Aswang Teil 6

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Lucien

Während ich meinen Koffer auspacke, höre ich Brad im Wohnzimmer brüllen. Er hat sich Stella geschnappt, kaum, dass wir durch die Tür waren. Ich verstehe jedes Wort, das er sagt! Er regt sich auf, weil Stella nicht da gewesen sei, als das Jugendamt vorhin angerufen hätte und er so geweckt worden wäre. Nun habe er ihretwegen die Frau, die ihm nur mitteilen wollte, dass Gabe abgehauen war, so angefahren, dass sie ihm bestimmt keinen weiteren Jugendlichen anbieten würden, wenn nicht sogar wieder eine Kontrolle vorbei schicken, ob es den Zöglingen hier gut gehe! Nur, weil sie sich mit „dem Mädchen" rumgetrieben hätte! Ich werde wütend und mein Entschluss, der schon in der Stadt aufgekeimt war, festigt sich zunehmend.

Niemand nennt mich Mädchen!

Außer, wenn ich eines bin...

Beim Dinner bemerke ich, dass Stella blaue Flecken an den Armen hat. Sie hat vom Weinen verquollene Lider und ist still, während mich Maisie und Sara anstarren, als wäre ich ein Filmstar. Besonders Sara macht mir schöne Augen, aber sie erhält einen tadelnden Blick von Brad. Nach dem Essen verkrümeln sich alle sofort und lassen Stella alleine. Sie will mich ebenfalls abwimmeln, aber ich frage sie, warum ihr die Mädchen nicht helfen.

„Sie müssen doch für die Schule lernen", erklärt sie. „Und ich habe ja nichts anderes zu tun."

„Wie wäre es, wenn du dich ausruhst, hm? In deinem Zustand solltest du Ruhepausen machen."

„Ich hab doch grad gesessen!", protestiert sie.

Ich sehe, dass sie Schmerzen hat, drücke sie in den Küchenstuhl und beginne, aufzuräumen. Sie beobachtet mich.

„Stells, bring mir n Bier!", brüllt Brad von draußen, der den Zaun inspiziert.

Die Gerufene springt sofort auf und ich halte sie fest, dann lasse ich schnell wieder los, weil ich sie ja nicht anfassen soll.

„Ich mach das, bleib sitzen", ordere ich sanft.

Als Maisie angelatscht kommt, die sich noch einen Snack holen will, drücke ich ihr jedoch das Bier in die Hand und scheuche sie raus. Sie mault, aber sie geht. Ich atme tief durch und räume die Spülmaschine ein, stelle sie an und wasche dann die Töpfe ab. Als ich fertig bin und mich umdrehe, ist Stella am Tisch eingeschlafen. Brad kommt in die Küche, stößt sie an, sodass sie panisch hoch fährt. Der bullige Typ lacht:

„Hast du jemanden gefunden, der auf dein Gejaule reinfällt, Stells? Und du, Lucien, bist jetzt Mädchen für alles oder was?"

„Eine Schwangere sollte Ruhepausen einlegen. So ist es kein Wunder, dass sie die anderen Babies verloren hat!", knurre ich.

Stella guckt mich erschrocken an und Brad wird rot.

„Was sagst du da?", faucht er.

„Ich habe mich über eure Familie erkundigt", gebe ich ruhig zurück. „Und du solltest deine Frau auf Händen tragen, gerade jetzt. Wo sie dir das Kostbarste schenken wird, was es für einen Mann gibt!"

„Wie redest du denn, Junge? Steckt in dir ein siebzigjähriger Professor?", scherzt Brad. „Hör dir das Gelaber an, Stells! Also, wenn du weiter hier arbeiten möchtest, dann behalt deine Meinung für dich, ist das klar, Kleiner?"

Ich schnaube. Doch jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um zuzuschlagen...also nicke ich und werfe ihm das Geschirrtuch vor die Füße, bevor ich abdampfe. Natürlich mault Brad Stella an, es aufzuheben. Nachdem ich mich etwas beruhigt habe, gehe ich wieder runter, entschuldige mich bei Brad für meine Grenzüberschreitung und frage ihn, was man am Abend hier so unternehmen könne. Er fängt schallend an zu lachen und meint, dass die Hillbilly- Kneipen wohl nichts für Intellektuelle wie mich wären. Ich stimme ihm lachend zu und kippe das Bier, dass er mir hingestellt hat, in den Topf einer Zimmerpflanze. Gegen neun zieht er schließlich von dannen, so, wie Kieran meint, jeden Abend. Ich verabschiede mich ebenfalls, folge ihm in reichlichen Abstand und als ich weiß, wo er eingekehrt ist, düse ich nach Vancouver. 

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