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Sam

Und meine Schwester ist weg. Ich bin zu verwirrt. Was hat das zu bedeuten? Ist Liam für sie jetzt sowas wie Cole für mich?
"Sie ist weggerannt.", sagt Liam und seine Stimme zittert leicht.
Sein Gesicht ist käseweiß und er wirkt beunruhigt und unsicher. So habe ich ihn noch nie gesehen.

"Wieso ist sie weggerannt? Hasst sie mich so dolle?" Ich schüttele den Kopf. "Sie hat Angst." Sie hat Angst und ist geschockt. "Wir müssen sie suchen.", erwidert er panisch, doch ich schüttele wieder den Kopf.

"Wenn sie so drauf ist will sie alleine sein. Ich kenne sie schon mein ganzes Leben und glaubt mir, Nicki braucht die Zeit zum nachdenken." Cole nickt zustimmend.
"Nein, wir müssen sie suchen! Ich muss mit ihr reden.. verdammt ich rieche sie überall!"
Er rennt weg. Rennt weg von seiner eigenen Party.
"Weißt du wo sie ist?", fragt mich Cole.

"Ich habe so eine Ahnung.", antworte ich. "Sagst du mir wo? Ich weiß ganz genau wie es Li gerade geht und glaube mir die Angst, dass sein Mate ihn nicht akzeptiert bringt einen um den Verstand."

Ich nicke. "Es tut mir leid, ich kann es dir nicht sagen. Nicki ist meine Schwester und seit ich denken kann habt ihr es ohne Grund auf sie abgesehen. Besonders du! Generell musst du mir mal erklären was ihr für ein Problem mit ihr habt.. hattet."
"Den Grund muss sie dir selbst erklären. Ich weiß das wir in der Vergangenheit nicht nett waren.. und die Gründe dafür waren mehr als nur dumm." Dann schweigen wir wieder und hören nur die Musik und die vielen Leute um uns herum.

Plötzlich fühle ich mich ihm gegenüber wieder so distanziert und zerbrechlich. Das, was wir heute gemacht haben - was er mit mir gemacht hat - hat noch nie jemand mit mir getan. Außer meiner Familie in Kinderzeiten hat mich auch nie jemand komplett nackt gesehen. Ich habe Hemmungen und null Erfahrungen.

Er hat mich in einem Zustand erlebt, von dem ich nicht dachte, dass ausgerechnet ER mich so jemals sehen würde. Irgendwie macht mich diese plötzliche Distanz fertig. Als wir uns heute sahen, habe ich mich ihm so nahe gefühlt und.. ich kann es nicht beschreiben. Es war, als hätte ich einen roten Faden zwischen uns gesehen. Als wären wir verbunden. Mir war so als gebe er mir Kraft und als ob alles perfekt wäre, wenn Cole nur dabei ist. Das klingt so kitschig.

Ich mag ihn doch nicht einmal und trotzdem ist er in meinem Herzen.
"Ich muss.. zu Li.", sagt er und schaut mich an. Seine Augen wirken nun nicht mehr wie der blaue Himmel, sondern eiskalt. Ich nicke stumm. "Viel Glück bei der Suche." Er nickt und geht. Irgendwie vermisse ich seine Lippen auf meinen, genauso wie seine Wärme und die Sicherheit. Seine starken Arme um mich. Langsam mache ich mich auf nach Hause, wohl wissend, dass meine Schwester erst heute morgen dort aufkreuzen wird. Wenn es ihr schlecht geht, verbringt sie ihre Zeit immer im Park auf einem Baum. Ja, sie sitzt dann stundenlang auf einem Baum und denkt über ihre Probleme nach.

Zu Hause setze ich mich auf die Couch und warte auf meine Schwester.
In Gedanken was Cole wohl gerade tut, schlafe ich langsam ein.

Liam

Sie wird mich nicht akzeptieren. Niemals hätte ich erwartet, dass ausgerechnet NICKI unter den 7 Milliarden Menschen auf der Welt meine Mate wird. Als ihre Eltern starben und sie ein Omega war, wurde sie aus unserem Clan verbannt. Nichtmal unbedingt wegen dem was sie ist, sondern wegen ihren Eltern. Meine Eltern erzählten mir ich würde nicht verstehen was sie schlimmes taten, deshalb weiß ich den genauen Grund nicht.

Ich weiß aber, dass alle sich wunderten, als sie auf dieselbe Schule ging wie wir. Und das ihr Name damals in aller Munde bei uns Werwölfen war. Cole konnte sie damals nicht ausstehen, weil seine Eltern wohl nicht nett über sie sprachen und ich hatte mich angeschlossen und mitgemacht.

Wie dumm. Wir mobbten sie ohne Grund. Und was habe ich davon? Einen unauffindbaren Mate.
Ich denke aber ich kann mich damit abfinden, dass sie mein Mate ist. Nur, kann sie das auch?
Draußen merke ich, wie ihr Geruch immer schwächer wird.

Schnell laufe ich in den Wald und verwandele mich zu einem Wolf. Ich spüre, wie meine Kleidung reißt und wie mir Fell wächst. Meine Knochen brechen und schon bin ich ein riesiger Wolf.

Mit meiner Nase kann ich nun viel besser riechen. Ihr Geruch ist so süß und markant. Er ist wie eine Droge.
Langsam gehe ich durch den Wald und nehme alle Geräusche wahr. Ich höre Rehe und Vögel, Wildschweine und Hasen. Ich könnte sie alle aufspüren und vermutlich erlegen, doch das ist nicht mein Ziel.

Ich folge ihrem Geruch weiter und nach einer Weile höre ich die leisen Pfoten von Cole. Trotz meiner Panik um Nicki muss ich lächeln. Cole ist mir - egal wann - immer ein guter Freund. Auf ihn ist Verlass.

Wir folgen beide ihrer Fährte und sind am Ende im Park. Hier geht sie hin? Doch ich kann sie nicht sehen. Lautlos tappen wir weiter, doch wegen eines Wimmerns bleiben wir beide stehen. Ein Blick nach oben zeigt uns Nicki auf einem Baum sitzend. Sie hat nur ihr Handy und die Hochhackigen Schuhe in der Hand.

Auf ihrer Wange glitzern Tränen und die braunen Augen sind von Taruer überzogen. Sie scheint uns nicht zu bemerken und schnieft weiter. Vielleicht riecht sie uns deshalb nicht.

Cole sieht mich fragend an und ich signalisiere ihm, dass er gehen kann. Noch einmal stubst er mich an und dann macht er einen Abflug.
Ich geselle mich wieder in den Schatten der Bäume und beobachte sie. Ihr Geruch umschwebt mich wie weißer Nebel und ich kann meine Augen nicht von ihr lassen.

Wieso ist mir noch nie ihre Schönheit aufgefallen? Ich spüre das einseitige Band und will im Moment nichts mehr als sie in meinen Armen zu halten. Doch ich lasse es. Ich werde es nicht tun. Sonst verschrecke ich sie und das will ich auf gar keinen Fall.

Lange lange sitzt sie auf dem Baum. Sicher noch bis 3 Uhr morgens, ehe sie vom Baum klettert und Barfuß richtung nach Hause läuft. Bis dorthin stalke ich sie noch, dann trotte ich selbst nach Hause. Das Aufräumen meines Hauses ist eine gute Ablenkung. Als das endlich fertig ist, zeigt die Uhr schon nachmittags an.

Die ganze Zeit hängen meine Gedanken bei Nicki. Sie ist die Person, die für mich geschaffen wurde. Eine halbe Stunde später kommen meine Eltern nach Hause. Sie waren extra in einem Hotel damit ich eine Party machen konnte und dafür liebe ich sie.

"Hey Schatz, wie war gestern dein Geburtstag? Hast du deine Mate gefunden?", fragt meine Mutter mich grinsend, nachdem sie mir gratuliert hat.
"Ja habe ich.. aber ich glaube sie wird mich nicht akzeptieren." "Es ist ja schon mal schön, dass es eine Sie ist, denn ich will Enkelkinder. Aber einen Jungen hätte ich trotzdem akzeptiert."
Ich nicke. "Coles Eltern sind nicht so begeistert, dass er Sam als Partner hat, der noch nicht mal ein Werwolf ist."

"Die überleben das schon.", grinst meine Mutter. "So und jetzt sag."
"Nicki.. die Omega." Jetzt ist meine Mutter sprachlos. Sie starrt mich an. "Jetzt erzähl mir alles darüber, weswegen wir ihre toten Eltern hassen und weswegen sie verbannt wurde."

Meine Mutter seufzt. "Muss das sein?" Ich nicke bestimmt. "Ja, ich will es wissen."
Sie nickt. "Also-", doch sie wird von einem Klingeln unterbrochen.

Mate - Love for LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt