(46) Weiße Rache

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Hicks

„Alles begann und endet auf einer kleinen Insel.

Wobei, vielleicht ist sie auch nicht klein, sondern riesig, aber dies hat keinerlei Bedeutung für diese Geschichte.
Viel wichtiger sind drei Personen, die auf eben dieser Insel lebten.
Zwei von ihnen waren menschlicher Natur.

Sie waren wie ein Herz und eine Seele. Zwei Freundinnen, die füreinander durchs Feuer gehen würden. Sie waren unzertrennlich und kannten einander so gut, dass sie sich ohne Worte verständigen konnten. Wo sich die eine aufhielt, war die andere nicht weit.
Meistens verbrachten sie Zeit im Wald, fernab der Siedlung. Dort kämpften sie erst mit Stöckern, später mit richtigen Waffen. Wer besser war, das konnte man nicht sagen. Doch es war faszinierend, ihnen zuzusehen.

Aber alles hat einmal sein Ende. So kamen eines Tages Händler an diese Insel, unter ihnen ein Dieb.

Ich könnte jetzt in aller Länge und Breite seine Missetaten schildern, doch das wäre nur verlorene Zeit.
Kommen wir also direkt zu dem entscheidenden Punkt.

Eben dieser Dieb hatte es sich wohl zur Aufgabe gemacht, die Insel im Chaos versinken zu lassen. Dinge verschwanden und tauchten in einer anderen Hütte wieder auf.
Zwietracht und Misstrauen legten sich über die Bewohner der Insel. Keiner trautem dem Anderen.
Nur die beiden Mädchen hielten zusammen und durch eine äußerst ausgefeilte List gelang es ihnen, den Dieb zu stellen.
Er musste gestehen und den angerichteten Schaden wieder gutmachen.
Da sie nun ihre Fracht wiederhatten, zogen die Händler weiter. Mit ihnen fuhr eines der Mädchen, denn sie hatte genug von der Insel und wollte einmal die Welt sehen. So verabschiedeten die Freundinnen sich schweren Herzens voneinander.

Hier ist meine Geschichte jedoch noch lange nicht vorbei. Denn an dieser Stelle kommt eine weitere Figur mit ins Spiel.
Ich sagte, es ginge um drei Personen, bisher kamen jedoch nur zwei von ihnen vor.

Die dritte ist eine Gestalt, die man auch als Geist bezeichnen könnte.
Woher sie kam, das weiß keine Menschenseele. Sie war mit einem Mal einfach da, als hätte die Tat der Mädchen zu zum Leben erweckt.
Ganz in Weiß gehüllt und von Nebelschwaden verschleiert, so suchte sie immer mal wieder die Insel heim.
An der Stelle, wo sich eigentlich das Gesicht befinden sollte, saß eine Maske, ebenfalls weiß. Eine undefinierbare Fratze, die man sowohl als wunderschön als auch als dämonengleich zu bezeichnen pflegte. Genau konnte es niemand sagen, denn man sah sie immer nur für einen kurzen Augenblick, wenn sie sich denn überhaupt blicken ließ.
Und im Gegensatz zu ihrer weißen Fassade waren ihre Augen schwarz wie ein bodenloser Schatten. Alles Licht wurde von ihnen verschluckt, sie sahen alles.

Und auch, wenn man es nicht vermuten würde, sie war eine Verteidigerin der Gerechtigkeit, allgemein bekannt als die Rächerin.
Wann immer jemand einem Anderen Unrecht tat, spätestens am nächsten Tag war sie zur Stelle und rächte die Untat. Stahl man etwas, so war bald darauf etwas von gleichem Wert verschwunden und tauchte erst wieder auf, wenn man den Diebstahl rückgängig gemacht hatte.
Schlug man jemanden ohne ersichtlichen Grund, bekam man oftmals zeitnah einen Schlag aus dem Nirgendwo zurück.

Während die Rächerin für Gerechtigkeit sorgte und Lügen auffliegen ließ, verging die Zeit. Die beiden Freundinnen lebten beide ihre Leben, die sich immer mehr voneinander zu unterscheiden begannen. Und trotzdem behielten sie die jeweils andere immer in guter Erinnerung, schickten sich auch regelmäßig Mitteilungen.
Dann, eines sonnigen Tages, kamen die Händler wieder auf dieser Insel an, mit ihnen auch das Mädchen. Kaum sahen sie und ihre alte Freundin sich, da lagen sie sich auch schon in den Armen.
Alles schien wieder so wie früher zu sein; Sie erzählten einander, was der Andere verpasst hatte, lachten, träumten und scherzten.
Doch wie so oft trog der Schein.

Sternenfluch - Auf den Spuren der RätselWo Geschichten leben. Entdecke jetzt