„Du hast ziemlich schöne Augen."

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Als wir wieder in seinem Wagen saßen, bot er mir an, meine Musik laufen zu lassen. Ich sah ihn mit leicht roten Wangen an: „Achtung, hier sind ein paar echt dunkle Songs drauf." Noah redete, schaute aber auf die Straße: „Ach, wer hat die nicht!?" Ich drückte einfach auf Shuffle und sah Noah dabei zu, wie er auf jeden einzelnen Song reagierte. Einige kannte er schon und summte leicht mit, die anderen die er anscheinend cool fand, drehte er auf und wackelte wild mit seinem Kopf. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so gelacht hatte.

Er hatte eine grauenhafte Stimme, aber ich war mir nicht sicher ob er sie bloß verstellte, weil es mich noch mehr zum Lachen brachte. Er fuhr ein paar extra Runden um den Block um unsere Ankunft zu verzögern. Mein ganzer Körper war warm und ich hätte noch Stunden weiterfahren können. Als wir dann endlich lachend in unseren Flur stolperten, schien mein Dad noch immer nicht da zu sein, denn seine Jacke hing nicht am Haken.

Ich lächelte in mich hinein, weil ich die vage Vermutung hatte, dass er heute ziemlich freiwillig länger in der Praxis blieb. Ich dankte ihm stumm und half dann Noah mit den Tüten. Natürlich hatten wir nicht nur die Zutaten für heute gekauft, sondern auch eine ganze Menge Süßkram. Noah schnappte sich eine Packung M&Ms und hüpfte lässig auf die Kücheninsel. Ich mochte es, dass er sich offensichtlich wohlfühlte. Ich holte zwei Schneidebretter heraus und schmierte schon einmal die Ofenbackform mit Butter ein.

Noah warf mir ab und zu ein M&M zu und ich versuchte sie mit dem Mund aufzufangen. Irgendwann vergaß ich meine Verlegenheit und auch den Gedanken mich gerade total lächerlich zu machen. Wir hatten Spaß und ich fühlte mich unglaublich leicht. Noah glitt nun von der Kücheninsel herunter und trocknete brav die gewaschenen Kartoffeln ab, ich musste lachen, als er immer wieder so tat als würde er sie im Licht betrachten, um noch eine nasse Stelle zu finden. „Hey, sag mal, was machst du eigentlich so in deiner Freizeit? Ich meine, außer natürlich Kameraassistentin." Er grinste mich an. Ich spritzte ihm ein wenig Wasser ins Gesicht.

Er betupfte die Stelle vorsichtig und das brachte mich wieder zum Lachen. „Ich lese. Eine ganze Menge. Und ich mag Filme. Alte Filme um genau zu sein. Und Essen. Und Musik. Irgendwie alles von allem." Noah musterte mich: „Was liest du so?" Ich zuckte beiläufig mit den Schultern: „Ach, ein paar Romane, ein paar Krimis, ein paar Gedichtskollektionen, wieder ein bisschen von allem."

Noah nickte und ich konnte fast nicht glauben, dass er das interessant finden könnte, denn selbst ich schlief schon fast ein, wenn ich all diese Dinge hörte. Ich kräuselte meine Nase: „Klingt ja super spannend." Noah sah mich an und stützte sich auf die Spüle: „Das ist es." Es klang keine Ironie in seiner Stimme mit und ich lächelte ihn an. „Was liest du so?" Noah lachte: „Ich zeichne." Ich sah ihn skeptisch an und er hob lachend die Hände: „Jup, ich bin der leise Künstler." Ich lachte leicht und schüttelte den Kopf: „Und was zeichnest du so?"

Noah nahm die nächste Kartoffel entgegen: „Eigentlich alles. Ich mag Augen und Bäume." Ich versuchte mein Lachen zu unterdrücken, doch Noah bemerkte es. „Ja, ja, ja, gute Kombi, ich weiß." Ich schnaufte: „Nein, nein, das ist wirklich interessant." Er pikste mich wieder in die Seite und ich japste. Während wir uns gegenseitig versuchten zu kitzeln, wurde mir trotzdem warm ums Herz bei der Vorstellung Noah beim Zeichnen zuzusehen.

Ich weiß nicht, wie wir es letztendlich doch schafften den fertigen Kartoffelgratin in den Ofen zu schieben, aber nachdem es geschehen war, ließen wir uns beide aufs Sofa plumpsen. Wir sahen uns an und lachten und unsere Hände fanden sich in der Mitte. Mein Blick fiel auf ein aufgeschlagenes Kreuzworträtsel auf unserem Couchtisch. Ich zog es zu mir heran und erkannte, dass mein Dad schon angefangen hatte. Noah beugte sich darüber: „Machst du sowas manchmal?"

Ich lächelte leicht: „Ist das Nachmittagsritual meines Dads und mir." Noah zog es nun ein Stück zu sich um es zu lesen. Wir fingen an es zu lösen und am Ende hatten wir fast alle Lücken vervollständigt. Fast fühlte ich mich schlecht, weil ich meinem Dad nichts übrig gelassen hatte, aber Noah wirkte richtig aufgeregt. „Mensch, du bist richtig gut da drin!"

"Mach's besser."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt