eine andere Sache, die ich komisch fand, war, dass wir alle nicht zusammen aßen. Jeder bekam eine Schachtel in die Hand gedrückt und durfte seine Feng-Shui-Pizza mit nach Hause nehmen. So ein Schwachsinn hatte ich noch nie in meinem Leben gehört und als wir in Dales Wagen saßen, konnte ich mein Lachen einfach nicht mehr zurückhalten.
»Dieser Kurs war das Witzigste und gleichzeitig Absurdeste, was ich je erlebt habe«, meinte ich während erneut ein Lachen über meine Lippen kam. »Ich schwöre, dass von diesem Feng-Shui-Zeug nichts in der Beschreibung stand.«
»Hätten sie das reingeschrieben, wäre vermutlich auch niemand gekommen.« Wieder löste sich ein Lachen aus meiner Kehle und ich musste mir den Bauch halten. »Aber bei all den Merkwürdigkeiten haben wir auch etwas herausgefunden«, meinte ich und lehnte mich im selben Atemzug im Autositz zurück. Auf Dales Gesicht breitete sich ein fragender Ausdruck aus. »Und was?«
»Naja, wenn die Pizza wirklich schmecken sollte, wissen wir, dass wir beim Kochen ein hervorragendes Team sind.« Kurz hielt ich inne und genoss einfach nur die ausbreitende Stille. Sie fühlte sich keineswegs unangenehm an eher wie eine kurze Erholung von allem, was um uns herum passierte. »Warum haben wir das eigentlich früher nie zusammen gemacht?« Während unserer Beziehung hatte immer ich gekocht und stets darauf geachtet Dale aus der Küche herauszuhalten nachdem ich erfahren hatte, dass seine Kochkünste meistens immer eine Katastrophe nach sich zogen. Trotzdem hatte er nie versucht daran etwas zu ändern bis jetzt. »Wer lässt es sich schon entgehen bekocht zu werden«, gab er zu bedenken und argwöhnisch wanderte eine meiner Augenbrauen nach oben. »Ach deswegen durfte ich immer kochen. Du hast dich absichtlich doof angestellt.« Meine Belustigung war nicht zu überhören und es tat wahnsinnig gut so frei und unbefangen mit Dale herum zu albern. Bevor er irgendetwas erwiderte, lenkte er seinen Wagen aus der Parklücke und ordnete sich in den Straßenverkehr ein. »Ich brauche mich nicht doof anstellen, dass passiert von ganz allein.« Seine Hand griff nach dem Schaltknüppel, um den Gang zu wechseln. Schon auf der Hinfahrt hatte ich mich nicht darüber gewundert, dass er immer noch keinen Automatikwagen fuhr. Dale hasste diese Dinger. »Alles muss immer mehr automatisiert werden«, hatte er früher immer geflucht. »Irgendwann dürfen wir gar nichts mehr selbst machen«, und so ging es immer weiter. Ich konnte ihn gut verstehen. Ich hatte das Fahren auch mit Gangschaltung gelernt und irgendwie war es auch komisch nicht mehr zu schalten während man fuhr.
»Also, was machen wir jetzt noch?«, fragte ich und sah hungrig auf die Pizzaschachtel auf meinem Schoß. Am liebsten hätte ich sofort probiert, ob sie schmeckte, doch ich würde mich in Geduld üben müssen. »Wir fahren nach Hause, gucken, ob diese Feng-Shui-Pizza gut ist und sehen uns einen Film an.« Es war kein Vorschlag, sondern einfach eine Aufzählung der Dinge, die er anscheinend für heute Abend noch geplant hatte. »Klingt nach einem guten Plan für mich. Hast du dir auch schon überlegt welchen Film wir ansehen oder habe ich da ein Mitspracherecht?«
»Wenn du nett darum bittest könnte ich mich vielleicht dazu herablassen die Filmwahl zu überdenken«, meinte Dale gut gelaunt ehe er kurz zu mir rüber sah. Seine Augen strahlten mehr wie sonst und sein Gesicht wurde von einem Lächeln geziert. Erst jetzt fiel mir auf, dass er gelassener wirkte als die vorherigen Wochen. Mir war diese Anspannung, die gerade weniger präsent zu sein schien, nicht aufgefallen. Aber nun, wo sie nicht mehr da war, bemerkte man den Unterschied deutlich.
Zuhause angekommen einigten wir uns stillschweigend darauf erst mal gemütliche Klamotten anzuziehen. Mein Outfit konnte man zwar nicht als ungemütlich bezeichnen, doch ich war froh darüber die Strumpfhose gegen eine Leggins auszutauschen und den BH loszuwerden. Ohne groß zu überlegen, streifte ich meinen Pullover ab und zog mein Schlafshirt an. Wenig später fand ich mich auf unserem Sofa wieder. Mit dem Teller in meinem Schoß, auf dem sich ein gutaussehendes Stück der Pizza befand, lehnte ich mich vor und stellte meine Tasse zurück auf den Tisch. Während ich noch dabei gewesen war mich umzuziehen, hatte Dale bereits Wasser aufgesetzt. Er wusste genau, dass ich Tee liebte und diese kleine Geste, die vielleicht für viele normal gewesen wäre, ließ mein Herz schneller schlagen. Mit dem klopfenden Herzen lehnte ich mich zurück in die Sofakissen, sah Dale kurz aus dem Augenwinkel aus an und bis dann erst in meine Feng-Shui-Pizza.
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Zwischen uns das Wir
RomanceVor drei Jahren verließ Dale Heather aus heiterem Himmel. Als beide sich am College wiedersehen, müssen sie feststellen, dass sie in dieselbe Wohnung im Studentenwohnheim ziehen werden. Verständlich, dass Heather alles andere als begeistert ist. Wid...