Als ich in der Mittagspause an der Bushaltestelle wartete und Noah nach zehn Minuten immer noch nicht aufgetaucht war, wurde ich unruhig. Ich sah auf mein Handy, hatte aber keine Nachrichten von ihm erhalten. Ich sah zu seinem Wagen, aber dort konnte ich ihn auch nicht ausmachen. Erst als ich eine Hand auf der Konsole bemerkte, lief ich zum Wagen. Ich sah durch das Fenster und biss mir auf die Lippe als ich Noah hinter dem Steuer sitzen saß. Er sah alles andere als glücklich aus und ich öffnete vorsichtig die Beifahrertür. Sein Blick huschte etwas verwirrt zu mir.
Ich setzte mich und schloss die Tür wieder. Ich sagte und fragte nichts. Ich hoffte darauf, dass er von sich aus anfing zu reden. Wir saßen eine Weile stumm da, bis ich meine Hand hob und ein paar verwirrte Haarsträhnen richtete. Noah sah mich an, seine Augen spiegelten sich traurig. „Coach hat mir gesagt, dass wenn ich mich nicht bald entscheide, sie mir die Stipendien wieder entziehen."
Ich ließ meine Hand auf seiner Schulter und streichelte ihn leicht am Hals. „Das ist vollkommen blöd." Er lachte bitter: „Aber gerechtfertigt. Ich hab die Zusagen schließlich schon seit drei Monaten." Ich versuchte positiv zu bleiben: „Aber hey, das ist keine leichte Entscheidung. Das müssen die doch verstehen." Noah drehte sein Gesicht weg von mir: „Das ist es eben eigentlich doch. Du bekommst als Sportler ein super Stipendium. Das nimmst du an. Ohne eigentlich auch nur darüber nachzudenken." Er schien über sich selbst den Kopf zu schütteln. Ich folgte mit meinen Augen meine eigenen Fingerbewegungen und redete dabei: „Aber du musst dich doch nicht fertig machen, nur weil du ein wenig länger brauchst als andere. Du machst dir einfach Gedanken. Das zeigt doch Verantwortung."
Er starrte eine Weile aus dem Fenster, dann auf das Lenkrad. Er kniff seine Augen zusammen und schüttelte einmal wild seinen Kopf: „Du hast Recht. Du hast Recht." Er sah leicht müde zu mir und schnappte sich meine Hand auf seiner Schulter. Er spielte mit meinen Fingern während er liebevoll zu mir sah: „Danke, dass du mich manchmal aus diesen komischen Tiefs holst." Ich sah ihn genauso liebevoll an: „Die vollkommen legitim sind, okay? Aber gerne."
Er lächelte und küsste meine Finger. „Vielleicht bringt mich die Vorstellung heute Abend auf andere Gedanken." Ich lächelte und dann fiel mir die Verabredung mit Harper ein. Ich biss mir auf die Lippe und dann sagte ich vage: „Ich hab ausversehen Harper gesagt, dass wir heute eventuell etwas machen könnten..." In seinen Augen flackerte Enttäuschung auf und ich fügte schnell hinzu: „... aber ich kann ihr auch wieder absagen. Sie versteht das bestimmt."
Noah schüttelte lächelnd den Kopf: „Nein, du solltest echt was mit ihr machen." Ich sah ihn misstrauisch an: „Du wärst nicht enttäuscht?" Noah seufzte, immer noch lächelnd: „Doch, das wäre ich." Ich sah ihn verwirrt an: „Also...?" Er lachte und gab mir noch einen Kuss auf die Finger: „Nur weil ich enttäuscht bin, dass ich heute nichts mit meiner Freundin machen werde, heißt das nicht, dass sie mich enttäuscht hat... Ich finde es schön, dass du mal wieder was mit Harper machst, okay? Eure Freundschaft ist wichtig." Ich sagte mit meinen morgigen Hintergedanken plötzlich: „Unsere Beziehung auch." Er sah mich interessiert an und dann verständnisvoll: „Das sehe ich genauso, Claire. Aber vergiss nicht, du musst nichts für diese Beziehung aufgeben. Und am wenigsten deine Freundschaft mit Harper."
Ich presste meine Lippen zusammen: „Entschuldige, ich hatte heute Morgen nur wieder so seltsame Gedanken irgendwo hier drin..." Ich versuchte die Stimmung mit wildem Gefuchtel aufzulockern, doch Noah fing meine Arme ein und behielt sie in seinem Griff. Er sah mich ehrlich an: „Deine Gedanken sind genauso legitim wie meine Gefühlsausbrüche, okay?" Ich nickte und dann lehnte ich mich gegen seine Schulter. Er strich mir sanft über den Unterarm. Als sich die Mittagspause dem Ende zuwandte, stiegen wir beide aus. Wir umarmten uns eine ganze Weile und als ich mich löste, sah ich zu ihm auf: „Ich sehe dich morgen Abend?"
Er nickte und küsste mich sanft auf die Lippen. Ich sah ihm wieder hinterher und war auf eine seltsame Art stolz auf uns beide. Wir waren noch nicht lange zusammen und schienen uns beide wohlzufühlen über unsere mehr oder weniger kleinen Probleme zu reden. Ich lächelte in mich hinein und hoffte, dass Noah es genauso sah.
„Ich hab es Liv gesagt." Meine Hand stoppte mit dem Chips auf dem halben Weg zu meinem Mund: „New York?" Harper sortierte fast zu fokussiert ihre Make-Up-Utensilien: „Jup." Ich sah sie fragend an: „Und?" Sie zuckte mit den Schultern und ich sah sie gespannt an. Sie sortierte einfach weiter und ich räusperte mich laut. Harper sah zu mir: „Sie war einen Moment sprachlos, dann sauer, dann aufgeregt und dann hatten wir ziemlich geilen Versöhnungssex." Ich verzog mein Gesicht, musste aber dennoch lachen: „Also hat sie es gut aufgenommen."
Harper ließ sich auf mein Bett plumpsen und angelte wieder die Haribobox unter meinem Bett hervor: „Irgendwie ja. Aber irgendwie auch nicht. Ich meine so richtig geredet haben wir eben nicht." Ich stupste sie mit meinem Fuß an: „Ihr wart immerhin anderweitig beschäftigt." Harper lächelte schwach und ich mein Lächeln erlosch. Ich sagte vorsichtig: „Hey, sie wird es bestimmt verstehen. Du bist ihr wichtig, da freut sie sich doch mit dir." Harper zuckte mit den Schultern und kaute eine Weile auf einem Haribo umher. „Es ist nur... sie hat nicht so reagiert wie du. Du bist richtig ausgetickt." Ich musste nicht groß über meine Antwort nachdenken: „Du bist ihre Zukunft. Und klar, ich will dich in meiner auch dabei haben, aber nicht in dem Sinne wie es Olive vielleicht möchte. Außerdem geht sie noch ein ganzes Jahr ohne dich zur Schule. Da wird das schwierig mit Besuchen."
Ich erkannte sofort, wenn Harpers Stimmung kippte. Und in diesem Moment kippte sie extrem. Harper starrte verloren auf meine Bettdecke und ihre Hand steckte in der Haribobox ohne sich zu bewegen. Ich seufzte: „Hey, das heißt nicht, dass ihr beide das nicht schaffen könnt!" Harper blinzelte ein paar Mal und sah mich dann an, sie versuchte zu lächeln, aber ich wusste, dass es ihr schwerfiel. Ich fühlte mich einen Moment lang hilflos, dann fiel mir ein, was ich heute auf dem Nachhauseweg besorgt hatte. Ich rollte mich unelegant vom Bett und kramte in meiner Schultasche.
Dann versteckte ich es hinter meinem Rücken und setzte mich wieder aufs Bett. Harper musterte mich misstrauisch. Ich lächelte stolz und hielt ihr schnell die neue Haribobox hin. „Special Edition mit Lakritz und giftgrünen Fangzähnen. Hab ich im Halloweensale noch ergattert." Harper lachte kopfschüttelnd und nahm die Box an, dann lächelte sie mich ehrlich an: „Danke, dass du immer noch an mich denkst." Ich lachte ironisch: „Natürlich. Warum sollte sich das plötzlich ändern?" Harper sah ein wenig verlegen zu meinem Nachtisch.
Ich hatte neben das Bild von uns, ein Bild mit Noah und mir gestellt. Ich sah sie kopfschüttelnd an: „Harp, du bist mit unglaublich wichtig. Und Noah weiß das übrigens auch. Also bitte, mach dir keine Sorgen, okay? Ich werde deinem verrückten Arsch sogar bis nach New York verfolgen." Harper lächelte: „Meinem verrückten, heißen Arsch." „Deinem verrückten, ultraheißen Arsch." Sie bewarf mich mit einem Haribo und ich schleuderte ihr ein Kissen entgegen. Ich war Noah und mir selber dankbar, dass ich mich heute Abend für Harper entschieden hatte.
Sie war fast mehr meine Schwester als Prim es jemals gewesen war und für eine Minute schwebte der Streit mit meiner Schwester in meinem Kopf umher. Ich hatte seit unserem erhitzten Gespräch nicht mehr mit ihr geredet, aber normalerweise würde sich früher oder später jemand von uns erweichen und die kleine Auseinandersetzung klären. Dieses Mal jedoch hielt sie länger als sonst an. Ich verschob den Gedanken nach hinten und konzentrierte mich darauf, Harpers Anweisungen zu lauschen, während sie mein Make-Up auftrug. Jetzt schien sich ihre Laune ersichtlich gebessert zu haben und ich wollte unseren Abend so richtig genießen.
Als mein Dad später hereinkam und uns überbackene Käsetoasts brachte, fühlte ich mich so erfüllt wie lange nicht mehr. Wir saßen lachend essend auf meinem Bett und schauten uns auf meinem Laptop alte Kinderbilder an. Vollgestopft mit Käse und Dankbarkeit schlief ich halb auf Harpers Schoß schließlich ein.
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"Mach's besser."
RomanceClaire und Noah lernen sich auf simple Art und Weise kennen und verlieben sich ineinander. Die beiden führen ein schönes Leben, Claire als kluge Schülerin und Noah als sportlicher Footballer. Einige Zeit scheint den beiden nichts im Weg zu stehen. D...