Vor mir eine männliche Gestalt, von der ich in der Dunkelheit nur Umrisse erkannte. Er musste ungefähr einen Kopf größer als ich sein. Wie erstarrt standen wir für einen Augenblick voreinander und wagten es nicht uns zu bewegen.
Erst, als ich wieder die Kontrolle über mich zurück gewann, bemerkte ich, dass er auf mich zu kam. »Keine Bewegung!«, schrie ich, wie ich es aus den meisten Krimis kannte, die ich oft mit Abigail schaute. Es gab da nur einen Markel, meine gespielte Selbstsicherheit.
Mein Puls schlug so schnell, dass ich ihn hören konnte. Rückwärts und im Dunkeln tastete ich mich zum Lichtschalter voran, in der Hoffnung, dass ich mich durch das Licht in dieser Situation irgendwie wohler fühlen konnte. Nach der längsten Durchquerung meines Zimmers, die ich erlebt hatte, betätigte ich endlich den Schalter.In meinem Zimmer befand sich ein relativ jung wirkender Mann, sofern man das Alter beurteilen konnte, denn er trug eine schwarze Stoffmaske, durch die man nur seine blauen Augen sah. Seine Kleidung war ebenso komplett schwarz gehalten.
Im Augenwinkel sah ich die Form des Besens, den ich nach meiner Putzaktion vergessen hatte wegzuräumen. Ohne dass ich den, zu meinem Erstaunen tatsächlich stehen gebliebenen, Einbrecher aus den Augen ließ, schlich ich mich so schnell es ging hin und schnappte mir ihn hektisch. Mit dem Besen in der Hand fühlte ich mich, ironischer Weise, tatsächlich etwas sicherer.
Aber warum war er stehen geblieben? Er hatte wahrscheinlich nicht damit gerechnet, jemanden anzutreffen. Das konnte ich mir allerdings nicht vorstellen, denn er kam durch mein geöffnetes Fenster und das war doch ein Hinweis dafür, dass jemand zuhause war.Irgendwie musste ich zu meinem Handy gelangen, aber dummerweise lag dieses auf dem Schreibtisch direkt neben ihm. Mit dem Besenstiel auf den Eingedrungenen gerichtet schritt ich voran. Was für eine erbärmliche Waffe, dachte ich. Damit habe ich doch keine Chance, aber ich habe auch keine andere Wahl.
Und so spielte ich meinen eigenen Krimifilm weiter. »Hände hoch! Wag es nicht dich zu bewegen!«, fauchte ich und richtete den Besen auf seinen Hals. Das Komische an der ganzen Sache war, er schien tatsächlich zu gehorchen und wich sogar einen Schritt zurück. Noch etwas erstaunt von seiner Reaktion, griff ich mit der einen Hand nach meinem Handy, mit der anderen hielt ich den Stiel des Besens fest umklammert.
»Ich werde die Polizei informieren«, drohte ich, aber diesmal hörte man meine Unsicherheit. Ich stand schließlich direkt vor ihm und war, seiner Größe und seinem Körperbau gegenüber, eindeutig unterlegen. Zitternd versuchte ich mein Handy zu entsperren.
»Nein, nicht!...Bitte«, hörte ich als erste Antwort meines Gegenübers. Ich hielt inne. Wie konnte ich so eine verunsichernde Wirkung auf ihn haben? Es ist bestimmt so eine Masche. Ich muss vorsichtig sein, solche Typen sind gefährlich, schoss es mir durch den Kopf.
Ich hielt den Besen noch fester, dass es schon wehtat. »Was willst du hier?«, fragte ich, während ich es endlich schaffte, mein Handy zu entsperren. Statt mir zu antworten, griff er, zu meinem Entsetzen, das Ende des Besenstiels. Angst stieg in mir auf, das Blut rauschte nur so in meinen Ohren.»Bitte nicht«, bat er erneut, »Ruf nicht die Polizei.« Er lenkte den Stiel von seinem Hals weg. Panisch ließ ich den Besen los und er knallte auf den Boden. So schnell es ging, machte ich einen Satz zurück und begann die Nummer zu wählen. Währenddessen kam er auf mich zu. Mein Herz raste.
»Ich kann das alles erklären, aber bitte ruf nicht die Polizei.« Er ging flehend auf die Knie und zog die Maske ab. Perplex ließ ich das Handy sinken. Zum Vorschein kam ein Junge, etwa in meinem Alter, mit kurzen blonden Haaren, die ihm lockig in die Stirn hingen.
Das Handy hielt ich noch immer fest in meiner Hand. Ich starrte ihn an und hatte tausend Fragen, aber alles was ich heraus bekam war: »Warum?«
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Fear Trust Love
RomanceMira steckt tief im Stress. In wenigen Wochen finden schon die Abiturprüfungen statt, also stürzt sie sich in stundenlanges Lernen. Kaum jemand bekommt sie außerhalb der Schule zu Gesicht. Doch ihr Leben ändert sich, als sie eines Nachts unerwartete...