Ich versuchte mutig zu sein. Das war noch nie meine Stärke, wenn ich denn überhaupt welche besaß. Aber Heute musste ich schnell hier weg.
Ich war grade bei meinem Selbstverteidigungskurs in der Highschool in Forks. Eigentlich ging ich in La Push zur Schule, wie jeder Jugendliche Indianer in der näheren Umgebung. Doch Heute war ich wie jeden Montag seit vier Wochen, bei diesem Kurs, den die Schule in Partnerarbeit mit unserer anbot, seit Wanderer aus unerklärlichen Gründen verschwanden oder getötet wurden.
Meine Mutter fand, das das eine glänzende Idee sei, da ich auch mal ein bisschen Kontakt zu anderen knüpfen konnte. Doch Kontakte knüpfen war definitiv nicht meine Stärke. Die Schüler aus meiner Schule, die an dem Kurs teilnahmen, sowie die der Highschool in Forks machten sich darüber lustig, dass ich mich nicht traute jemanden anzufassen. Im Bus würde es weiter gehen. Und zu Hause auch. Das vermutete ich zumindest, wenn ich nicht den allerersten Bus schaffte, bevor alle anderen mit ihren Sachen bepackt, zur Bushaltestelle gingen.
Ich wurde behandelt wie das Mädchen vom Mars. Mit Missachtung und Abneigung. Abneigung gegenüber dem Besonderen und unbekannten: dem nicht Normalen. Ich war nie der Typ von Außenseitern, der großartig gehänselt wurde. Mal eine kleine und spöttische Bemerkung über mein Aussehen waren normal. Aber mit dem Kopf in die Kloschüssel gesteckt zu werden, dafür war ich ihnen nicht wichtig genug. Dafür war ich ihnen dann doch nicht offensichtlich anders genug.
Jemand der sich offensichtlich als Freak oder Streber oder sonst was outete, den konnte man leicht hänseln. Aber jemanden wie mich, über den man eigentlich fast nichts wusste, da konnte man nur das von Außen offensichtliche verspotten. Und mehr als mein Aussehen, gab es sowieso nicht zu sehen.
Endlich! Der Ausgang aus der Hölle! Ich konnte ihn sehen und ging mit schnellen Schritten drauf zu. Es regnete nicht wie sonst. Wenigstens etwas.Als ich fast die Bushaltestelle erreicht hatte, ohne jemanden vor mir zu sehen, wühlte ich in dem Innenlebens meines geliebten Parkas nach meinen Kopfhörern. Die Suche wurde jedoch jäh unterbrochen, als meine Schulter gegen etwas hartes prallte.
Ich hatte mich so erschrocken, dass ich erst einmal zwei Schritte nach hinten stolperte, und mir ein kleiner Schrei entfuhr. Mein Gegenüber sah mich mit einem Lächeln an. Wahrscheinlich amüsiert über meine Reaktion: meine Reaktion, wenn mich jemand unerwartet berührte.
Sofort lies ich meine dichten, schwarzen Haare vor mein Gesicht fallen, wie ein Vorhang, der mich von den Blicken meines Gegenüber abschirmte. Der Junge vor mir trug zerschlissene Jeans, und eine schwarze Lederjacke. Beides war über und über mit Patches benäht. Unter der Jacke trug er ein T-Shirt der Band „Jimmy eat world". An den Füßen trug er pinke, schwere Dr. Martens, auf denen etwas mit Edding geschrieben stand, was ich von mir aus nicht lesen konnte. Auf seinem rundlichem Gesicht lag immer noch ein unsicheres Lächeln. Seine Haare waren Giftgrün. Ich hasst diese Farbe, aber ihm stand es... Irgendwie. Er hatte so viel ich sehen konnte, eine leicht pummelige Figur, was ihn niedlich aussehen lies. Und daran erkannte ich ihn auch. Seine Klamotten waren zwar ganz andere gewesen, aber die Figur, und das unsichere Lächeln, auf dem runden Gesicht waren das Gleiche, wie bei dem Jungen im Selbstverteidigungskurs. Er war einer der wenigen gewesen, die nicht über mich gelacht hatten.Ich hatte sein Bild nur noch verschwommen in Erinnerung, und wusste auch nicht, ob er die letzten Montage auch schon da gewesen war.
„Tut...t...tut mir leid, ich ha..habe dich nicht gesehen", stammelte ich.
"Alles gut. Brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich hab dich ja auch nicht gesehen", entgegnete der Junge der mir gegenüber stand.
"Ich", begann er, "bin übrigens Michael."Ich sah ihm dabei zu, wie er meine Tasche, die als ich zurücksprang auf den Boden gefallen war, wieder aufhob, und sie mir hinhielt. Im ersten Moment dachte ich, er würde nach mir schlagen wollen, weshalb ich kurz zusammenzuckte. Doch dann begriff ich schnell, dass er sie mir nur hatte reichen wollen. Ich nahm sie schnell und unsicher an mich. Sein Lächeln wirkte noch unsicherer, und langsam etwas instabil.
„D..Danke", murmelte ich durch meine Haare.
„Du bist Kim, oder?", sagte er. Ich zog die Augenbrauen hoch, erstaunt darüber, dass er meinen Namen kannte und nickte.
„Ich habe gehört, wie sie in der Halle deinen Namen gerufen haben", erklärte er mir leicht erregt wie es mir schien.
Auch mir war bei dem Gedanken nicht wohl.
„So was ist einfach nur verwerflich!", meinte er mit unterschwellig wütender Stimme.
Warum sagte er so was?Was interessiert es ihn?
Oder vielleicht, möchte er nur Verständnis heucheln, und mich dann schlagen, oder etwas dergleichen?
Bei diesem Gedanken zuckte ich wieder leicht zusammen.
Michael sah mich mit einem Blick an den ich nicht mochte. Er legte wieder den Kopf schief und fragte:
"Hast du Angst vor mir?"
Ja, nein, ich mein jein?! Keine Ahnung. Ich hatte vor jedem Fremden Angst. Das hatte noch nicht mal immer etwas mit der Person zu tun die mir gegenüber stand. Es war einfach so, dass ich Fremde grundsätzlich ablehnte. Sie machten mir Angst. Eigentlich waren es immer nur meine eigenen Ängste, die die Person für mich unnahbar machten. Und meistens bestätigten sich meine Ängste. Doch bei Michael war das bisher noch nicht der Fall gewesen.
Während ich überlegte, wurde er nervös und begann seine Finger zu kneten. Sein Lächeln war nun so instabil, das ich ein schlechtes Gewissen bekam. Wie konnte ich vor so jemanden Angst haben?!"Nein", antwortete ich Wahrheitsgemäß, mit etwas festerer Stimme als davor. Michael wirkte eigenartig erleichtert und hörte auf seine Finger zu kneten.
"Machst du mit deinem Outfit wieder allen Angst, Michael?", fragte eine andere hinter mir. Ich wirbelte herum und blickte einem Jungen mit dunkler Haut und Baggy-Pants entgegen. Um seine breiten Schultern hatte er eine ihm viel zu große, gelbe Sweatshirt-Jacke gewickelt.
Er besaß etwas merkwürdig vertrauenswürdiges und liebevolles im Gesicht, auch wenn es grade von einem fast schon hämischen Lächeln geziert wurde, und ich hoffte inständig, dass es nicht mir galt.
Jetzt stand er neben Michael, der wie ich annahm sein Freund war. Sein Lächeln hatte sich verändert, und wirkte im Vergleich zu Michaels, offener.
"Halt die Klappe du Idiot!", sagte Michael.
"Ich?!" Will schien entrüstet. „Ich soll die Klappe halten? Wer hat denn das arme Mädchen", er deutete mit einer Hand gespielt schockiert auf mich, „so eingeschüchtert? Der liebe William ganz bestimmt nicht!"
Er grinst während Michael resignierend den Kopf schüttelte. Und diese Szene, lies auch mir ein kleines Schmunzeln entfahren, was mich selbst anscheinend genauso überraschte wie Michael, der mich mit halb offenem Mund anguckte.
Das schien William zu ermutigen weiter zu machen. Er wandte sich erneut an mich und fragte: "Würdest du mir so etwas zutrauen?"
Ich schmunzelte weiter, was Will als „Nein" aufzufassen schien, da er nun an Michael gewandt ein triumphierendes „Ha!" ausstaß. Während des Gespräches hatte sich ein dritter Junge den ich erst jetzt bemerkte, auf die andere Seite von Michael gestellt.
Seine Klamotten waren komplett in schwarz, sowie seine Haare. Nur seine Augen waren von einem hellen Grünton. Er schien sehr schüchtern. Das signalisierte sein ganzer Körper; sein Lächeln und seine Ausstrahlung, die zugleich etwas beruhigendes hatte. Er war etwas schlaksig, und größer als die beiden anderen. Will und der andere Junge waren nach meiner Erinnerung nicht im Kurs.
Als Michael sich umdrehte, erschreckte er sich weil sein Freund auf einmal neben ihm stand.
"Man Alter, gib doch nen' Ton von dir, Josh!" Dieser schüttelte nur leicht den Kopf, sah mich dann an und fragte:
"Wohnst du in La Push?" Ich nickte, unsicher was er mit dieser Frage bezwecken wollte. Dann sah ich selbst, wie mein Bus nach Hause hinter den Jungs abfuhr und die anderen Schüler langsam aus dem Schulgebäude tröpfelten.
Und so blieb ich alleine, mit den drei Jungs Michael, Will und Josh.
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Liebe kann...
FanfictionKim weiß genau wie es sich anfühlt nicht beachtet zu werden. Sie lässt ihr Leben von anderen und der Vergangenheit bestimmen. Bis Jared, der Junge in den sie heimlich seit Jahren verliebt ist, sich für sie zu interessieren scheint, beginnt sie ihr...