III Heiß

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Ich bin ziemlich wütend auf mich selbst, weil ich vor dem Reden nicht nachgedacht habe. Aber ich war in der Eile. In solchen Momenten kann ich schnell hysterisch werden. Hoffentlich hat der Typ das Ganze nicht so ernst genommen.

"Hey was'n los?", fragt Lena und reißt mich aus meinen Gedanken. Es ist die dritte Stunde und wir warten auf die Deutschlehrerin Frau Christ.

"Ach nichts, ich bin nur müde." Ich beließe, ihr nichts von diesem Vorfall zu erzählen. Ist schließlich unwichtig ...

Die Müdigkeit ist aber ungelogen. Das ist immer so, wenn ich von Mathe komme. Mathe macht mich immer soo fertig! Ich lehne mich nach hinten und schließe meine Augen. Eine kurze Entspannung kann nie schaden...

Kurz bevor ich eindöse, höre ich lautes Gekreische von Lena: "Oh mein Gott, Ella! Anton!"

Ich reiße die Augen auf und sehe diesen Typen mit den sehr grünen Augen. Er steht am Türrahmen und schaut sich um. Ich nutze die Gelegenheit und mustere ihn von Kopf bis Fuß: Er trägt ein weißes T-shirt mit V-Ausschnitt, kurze blaue Hose, über den Schulter einen Eastpak Rucksack.

Okay, nennt mich ruhig oberflächlich. ABER DER TYP IST VERDAMMT SCHARF. Und er kommt in unsere Richtung. MOMENT! Zu uns? Nein! Was will er?

Während Lena aufgeregt nach Luft schnappt, bete ich in Stille, dass er zu Stella, diese Zicke, die hinter uns sitzt, geht. Aber natürlich kann er nicht DIREKT zu Stella gehen, sondern muss erst einmal an unserem Tisch stehenbleiben.

Er lässt seinen Rucksack auf dem Boden fallen und stützt sich mit seinen Händen links und rechts auf dem Tisch ab. Genau vor mir.

Unsere Augen starren sich an. Er lächelt. Eigentlich ist das ein gutes Zeichen ... Jedoch spüre ich, dass das ein unechtes Lächeln ist.

"Ich glaube, ich hab was Gut bei dir", sagt er in einer Stimme, die mich unruhig werden lässt. Normalerweise hätte ich sofort verneint. Ich hab es nicht so mit Jungs, deshalb ... Aber irgendwie sagt mir mein Instinkt diesmal was anderes.

"Lass dir was einfallen und sag mir dann Bescheid", räume ich schließlich ein. Als Entschuldigung für meine Grobheit von vorhin.

Er scheint überrascht zu sein. Lena auch, denn ihre Augen sind geweitet. Tja, die stille Maus kann auch mal anders.

Plötzlich beugt er sich vor und flüstert mir in den Ohr: „Ich wusste, dass du zusagen würdest."

???

Spätestens jetzt weiß ich, dass ich und Anton nie Freunde werden. Er ist übertrieben selbstbewusst, nahezu eingebildet. Solche Menschen kann ich überhaupt nicht ausstehen.

Er richtet sich auf, hebt seinen Rucksack auf und geht zu ... na, wen überrascht's? Stella. Zwei eingebildete Menschen auf einem Haufen. Perfekt.

Ich höre, wie Stella anfängt, von ihrer neuen Gucci Tasche zu reden, und muss schmunzeln.

"Kann das sein, das du mir irgendetwas im Sinne 'Anton' verschweigst?", fragt mich nun Lena mit hoch gezogenen Augenbrauen.

"Nein nicht wirklich?!"

"Ja klar, deswegen kam er auch einfach mal so zu dir, obwohl ihr euch noch gar nicht kennen könnt!", regt sich Lena auf.

"Okay, ist ja schon gut! Ich bin vorhin ausversehen gegen ihn gestoßen und war dann bisschen unfreundlich. Wieso regst du dich überhaupt auf? Wer ist dieser Anton überhaupt?", wundere ich mich.

„Er ist der heißeste Typ unseres Jahrgangs ..."

„Ist er neu? Oder wieso habe ich ihn noch nie gesehen?", frage ich verblüfft.

„Na ja, er war, als du letztes Jahr auf unserer Schule gekommen bist, schon in Australien. Da hat er sein Austauschjahr gemacht", erklärt mir Lena.

Ich nicke stumm. Ich habe auch vor, ein Jahr nach Ausland zu gehen, um mein Englisch aufzubessern. Allerdings erst nach dem Abitur.

Aus der Richtung des Lehrertisches ertönt ein Klatschen. Frau Christ ist da.

Wie wir uns nicht ausstehen konntenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt