Einige Tage später
Ich drehte mich vor meinem Spiegel und betrachtete, wie der feine türkise Stoff um mich wirbelte. Die Swarovski-Diamanten an meiner Taillie reflektierten das Licht in den verschiedesten Farben. Beinahe fühlte ich mich wie eine Prinzessin.
Träume konnten also doch wahr werden. Vielleicht auf eine etwas andere Art, als man es sich vorstellte, aber sie konnten es.Ich eilte die Treppe hinunter. Alle warteten schon. Auch Nick war schon eingetroffen. Obwohl ich ihn in diesem Anzug bereits gesehen hatte, konnte ich meinen Blick nicht von ihm abwenden. Heute sah er besonders gut darin aus. Der Anzug war perfekt. Hellgrauer Stoff lag glatt auf seinen Schultern. Der Hemdkragen leuchtete weiß aus seinem Jackett hervor. Nick stand vor mir und glänzte mehr, als jeder Ritter in silberner Rüstung.
Wer braucht schon einen Ritter? Mir reicht ein Anzug statt einer Rüstung und ein Besen statt einem Schwert.
»Ich wusste es...«, murmelte Nick, als ich vor ihm stand. Sein Blick wanderte über mich.
Etwas irritiert sah ich ihn an. »Was meinst du?«
Er strahlte mich an. »Dass du ein Engel bist.« Ich spürte sofort ein Prickeln in meinen Wangen. Als er das zuletzt sagte, fand er gerade erst heraus, wer ich bin. Das Mädchen, das sich in der Schule um seinen kleinen Bruder kümmerte.
Nick fuhr mir durch meine braunen Haare, in die ich mir aufwendig Locken eingedreht hatte, in der Hoffnung, sie würden zumindest für ein paar Stunden halten.
»Du siehst...« Er machte eine Pause und ließ seinen Blick erneut über mich fliegen. »Wahnsinn...« Nick schien noch immer nach den richtigen Worten zu suchen, aber für mich hatte er schon genug gesagt. Ich fiel ihm in die Arme.
Jannik räusperte sich. »Kommt ihr?« Unser Vater hatte sich bereits ins Auto gesetzt.~
Ich hatte alle Prüfungen mit gut und sehr gut bestanden, aber nun kurz vor der Übergabe der Zeugnisse kam meine Nervosität zurück. Als ich tief Luft holte, spürte ich wie mein Atem stockte. Abigail, die neben mir saß, warf mir einen belustigten Blick zu. Ich ahnte schon, was sie dachte: Wenn hier jemand einen Grund dazu hätte aufgeregt zu sein, dann auf keinen Fall du! Also versuchte ich wieder herunterzukommen.
Abby sah wundervoll aus mit ihrem lavendelfarbenden Kleid in Wickeloptik. Ihre Haare trug sie in einer lockeren Hochsteckfrisur.Einige Augenblicke später fand ich mich auf der Bühne unserer Schulaula wieder. Alles schien nur so an mir vorbeizufliegen.
Abby, ich und ein paar andere Schüler meiner Klasse standen in einer Reihe nebeneinander. Angestrengt kämpfte ich gegen das Scheinwerferlicht an, welches mich so blendete, dass ich kaum die Augen offen halten konnte. Ich spürte den Herzschlag bis in meinen Hals. Noch nie war ich jemand gewesen, der gern im Rampenlicht stand.Nacheinander wurden uns die Zeugnisse überreicht. Ich war froh, mich endlich an etwas festhalten zu können.
Es folgten einige Gratulanten darunter unsere Klassenlehrerin und der Direktor. Lächelnd schüttelte ich zahlreiche Hände und bedankte mich für die Glückwünsche. Aber ich konnte nur noch daran denken, irgendwie hier runter zu kommen.
Nach einer Odyssee von beinahe fremden Leuten, verließen wir endlich diesen qualvollen Ort. Die Erleichterung trug mich zurück an meinen Platz, wo Abigail mir ein witzelndes »Lebst du noch?« zu flüsterte.
»Ja, ich denke schon«, antwortete ich. Hier konnte ich wieder aufatmen. Das war's also mit der Schule, stellte ich fest.~
Als diese Zeremonie, die sich für mich als die reinste Tortur herausgestellt hatte, endete, fühlte ich mich plötzlich wie beflügelt. Ich drängte mich durch die Menschenmassen auf meine Familie am Rand des Raumes zu.
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Fear Trust Love
RomanceMira steckt tief im Stress. In wenigen Wochen finden schon die Abiturprüfungen statt, also stürzt sie sich in stundenlanges Lernen. Kaum jemand bekommt sie außerhalb der Schule zu Gesicht. Doch ihr Leben ändert sich, als sie eines Nachts unerwartete...