Kapitel 1

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~Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. -Demokrit

-London-

„Na, bist du schon weitergekommen?“

Mary blickte nicht einmal auf als Harry sich ihr gegenüber in einen der weichen Starbucks-Sessel fallen ließ, nickte aber abwesend, vollkommen auf den Text konzentriert. Es war ein Extrakt des neuen Stückes den sie bis nächste Woche lernen sollte - normalerweise wäre das kein Problem: Sie spielte zwar einen der Protagonisten, hatte in dieser Szene aber vergleichsweise wenig Text. Was gut war, denn sie hatte noch das ganze Skript für die nächste Folge von Blue Ivy vor sich welches sie dringend auswendig können musste wenn sie nicht wollte dass der Regisseur einen seiner berühmt-berüchtigten Wutanfälle bekam.

„Maryyy.“, jammerte Harry, der seine Füße inzwischen ausgestreckt hatte und seine beste Freundin damit unter dem Tisch anstupste damit sie ihn beachtete. „Rede mit mir!“

Seufzend hob sie den Kopf und legte die Papiere achtlos beiseite.
„Tut mir leid. Viel zu tun.“
„Schon okay.“ Er grinste breit und Mary bemerkte wie er auf seinem Sitz hin und her rutschte. „Du glaubst nicht was vorhin passiert ist!“
„Was?“ Sie setzte sich aufrechter hin und sah ihn nun direkt an, ohne weitere Gedanken an ihr Skript zu verschwenden - die Art wie er sie anstrahlte ließ sie vermuten dass etwas Gutes passiert war. Etwas sehr gutes. Ohne überhaupt zu wissen was es war, fühlte sie einen Mix aus Nervosität und Aufregung in sich aufsteigen als er sich etwas nach vorne lehnte und nach ihrem Kaffee griff um einen Schluck zu nehmen. Harry’s Launen waren ansteckend - inzwischen versuchte Mary sich nicht einmal mehr dagegen zu wehren sondern ließ sich oftmals mitreißen. „Komm, sag schon.“

„Ich hab einen Anruf von BBC Radio 1 bekommen.“, stieß Harry, der nur auf diese Frage gewartet hatte, hervor. Jetzt da es endlich raus war, flossen die Worte nur so aus ihm hinaus. „Sie haben meine Cover auf Youtube gesehen und wollen jetzt dass ich im Studio singe. Ry, ein echtes Studio. Was wenn ich dadurch berühmt werde?“
„Oh mein Gott!“ Mary musste sich zusammenreißen um nicht zu schreien - sowohl sie als auch Harry waren einigermaßen bekannt, und auf ein Zusammentreffen mit Fans war sie gerade ganz und garnicht vorbereitet. „Ist das dein Ernst? Harry! Warum hast du mir nicht geschrieben?“
„Weil du sowieso nicht auf dein Handy schaust wenn du Texte lernst!“ Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Außerdem wollte ich dein Gesicht sehen wenn ich es dir sage!“
Mary konnte das Blut förmlich in ihr Gesicht schießen spüren als sie ihren Kopf senkte damit er ihr Lächeln nicht sehen konnte. Sie wusste dass ihre Reaktionen manchmal heftig waren, aber sie konnte einfach nicht anders - sie freute sich jedes Mal wenn ihr bester Freund etwas erreichte.

„Wann bist du dort?“, fragte sie, teils um von sich selbst abzulenken aber auch, weil sie es wissen wollte.
„In zwei Wochen. Ich kann’s kaum erwarten.“

„Oh mein Gott.“, wiederholte Mary. „Okay, das müssen wir definitiv feiern.“
Harry’s Augen begannen zu leuchten.
„Disco?“
„Disco.“, stimmte sie zu, und dann, als sie seinen Blick erkannte, fügte sie hinzu: „Aber brich keine Herzen.“
„Jaja.“ Er verdrehte die Augen und sprang auf, noch immer ein breites Lächeln im Gesicht. Mary hoffte wirklich er würde sich zurückhalten können - Harry war, wie sie leider zugeben musste, ein echter Aufreißer. Nicht einmal seine steigende Berühmtheit konnte daran etwas ändern, dass er mit unzähligen Frauen schlief - das einzige was sich dabei kontinuierlich steigerte war der Berühmtheitsgrad dieser. Erst letztens hatte er es geschafft eine Serienkollegin von Mary zu verführen, die ihr noch immer mit ihrem Liebeskummer in den Ohren lag und sein nächstes Ziel war vermutlich jemand bei BBC. Man konnte nie wissen. Bei einer Sache war Mary sich jedoch sicher: Sie war unglaublich froh dass sie nicht zu den Mädchen gehörte die auf ihn hereinfielen.

Fast alle mehr oder weniger kurzweiligen Beziehungen von Harry Styles endeten in einer Einbahnstraße.

                                                 ~

-Manchester-

Von: Mary c:

Um: 17:27

LIZ, HARRY HAT EINEN GIG BEI BBCR1 IN ZWEI WOCHEN!!!!!!!

Von: Mary c:

Um: 17:32

du musst ihn unbedingt bis dahin kennen lernen

bevor er richtig berühmt wird

liz, versprich mir dass wir uns demnächst treffen

ich kann ihn mitbringen

Schmunzelnd legte Elizabeth das Handy beiseite und widmete sich unter Louis’ strengem Blick wieder ihren Mathe-Übungen. Sie beherrschte das Thema zwar größtenteils, aber sie konnte sich nicht leisten ihre Abschlussprüfungen zu versauen. Sie konnte es sich vor allem nicht leisten Louis als ihren Nachhilfelehrer zu verlieren - ohne ihn hätte sie die letzten Monate wohl kaum mit einer Bestleistung bestanden, die Bestleistung die sie brauchte, um Ärztin zu werden.
Obwohl sie Aufgaben wie diese schon gefühlte hundert mal gerechnet hatte, merkte sie wie sie dieses Mal feststeckte. Das Problem war nicht einmal die Rechnung selbst, sondern Elizabeths abschweifende Gedanken. Es war eine schlechte Idee Mary’s SMS zu lesen während sie lernte, aber manchmal konnte sie einfach nicht widerstehen - ihr Leben war einfach zu interessant. Es erstaunte Liz immer wieder wie viele berühmte Menschen ihre Freundin kannte und wie weit sie gekommen war, obwohl nur ein Jahr Altersunterschied zwischen ihnen lag. Und dann war da noch Harry. Elizabeth hatte ihn zwar noch nie getroffen, aber er war wohl einer von Mary’s besten Freunden, weil sie ständig von ihm erzählte. Er war außerdem ein Youtube Star, aber zu ihrer Schande musste Liz gestehen dass sie ihn nur auf ein paar Bildern gesehen hatte - zugegeben, er sah wirklich gut aus - aber bisher hatte sie keines von seinen Videos gesehen.
„Ist das Mary?“, fragte Louis, abgelenkt vom erneuten Piepen des Smartphones.
„Ja, wer sonst.“ 

Louis wirkte fast nervös als Elizabeth den Kopf hob um ihn zu mustern. Es war kein Geheimnis dass er und Mary mal was am Laufen gehabt hatten, aber keiner von beiden redete gerne darüber. Selbst für sie war das Thema tabu, was bedeutete dass Louis es wirklich ernst damit meinte: Sie hatten keine Geheimnisse voreinander und das war eines der wenigen Dinge die Liz nicht über ihn wusste.

„Ah. Okay.“ Er wendete seinen Blick vom blinkenden Handy ab und zog den Block demonstrativ zu sich heran um den Lösungsweg zu überprüfen.
„Du weißt dass man erst teilen muss, oder?“ Elizabeth verdrehte die Augen - und schon war er wieder in seinem Mathe-Ich versunken. Es war ein komischer Anblick, wenn sie ehrlich war. Louis war nicht ernst. Er war der am wenigsten ernste Mensch den sie kannte, und doch konnten solche Sachen ihn zu einem regelrechten Spießer machen, was, wie Liz vermutete, nur daher kam dass er es für sie tat. Louis wusste genau wie sehr sie Chirurgin werden wollte und er wusste genau so gut dass er selbst keine Ahnung hatte was er in seinem Leben machen wollte, obwohl sein Abschluss schon zwei Jahre zurücklag. Vielleicht war das einer der Gründe warum er so versessen darauf war, Liz durch die Prüfungen zu bringen: Wenigstens einer von ihnen sollte das erreichen, wovon er träumte.

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