𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝕀𝕍

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Mittlerweile waren wir erneut ein gutes Stück gelaufen, wir schienen beide unseren Gedanken nachzuhängen. Hoffentlich waren Zacks Gedanken fröhlicher als meine, denn das plötzliche und schmerzhafte Eintreten des ersten Stadiums hatte mir deutlich vor Augen gehalten, dass ich sterben würde. Ich wusste nicht wann genau oder wieviele Menschen ich auf meinem Weg verletzen würde. Die einzige Sache, der ich mir sicher sein konnte war, das ich mein Leben vorher beenden musste. Ich brauchte dringend eine Ablenkung.

„Sag mal Zack, wie bist du eigentlich Arzt geworden? Ich meine alle Universitäten sind doch geschlossen und auch sonst waren Ärzte eher eine betroffene Gruppe."

„Ehrlich gesagt hab ich keine Ausbildung oder so. Bevor der Clan mich aufgenommen hat bin ich ziemlich viel rumgereist und hab dadurch das ein oder andere aufgeschnappt", gab er schmunzelnd zu.

„Oh Gott und du darfst Menschen untersuchen?! Wer hat dir die Erlaubnis dafür gegeben", sagte ich, während ich verzweifelt versuchte nicht den Mann mit der Waffe zu verärgern.

Er boxte mich leicht lachend in die Schulter. Nein, zum Glück nicht den schlechten Arm.

„Naja, was wäre dir denn lieber: ein Reisender, der schon mal ein paar echten Ärzten bei der Arbeit zugesehen hat oder ein Soldat der normalerweise Infizierte erschießt und vielleicht noch ein paar Gedärme irgendwo kleben hat?"

Bah, also nicht nur das mit den Gedärmen, sondern auch das Zack anscheinend zu gebildet ist den Begriff „Zombie" zu benutzen. Wenn ich sterbe, will ich nicht als „Infizierter" rumlaufen, sonder als „Zombie". Das klingt doch viel besser, oder? Nicht? Schade.

Ich räusperte mich, um klar zu machen, dass meine Gedanken gerade nicht komplett in eine andere Richtung als das Gespräch gedriftet war.

„Hm, schwierige Frage. Ich glaub ich nehme meine Kritik ausnahmsweise mal zurück..."

„Ach, was für eine Ehre", machte sich Zack über mich lustig.

„Ey! Du solltest das schätzen, wird nicht mehr oft vorkommen", weil ich sterben werde, dachte ich mir noch im Stillen.

„Zurück zum Thema: du sagtest du seiest ein Reisender? Wohin bist du denn so gereist?", versuchte ich das Gespräch wieder aufzunehmen.

„Das ist eine schwierige Frage, ich meine klar, Länder existieren zwar nicht mehr, aber die Karten von früher dienen heute immer noch der Orientierung. Auch die alten Schilder sind noch da, zumindestens teilweise. Also wenn ich danach gehen würde, hab ich es von Virginia nach Minnesota und zurück geschafft.", sagte er stolz.

„Ich hab keine Ahnung von Karten, ist das weit?", gab ich etwas beschämt zu.

Zack lachte daraufhin nur und lief eine Weile schweigend neben mir her.

„Vielleicht sollten wir doch noch mal bei diesem Vorort vorbeischauen. Du wolltest doch Sachen holen, oder? Außerdem warst du vielleicht nicht die einzige Person, die dort Unterschlupf gefunden hat.", schlug Zack vor.

Ich nickte bloß, meine Gedanken schweiften zurück. Scheiße, er lag dort immer noch. Ich hatte ihn nicht nur einfach dort liegen lassen, als ob er unwichtig wäre, sondern auch noch seinen letzten Wunsch missachtet. Er wollte sterben, um niemanden zu infizieren.

Und was hatte ich getan?! Ich hatte ihn eingesperrt, wie ein Tier. Dann hatte ich ihn liegen lassen, als ob er nicht der letzte Mensch war, der mir blieb.

Schon lange bevor ich zu den Infizierten gehörte, hatte ich aufgehört ein Mensch zu sein oder zumindestens aufgehört wie einer zu handeln.

Ich bin ein Monster.

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544 Wörter

INFECTEDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt