XIX Luft zum Atmen

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Bild: Caroline Brasch Nielsen as Isabel (Antons Schwester)

Abrupt bleibe ich stehen. Paul, der schon ein paar Schritte voraus ist, wirft mir einen fragenden Blick zu.

Na super, jetzt reagiere ich sogar auf Antons blöde Anmache. Ich presse meine Lippen zusammen und deute Paul mit einer leichten Handbewegung zu warten.

Fieberhaft überlege ich, was ich machen soll. Ich habe nämlich grad überhaupt keine Lust auf Anton. Mittlerweile regt er mich nur noch auf, deswegen muss eine Auszeit her.

Und da kommt mir auch schon eine Idee...

Im Zeitlupentempo drehe ich mich um und schaue Anton mit einem unschuldigen Lächeln an. Er ist sichtlich verwirrt und betrachtet mich ein wenig misstrauisch. Währenddessen strecke ich blitzschnell einen Arm nach oben aus und wirbele aufgeregt: „Sieh mal, wer da ist!"

Sofort dreht sich Anton um. Ich ergreife die Gelegenheit und sprinte los. Mit ein paar Schritten erreiche ich Paul und ziehe ihn hinterher.

„Los, renn!", rufe ich und steigere mein Tempo. Zum Glück habe ich heute flache Schuhe an, sonst würde ich wo möglich noch den Fuß umknicken.

Wir laufen aus der Schule zu dem Park, der in der Nähe ist, und lassen uns keuchend auf einer Bank fallen. Natürlich nachdem ich mich vergewissert habe, dass Anton nicht hinter uns her war.

Schweratmend lege ich meinen Kopf auf den Nacken und schließe die Augen, um mir eine kurze Pause zu gönnen. Nach einer Weile fragt mich Paul: „Wer war dieser Typ?"

Ich neige meinen Kopf in seine Richtung und antworte: „Nur ein blöder Stalker."

Paul sieht mich ungläubig an und legt dann beschützend seinen Arm um mich. „Keine Sorge, ich werde dich beschützen."

Verwirrt schaue ich ihn in die Augen und muss mir dabei ein Lachen verkneifen. Seine ernste Miene ist einfach zu süß!

Gespielt ernst erwidere ich: „Paul, du bist mein Held! Komm her, du kriegst jetzt einen fetten Bussi!"

Ohne zu zögern drücke ich ihm einen Kuss auf die Wange. Danach prusten wir beide los.

„Ella, du verrückter Vogel!", ruft Paul.

Ich lache noch mehr. „Ja denkst du, du nicht?! Was war das eben für eine Aktion? ‚Keine Sorge, ich werde dich beschützen'", äffe ich ihn nach.

Er schlägt mich leicht auf die Schulter. „Hey! Ich wollte doch nur nett sein! Was du wieder für komische Gedanken hast!", entgegnet er kopfschüttelnd.

„Gar nicht ja? Wollen wir jetzt in ein Cafe? Ich habe hunger..."

„Klar, kennst du ein gutes?"

Oh ja, allerdings.

Zehn Minuten später erreichen wir zu Fuß „Lisa", mein Lieblingscafe.

„Hey Thomas!", begrüße ich den Cafebesitzer herzlich. (Genaue Information über das Cafe im Kapitel 5)

Thomas schaut sofort von seiner Arbeit auf und grüßt mich strahlend zurück. „Na, geht's dir gut? Und wer ist der junge Mann neben dir?"

„Das ist Paul, ein Freund. Paul, das ist Thomas. Ihm gehört das Cafe", stelle ich sie sich gegenseitig vor.

Paul winkt zur Begrüßung kurz mit der Hand.

Thomas bittet uns zu setzen, nachdem wir bestellt haben. Ich steuere wie immer auf meinen Lieblingsplatz am Fenster zu, doch er ist besetzt. Von Isabel.

Genau in diesem Moment entdeckt sie mich auch. Ihre Lippen formen sich sofort zu einem Lächeln. Sie steht auf und umarmt mich stürmisch.

„Hey Isabel!", sage ich lachend.

„Mensch Ella! Wie lange wir uns schon nicht mehr gesehen haben!"

„Tja, Schulstress eben", erkläre ich augenverdrehend. Sie sieht mich ein wenig mitleidig an. „Verstehe ich. In der Uni ist es auch nicht viel besser."

Anschließend setzen wir uns alle hin und ich mache Paul mit Isabel bekannt. Leider muss Paul dann auf einmal gehen, weil bei ihm zu Hause irgendetwas ist. Er sagt mir noch, dass wir uns im Nachmittagsunterricht treffen und hush, ist er weg.

Sobald Paul nicht mehr da ist, fängt Isabel genau DAS GESPÄCHSTHEMA an, vor dem ich mich die ganze Zeit gefürchtet habe.

„Wie läuft es denn mit Anton?"

Mir ist klar, dass Isabel uns nach der Aktion am ersten Schultag wirklich für ein Paar hält... Okay, das tut jetzt sowieso die ganze Schule.

„Ganz gut", antworte ich mit einem gezwungenen Lächeln und nippe dabei an meinem Kaffee.

„Ach das freut mich", seufzt Isabel erleichtert, „weißt du, wie lange ich mir gewünscht habe, dass er endlich eine feste Freundin hat?"

Wenn sie die Wahrheit wüsste...

Plötzlich nimmt sie meine Hand und schaut mich mit einem ernsten Gesicht an. „Wenn Anton irgendetwas blödes macht, sag es mir, ja?"

Wie wir uns nicht ausstehen konntenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt