Aswang Teil 13

29 2 1
                                    

Stella

Lucien guckt mich ernst an. „Nein, nein", erwidere ich geschockt. „Nicht sie!"

„Sie ist etwas wirr im Kopf, aber kein Wunder. Dennoch glaube ich ihr. Lass uns zurück, ich habe das Gefühl, ich stinke jetzt wie sie..."

Wir fahren im Taxi zum Hotel, Isa spielt immer noch und rümpft die Nase.

„In welchem Loch wart ihr denn?"

„Erzählen wir dir gleich", erwidert Lucien und zieht mich ins Bad.

Dort erzählt er mir, während wir gemeinsam duschen, was Greta ihm berichtet hat. Die Deutsche kam als Achtzehnjährige mit ihrem Bruder nach Brasilien, also 2033, sagt er. Sie waren als Tramper unterwegs gewesen und wären auf den Gründer der Roter- Stern- Firma, Louis Despres, getroffen. Damals wäre er schon fünfundsechzig gewesen und hätte einen Deal mit ihrem Bruder gemacht, der nicht mit rechten Dingen zuging, so ihre Worte, meint Lucien. Was genau, wollte sie ihm nicht sagen, da sei sie weg gelaufen. Außerdem hatte sie Lucien erklärt, dass sie jeden Tag als Mahnung an ihren Bruder vor dem Firmengebäude sitzen würde. Manchmal würde er sie abholen lassen, doch die Polizisten würden sie immer wieder gehen lassen.

„Und du denkst, sie ist meine Mutter?", hauche ich.

Lucien nickt.

„Bitte, hol sie her", bettele ich, während er mich einseift.

„Nein, das können wir nicht riskieren. Sie ist völlig paranoid, Schatz. Aber hast du gesehen, wie ähnlich sie dir ist?"

„Greta hat blaue Augen."

„Ich wette, Isa und du habt die dunkle Augenfarbe von Louis", erklärt mein süßer Twen, der so grüblerisch aussieht, dass es ihn gleich ein paar Jahre älter erscheinen läßt.

"Louis...", murmele ich. 

Anscheinend schlußfolgert Lucien, dass er Greta geschwängert hat...dann wäre ich Isabells Schwester!

Am nächsten Tag zieht Lucien alleine los, und als er kurze Zeit später wieder kommt, berichtet er, dass Greta weg gerannt sei, als sie ihn gesehen hat. Also probiere ich es am Nachmittag noch einmal alleine und tatsächlich lächelt die Deutsche mich an. Ich lege ihr Klamotten von mir hin, sie bedankt sich auf englisch. Ich stutze.

„Sie sprechen englisch?"

„Bitte, zwingen sie mich nicht darüber zu reden!", haucht sie ängstlich.

„Kommen sie, ich habe in der Nähe eine Badeanstalt gesehen", schlage ich vor und sie nickt.

Ich werfe ihr altes Zeug weg, während sie sich gründlich duscht und meine frischen Sachen anzieht, dann setzen wir uns abseits von den vielen Menschen ans Wasser und trinken Wein. Sie seufzt. Ich stelle keine Fragen, lasse sie in Ruhe, und meine Taktik zahlt sich aus.

„Sind sie ein Engel?", fragt sie nach einer Weile, sehr ernst.

„Nein. Nur eine Frau, die ihre Mutter sucht", gebe ich zurück. „Ich heiße Stella und bin in Alaska als Baby ausgesetzt worden."

„Weit weg... so weit weg, wie es geht...", stammelt sie und weint leise.

„Was meinen sie damit?", frage ich mit klopfenden Herzen.

Sie muss es nicht sagen, ich weiß es. Ihr rötliches Haar, das völlig verfilzt ist, ist von der Sonne ausgeblichen und sah sicher mal meinem ähnlich. Sie beginnt, langsam zu sprechen: „Eine zeitlang habe ich ihn geliebt. Aber ich glaube, ich musste...sowas wie das Stockholm- Syndrom. Ich war so jung und leichtgläubig, dachte, ein älterer Mann mit so sympathischem Lächeln könne nicht gefährlich sein. Wir haben Louis beim Trampen getroffen, er hat uns in seiner Villa übernachten lassen und danach weiß ich nichts mehr. Ein paar Monate später war ich schwanger. Ich glaube, als er es gemerkt hat, hat er mir keine Drogen mehr gegeben, damit das Kind überlebt. Denn er hatte Großes damit vor. Er hat mich hofiert, mir alles geschenkt, was ich haben wollte. Ich hab Gerrit mal gefragt, ob ich freiwillig mit Louis geschlafen hätte, er sagte, ja. Denn er wäre der große Meister und alle Frauen wollen dieses Geschenk..."

Night CreaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt