„Wir sehen uns später, McCoy."

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Als ich diesen Moment zur Bushaltestelle lief, glich es eher einem Hüpfen. Ich war mir fast sicher, dass Noah wieder auftauchen würde und hoffte natürlich, dass er mich nochmal einsammeln würde. Deshalb beeilte ich mich auch nicht großartig, obwohl ich schon wieder ein wenig spät dran war. Ich stellte mich betont ein wenig abseits der Haltestelle hin und wippte auf meinen Füßen herum. Als der Bus vorbeifuhr, lief ich automatisch mit ihm mit, stoppt mich aber nach ein paar Schritten wieder.

Ich sah zu wie die Leute einstiegen und ich überlegte ob es vielleicht besser wäre das auch zu tun. Was wenn ich ein wenig zu sehr dran glaubte, dass Noah gleich hier auftauchen würde? Ich hasste Entscheidungen. Doch irgendwie wollte ich mir beweisen, dass ich auch mal ein wenig mutig sein konnte. Vor allem wenn es eventuell zukünftige Beziehungen betraf.

Ich sah wie der Bus noch einen Moment wartete, wahrscheinlich weil mich der Fahrer im Seitenspiegel sehen konnte. Ich drehte mich demonstrativ weg, um ihm zu symbolisieren, dass ich nicht einsteigen würde. Und um mich selber ein wenig davon abzuhalten. Ich hörte, wie er seine Türen schloss und dann langsam anfuhr. Ich drehte mich wieder zur Straße hin und sah auf mein Handy. Es war beinahe 7:50 Uhr, genau zu diesem Zeitpunkt war Noah gestern aufgekreuzt.

Ich versuchte mein pochendes Herz in meiner Brust zu ignorieren. Fast gierig schaute ich die Straße auf und ab. Als nach fünf Minuten noch immer kein Auto vorübergefahren war, lief ich vorsichtig auf die Straße um, um die Kurve zu spicken. Als ich nichts sah und auch nichts hörte, lief ich frustrierend zurück auf den Bürgersteig. Um spätestens 8:05 Uhr würde der Unterricht anfangen und es war nun schon 7:56 Uhr. Ich ließ die Schulter hängen. So viel zum Thema mutig sein.

Ich rief meinen Dad an, der missmutig mit dem Auto vorfuhr. Ihm zu erklären, dass ich gestürzt war und so den Bus verpasst hatte, tat meinem Gewissen nicht allzu gut. Normalerweise log ich meinen Dad nie an. Er ließ mich drei Minuten nach acht an der Schule raus und ich bedankte mich mit einem Wangenkuss, sprang aus dem Wagen und war erstaunt, dass Harper noch immer auf mich wartete. Ich lief zu ihr und lächelte sie an: „Du hast gewartet!" Harper zuckte lässig mit den Schultern, ihr heutiges Outfit bestand aus einem schwarzen Minijeansrock und einem grellen pinken Bandeau-Top, ihre Füße steckten wieder in ihren schwarzen DocMartens. Für das, das es schon frischer war, beeindruckte mich ihr Outfit umso mehr.

Sie hakte sich bei mir ein: „Warum hat dich dein Dad gefahren?" Fast hätte ich ihr die gleiche Lüge aufgetischt, aber ich besann mich eines Besseren: „Ich hab auf Noah gewartet und er ist nicht gekommen..." Harper runzelte die Stirn: „Komisch, habt ihr das vereinbart gehabt?" Ich kam mir plötzlich ziemlich dumm vor: „Nein..." Harper fing an zu kichern: „Du hast auf ihn gewartet, obwohl er keine Ahnung hatte, dass du es tust?" Ich murmelte säuerlich: „Wenn du es so formulierst, klingt es bescheuert." Harper führte mich lachend zu unserem Mathekurs. Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl im Magen.

Als unsere Mathelehrerin uns bat, die Aufgaben in Partnerarbeit zu machen, nutzte ich meine Chance um mit Harper über meinen Fehler zu reden. „Also denkst du, er interessiert sich noch für mich?" Harper rechnete beim Sprechen einfach weiter: „Natürlich. Warum sollte er auch nicht?" Ich sah ihr dabei zu, wie sie in Windeseile die Aufgaben herunterrechnete und sie dann mit einem Grinsen im Gesicht zu mir schob, damit ich abschreiben konnte.

Mathe war nicht mein schlechtestes Fach, aber definitiv eines, das ich am meisten hasste. Ich hatte Glück, dass Harper ein Mathegenie war. Als ich fertig mit abschreiben war, sah ich sie wieder an: „Hab ich was falsch gemacht?" Harper ließ ihren Kopf halb frustriert halb amüsiert in ihre Hände sinken: „Man, Claire, beruhig dich. Du weißt doch nicht mal, ob er jeden Morgen da vorbeifährt." Ich zuckte mit den Schultern: „Möglich wäre es."

"Mach's besser."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt