Aswang Teil 12

25 2 0
                                    

Stella

Dieser Kerl ist voller Überraschungen! Während wir Isabella- den Wohnwagen- verhökern und auf die Beurteilung der Ankäufer warten, erklärt Lucien, dass er den Ring gekauft hatte, während ich weinend in dem Museum gestanden hätte, am ersten Tag unserer Begegnung. Ich hatte ihn gerade mal ein paar Stunden gekannt und er hat genau gewußt, welche Ringgröße ich habe und was ich mag!

„Eigentlich wollte ich dich nur in mein Bett kriegen!", raunt er und ich halte seinen Mund zu.

Isa ist wieder mit dem Kinderbuch beschäftigt, nun hat sie endlich angebissen und will lernen. Ich spüre Luciens heiße Zungenspitze an meiner Handfläche und erschaudere.

„Warum hast du das nicht gleich gesagt?", maule ich.

„Hab ich doch", nuschelt er. „Aber du...", er drückt sanft meine Hand weg. „Hast mich nicht verstanden und deshalb hab ich den Quatsch mit: „Schön haben sie es hier" oder so gesagt."

„Du hast gesagt, „Ich will sie flach legen, Mrs. Mulligan"?", staune ich.

„Nein!" Lucien lacht. „So plump nun auch wieder nicht!"

Der Typ kommt wieder und guckt mich an, Lucien hält er anscheinend nicht für einen würdigen Verhandlungspartner.

„Mrs. Pendergast, da haben sie aber einen schönen Wagen und er ist nahezu neu."

„Er ist neu!", zischt Lucien. „Sie sehen es doch an den Papieren. Wir haben gerade mal drei Tage darin verbracht!"

Die mir vorkommen, wie drei Monate. Der Ankäufer schaut widerwillig Lucien an und ich gehe demonstrativ zu meiner Tochter. Isa seufzt.

„Warum ist Lesen so schwer? Ich kenne so viele Wörter, aber ich kann sie nicht erkennen, wenn sie hier stehen, Mama!", schimpft sie.

„Dir fehlen wichtige Jahre", raune ich. „Tut mir so leid. Vielleicht war es zu früh, dich zu nähren und ich hätte dich noch weiter stillen müssen."

„Nein, das hat mir nicht mehr gereicht. Ich wurde danach nur noch hungriger. Jetzt ist es gut. Aber ich will wissen, wie das alles hier funktioniert."

„Das wirst du, hab Geduld." Ich küsse ihre Stirn. Isa schmiegt sich an mich und Lucien kommt dazu.

„Okay, ich hab mich über's Ohr hauen lassen. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass wir keine Zeit verlieren sollten und es arschkalt hier ist, halte ich es für verzeihlich."

„Es ist dein Geld." 

„Nein, Mrs. Pendergast. Jetzt auch deines", erwidert er und ich verdrehe die Augen.

„Der Preis für den Pakt mit dem Teufel", flüstere ich und seine Augen blitzen verheißungsvoll.

Zu blöd, dass wir die Hochzeitsnacht im Flieger verbringen müssen! Und dort ist es außerdem meinem frisch Angetrauten zu hellhörig, um uns darüber aufzuklären, warum wir unsere Pläne so schnell geändert haben. Da ich kaum geschlafen habe, hole ich es jetzt nach und kuschele an seiner knochigen Schulter. Immerhin ist mein zarter Ehemann schön warm! Er durchsucht immer noch die brasilianische Webseite und Isa ist mit Grundrechenarten beschäftigt, sie hat jetzt ebenfalls ein Pad und lernt interaktiv. Ich höre immer wieder den leisen Piepton, wenn sie einen Fehler macht, trotzdem dämmere ich weg. Träume natürlich von der Zeit im Heim und erinnere mich, wie mich eine Horde Jungs einmal in den alten, muffigen Karton gestopft hat, als ich vier oder fünf gewesen bin. Sie hatten ihn zugeklebt und ich hatte gebrüllt und geweint, bis mich endlich eine Betreuerin befreit hatte. Ich spüre im Traum meine Panik, die Zeit im Karton war mir unendlich lang vorgekommen. Lucien weckt mich sanft und ich starre ihn an, einen Moment denke ich, er ist einer der Jungen. Doch dann erkenne ich und kuschele mich wieder an ihn. Ich seufze tief und höre Isa leise fluchen.

Night CreaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt