»Äh... Hallo«, meldete ich mich erst einige Zeit, nachdem ich den Anruf entgegen genommen hatte. Ich war noch ganz perplex.
»Hallo Mira!« Es war Abigail.
»Hallo«, wiederholte ich, während ich beobachte, wie sich Nick aufs Sofa fallen ließ. In Gedanken tanzte ich noch immer mit ihm.»Störe ich gerade?«, holte mich Abby in die Realität zurück.
»Nein, wieso?« Durch den Lautsprecher meines Handys vernahm ich ein unterdrücktes Lachen.
»Ach, ist egal. Ich wollte dir nur erzählen, dass ich vorhabe, mein jährliches Krimidinner auf diesen Samstag zu legen. Ich weiß, das ist ziemlich kurzfristig und ich hoffe, trotzdem genügend Leute zusammentrommeln zu können. Aber anders geht es nicht, da sonst alle lieber die Zeit zur Vorbereitung auf die Prüfungen nutzen, statt zum Dinner zu kommen.« Abigail überfiel mich mit einer Flut an Informationen, bei der ich Schwierigkeiten hatte zu folgen. Denn mir kam eine Idee, während ich den den Flur auf und ab lief.»Um die Teilnehmer an deinem Krimidinner musst du dir keine Sorgen machen.« Ich warf Nick einen vielsagenden Blick zu, worauf er mich irritiert an sah. Er hatte nicht damit gerechnet, ins Gespräch eingebunden zu werden.
»Was genau hast du vor?«, versuchte sie meine Andeutung zu verstehen.
Ich grinste. Nun hatte ich gleich zwei Personen auf einmal verwirrt. »Hast du etwas dagegen, wenn ich noch jemanden mitbringe?« Nick starrte mich an und deutete mit den Fingern auf sich, als wollte er fragen: Meinst du mich?
»Nein, habe ich nicht... Moment, ist es derjenige, an den ich denke? Kenn ich ihn?...« Ich hielt das Mikrofon meines Handys zu. Jetzt kamen wieder die Fragen, die ich bereits auswendig kannte, denn Abby konfrontierte mich immer wieder mit ihnen.»Ich hoffe, du hast Samstagabend noch nichts vor?« Er schüttelte grinsend den Kopf. Er schien aus den einzelnen Gesprächsbrocken tatsächlich verstanden zu haben, worum es ging. Ich verspürte ein Kribbeln in meinen Körper, als er mich ansah, das Blut schoss in meine Wangen. Ich versuchte mir einzureden, dass dies Anzeichen von Vorfreude waren, aber eigentlich wusste ich, dass diese Zeichen auf etwas ganz anderes deuteten.
Ich hielt mein Handy wieder ans Ohr. »Lass dich überraschen«, sagte ich zu Abigail.
»Du bist so gemein!«, jammerte sie.
»Tschüss, bis morgen«, verabschiedete ich mich grinsend und legte auf.~
Nicks Grinsen verschwand. Plötzlich schien er unsicher, fast schon nervös zu sein. Er saß auf dem Sofa und starrte durch den Flur. Nachdenklich setzte ich mich neben ihn aufs Sofa, in der Hoffnung, dass er mich aufklären würde. Doch diesen Gefallen tat er mir nicht, also saßen wir nebeneinander und schwiegen. Er sah mich nicht an. Irgendwas hatte ihn ziemlich verunsichert. Wenn ich doch nur wüsste, was es war.
Nach einer Ewigkeit unangenehmer Stille, hielt ich es nicht mehr aus. Ich schluckte und drehte mich zu ihm. »Nick?« Er sah mich an. »Was ist los?«, fragte ich ihn.
Er fuhr sich durch die Haare. »Nichts, alles gut.« An der Art wie Nick antwortete, merkte ich jedoch, dass eben nicht alles gut war. Ich fragte mich, was in ihm vor ging. Was hatte ich bloß falsch gemacht? Er war irgendwie abwesend und in Gedanken versunken.Ich atmete tief ein und versuchte erneut, zu ihm durchzudringen. »Ist wirklich alles in Ordnung?«
Nick sah mich an und rang um Worte. »Das war deine Freundin, oder?«, schaffte er es, endlich zu antworten.
Ich nickte. »Ähm, ja. Abigail ist meine beste Freundin.« Ich wusste überhaupt nicht, worauf er damit hinaus wollte. Wahrscheinlich versuchte er nur, vom Thema abzulenken.
»Weiß sie von mir?« Diese Frage kostete ihn schon mehr Überwindung.
»Eigentlich nicht so wirklich. Sie hat selbst herausgefunden, dass ich eine Begleitung für den Abiball habe... Okay, ich gebe zu, ich habe mich etwas verplappert.«Seine Augen wurden groß. »Aber sie weiß nicht von...« Nick sprach nicht weiter, aber ich wusste, was er meinte.
»Nein, das würde ich ihr nicht verraten«, beruhigte ich ihn. Die Erleichterung war Nick anzusehen.
Natürlich wusste Abigail nichts von dem Einbruch. Das war zwar unsere Geschichte, unser Kennenlernen, aber gleichzeitig würde es immer unser Geheimnis bleiben. Wir hatten zwar nie direkt darüber gesprochen, doch es war klar, dass niemand je davon erfahren würde.Nun grinste Nick wieder. Dieses Grinsen entfachte ein erneutes Kribbeln in mir. Ich rückte näher an ihn heran und lehnte den Kopf an seine Schulter. Das Kribbeln wurde noch stärker und berrauschender, mein Herz klopfte.
Als er einen Arm um mich legte, wurde mir warm. Ich wollte, dass es nie verging. Ich in Nicks Arm, alles was sonst gerade los war, war nicht so wichtig. Ich hatte das Gefühl, die Erde würde sich für diesen Moment nur um uns drehen. Das war also Geborgenheit. So ziemlich das Gegenteil von Einsamkeit.
Nach einer Weile verabschiedete sich Nick. Draußen dämmerte es bereits, als er ging.~
Ich machte mir Abendbrot und einige Augenblicke später kam auch schon Jannik nach Hause.
»Hallo«, begrüßte er mich.
»Hey!« Ich grinste ihn an und biss dann in mein Brot.
»Du bist ja so begeistert. Was gibt's Neues?«, fragte mein Bruder.
»Ich habe endlich ein Abiballkleid gefunden«, entgegnete ich und schob ihm mein Handy mit dem Bild von einem türkisen Vokuhila-Kleid hin. Es war trägerlos und hatte an der Taille eine Borte aus kleinen Swarovski-Diamanten.
Ich musste es nur noch bestellen, nur fragte ich mich jetzt, warum es mir so wichtig gewesen war, zuerst Janniks Meinung abzuwarten. Er zuckte mit den Schultern.
Ich hatte etwas anderes erwartet, denn eigentlich besaß er ein erstaunliches Bewusstsein für Mode. Es war quasi sein Hobby, was sein überfüllter Kleiderschrank beweiste.
»Du hast es ja noch gar nicht gekauft«, stellte Jannik fest.
Ich zog das Handy wieder auf meine Seite des Tisches. »Mach ich noch.« Ein paar Klicks später, hatte ich es bestellt.Als ich im Bett lag, machte ich mich schon auf den morgigen Schultag gefasst. Ich wusste, Abigail würde mich morgen versuchen auszuquetschen. Ich wollte und musste das aushalten, um nicht zu viel zu verraten.
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Fear Trust Love
RomanceMira steckt tief im Stress. In wenigen Wochen finden schon die Abiturprüfungen statt, also stürzt sie sich in stundenlanges Lernen. Kaum jemand bekommt sie außerhalb der Schule zu Gesicht. Doch ihr Leben ändert sich, als sie eines Nachts unerwartete...