Grenze

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"Schläfst du wieder mit ihm?"

Ivanas Flűstern ließ mich zusammenzucken.

"Was? Nein! Ich meine...ja er schläft in meinem Bett aber sonst nichts weiter..."

Meine Schwester runzelte die Stirn und verlangsamte ihre Schritte damit wir ein bisschen hinter der restlichen Gruppe liefen.

"Ok...was meinst du damit?"

Ich seufzte.

"Ich weiß nicht. Ich kann in dieser Scheiß Hűtte nicht schlafen. Er...beruhigt mich."

Sie hob eine Augenbraue.

"Dein mörderischer Ex beruhigt dich?"

"Ja irgendwie schon."

Sie wurde Still. Ich konnte den Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht lesen da sie sich fast komplett in ihren Schal eingewickelt hatte. Wir liefen schon seit einer halben Stunde durch den dicken Schnee, Ronja und Paula flankierten ihre schwangere Schwester die sich nur langsam und beschwerlich bewegen konnte. Trotzdem war sie schneller als wir anderen. Mann wie lange mussten wir laufen um zu dieser Scheiß Verhandlung zu kommen?

"Er mag dich."

Ich verdrehte die Augen.

"Ja ok ich weiß dass Mitch mich mag, das ist hier nicht das Thema."

"Nein. Thimos."

Ich starrte meine Schwester an als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen.

"Ok jetzt bist du völlig űbergeschnappt. Soll ich Papa anrufen damit er dich abholt?"

Sie schlug mich gegen die Schulter aber ich bemerkte es kaum wegen meiner dicken Jacke.

"Hör auf dumm zu sein. Dieser Mann vergöttert dich."

"Dieser Mann will mich umbringen."

"Und warum hatt er es bis jetzt nicht gemacht? Er hätte mehrere Chancen dir wehzutun. Stattdessen versucht er dir seine Jacke zu geben und hilft dir beim einschlafen."

Ich blinzelte.

"Warum sagt er dann nichts?"

"Leila. Du hast ihn an die Garde verraten. Du hast ihn verletzt."

Ich schielte zu Thimos rűber. Er sah nicht verletzt aus.

"Ich weiß es wirklich zu schätzen aber Thimos hat keine Gefűhle fűr mich."

Mein Lächeln war ein bisschen traurig. Ich wollte mehr sagen, ihr die ganze abgedrehte Situation erklären aber wir wurden von Paula unterbrochen.

"Wir sind jetzt an der Grenze unseres Terretoriums. Ihr beschűtzt Maria mit eurem Leben."

Es war keine Bitte sondern ein Befehl. Wir näherten uns einem hölzernem Gebäude. Ich hoffte wirklich sie hatten eine Heizung.

Sie hatten keine Heizung, aber immerhin wurden wir von dem eisigen Wind beschűtzt. Es war eine riesige Halle mit eingebauten Stűhlen und einer sehr klaren roten Linje die den Raum effektiv in zwei teilte. Die Berserker warteten schon. Oh Mann. Baz hatte fast zwanzig Männer mitgebracht. Harris stand ein bisschen am Rande und beobachtete alles mit gesenktem Blick.

Es wurde kurz still. Dann öffnete Baz den Mund. Und fing an fast lächerlich lange Titel und Namen abzurattern. Jedes Mal wenn er ferig war nickte ein Berserker.

"Was macht er da?"

Maria hörte meine Frage und zuckte die Achseln.

"Dumme Tradition. Muss erst alle vorstellen bevor wir anfangen können."

Wie unnötig. Als er fertig war hob er einladend die Hand. Paula verdrehte die Augen.

"Paula Kosolov. Ronja Kosolov. Maria Kosolov."

Bei Marias Namen wanderten alle Augen zu ihr. Die Gier die ich sah gefiel mir gar nicht. Maria winkte. Paula ratterte unsere Namen ab als wären sie eine Einkaufliste. Dann kam sie zu Thimos. Und ich konnte sehen wie die Spannung am anderen Ende des Raumes sich verdoppelte. Und sah ich etwa den gleichen Blick den sie Maria zugeworfen hatten? Das gefiel mir gar nicht, aber ich hatte keine Zeit mehr darűber nachzudenken, denn nun fing der Gesang an.

"Was machen sie jetzt?"

Fragte ich vorsichtig. Maria verzog das Gesicht.

"Beten zu Odin. Habe gehört sie haben Leiche von totem Gott in ihrer Hűtte liegen."

Okay. Diese Berserker wurden irgendwie weniger und weniger attraktiv. Vielleicht war es auch gut so. Endlich verstarb der Gesang. Eine angespannte Ruhe legte sich űber uns.

"Wir wollen das Kind."

Sagte schließlich Baz. Paula sprang biss an die Grenze der roten Linie und fuchtelte wild mit den Armen.

"Einen Scheiß kriegt ihr!"

Und so fing die Schreierei an. Jede Illusion die wir hatten dass diese Sache zivilisiert ablaufen wűrde verschwand. Ivana stellte sich neben Paula und schrie mit ihr mit, weil die arme Valkyrie alleine gegen zwanzig Berserker nicht wirklich ankam. Mitch versuchte alle zu beruhigen was aber eher dazu fűhrte das er auch mitschrie. Maria lehnte sich zurűck in ihrem Stuhl und schien einzudchlafen. Ronja sah aus als wűrde sie gleich in die Luft gehen. Harris hatte die Valkyrie die sein Kind trug keines Blickes gewűrdigt sondern starrte nur gebannt Ronja an.

"Glaubst du dass sie vielleicht getröstet werden muss?"

Ich verzog angeekelt das Gesicht und schlug Jack gegen den Kopf.

"Du bist eklig!"

"Was denn? Er hatt ihr das Herz gebrochen! Ich will es nur wieder zusammenflicken."

Ich schűttelte den Kopf.

"Naja vielleicht hast du ja ne Chance. Immerhin hatt sie jemanden gevögelt der einen toten Gott rumliegen hatt."

Jacks Augen wurden groß.

"Nein! Die haben doch nicht wirklich Odins Leiche irgenwo rumliegen oder? Wie eklig ist dass denn!"

Dann grinste er.

"Hey Thimos, vielleicht solltest du dich den Berserkern anschließen. Anscheinend teilen sie deinen Leichen fetisch."

Thimos lachte. Ich verdrehte die Augen.

Die Schreie in der Mitte des Raumes wurden lauter. Die Luft knisterte. Ich musterte die wűtenden Gesichter der Berserker. Dann sah ich zu Harris. Er hatte immer noch nichts gesagt, sein Blick auf Ronja gerichtet. Sein ganzer Körper vibrierte. Die Runen auf seinen Armen begannen zu leuchten. Niemand schien es zu bemerkten. Alarmglocken schrillten in meinem Kopf. Ich hatte schon von Berserker Wut gehört und ich wollte es absolut nicht miterleben. Er war eine Bombe, bereit jeden und alles in die Luft zu jagen. Scheiße.

Ich reagierte ohne nachzudenken, was nie eine gute Idee war. Ich packte Ronja an den Schultern.

"Hör zu, es ist mir egal was fűr Scheiß Probleme du mit deinem Ex hast aber ich will verdammt noch mal nicht sterben. Also krieg ihn unter Kontrolle."

Mit diesen Worten schubste ich eine verängstigte Ronja űber die Grenze zu den Berserkern. Sie landete bäuchlings auf dem harten Boden, die Panik die sie ausstrahlte ließ mich meine Tat sofort bereuen. Die Stille war noch schlimmer als das ganze geschreie. Oh oh.
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Vom Tod geliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt