Sorgen machten sich in mir breit und ich schlüpfte in meine Jacke und Schuhe. Ich schrieb meinem Dad einen kleinen Zettel, schnappte mir den Autoschlüssel und gab die Adresse in mein Navi ein. Als ich dem Ziel immer näher kam, wusste ich wohin er mich schickte. Wir waren diese Strecke schon so oft gefahren und ich spürte mal wieder diese schmerzhafte Sehnsucht. Ich parkte den Wagen unten am Hügel und sah mich nach seinem Auto um. Es stand nicht da, was mich nur noch mehr verwirrte. Ich lief den Berg hinauf und als ich ihn auf der Bank sitzen sah, fiel mir ein Riesenstein vom Herzen.
Ich näherte mich langsam der Bank und stellte mich neben den Tisch. Er schien mich eine Weile lang nicht zu bemerken und das gab mir kurz Zeit ihn zu mustern. Seine Haare waren lang und wehten im kühlen Abendwind. Er hatte sich mit den Ellenbogen auf die Knie gestützt, die er auf eine Sitzbank gestellt hatte. Er wirkte in Gedanken, da er geradeaus den Horizont anstarrte. Sein Blick war wild und gleichzeitig irgendwie eingesperrt. Meine Brust schmerzte bei seinem Anblick.
Nicht nur weil er so überhaupt nicht wie Noah aussah, sondern auch weil ich ihn sonst nie sah. Ich spürte wie sich alles in mir nach ihm sehnte. Nach seiner Berührung, seinem Lächeln, seiner Stimme. Ich räusperte mich leise und sein Kopf flog zu mir. Und als er mich tatsächlich anlächelte, hatte ich das Gefühl jemand schlug mir ins Gesicht. Es war ein müdes Lächeln, aber es bedeutete mir mehr als alles andere auf der Welt. Ich lächelte zurück. Er streckte seine Hand aus und ich hatte das Gefühl mich in einem zu realen Tagtraum zu befinden. Ich legte meine Hand vorsichtig in seine und er zog mich sanft zu sich auf den Tisch, damit ich neben ihm sitzen konnte. Ich war ihm in letzter Zeit nie so nah gewesen und ich zitterte beinahe vor Angst, dass er meine Hand loslassen könnte. Er tat es nicht.
Er behielt sie in seiner und ich hatte das Bedürfnis meinen Kopf auf seiner Schulter zu platzieren. Seine Stimme klang seit langem nicht bitter oder träge. Sie wirkte sehnsüchtig: „Ich komme oft hier hoch." Ich sah ihn überrascht an und als sein Lachen ertönte, wurde mir flau im Magen. „Schau nicht so überrascht. Es ist mein Lieblingsort." Ich sagte eine Weile nichts und dann fragte ich leise: „Warum nimmst du mich nicht mit?" Er zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht." Er richtete sich auf und fügte hinzu: „In letzter Zeit, weiß ich gar nichts mehr, Claire." Ich hasste das. Er war genauso ahnungslos wie alle in seinem Umfeld. Und ich hasste das so sehr. Ich wollte eine Antwort, ich wollte ein Problem, das ich lösen konnte. Ich wollte irgendetwas.
Ich blieb stumm. Wie er wusste auch ich nichts. Ich wollte nicht daran denken, aber ich fragte mich, ob das seine Art war mir mitzuteilen, dass er sich nicht mehr sicher war, ob er mich überhaupt liebte. Ich fühlte mich elend. Und wunderbar zugleich. Ich hatte heute ein Lächeln, ein Lachen und sogar eine Berührung von ihm geschenkt bekommen. Ich versuchte mich auf die guten Sachen zu konzentrieren. Die passierten leider viel zu selten. Deshalb sollte ich sie unbedingt wertschätzen. Leise Tränen liefen meine Wangen hinunter. Ich wusste, dass ich eigentlich stark sein sollte, aber Noah war immer derjenige bei dem ich meine Mauern herunterlassen konnte. „Ich vermisse dich."
All mein Schmerz und meine Sehnsucht lagen in diesen Worten und ich sah wie sie ihm wehtaten. Er kniff die Augen zusammen und schüttelte leicht den Kopf: „Ich mich auch." Ich biss mir auf die Lippe und versuchte nicht zu weit zu denken. Er drückte meine Hand: „Und dich auch, Claire. Ich vermisse uns. Und es ist schrecklich mir selbst im Weg zu stehen. Aber ich weiß nicht wie ich an mir vorbeikomme." Mein Herz wurde ein wenig leichter. Ich hauchte: „Zeit. Und Geduld." Er lächelte leicht: „Das sagte wohl jeder zu mir. Aber es kommt mit manchmal einfach so vor als würde mir die Zeit davonlaufen. Obwohl ich eigentlich nicht einmal pünktlich sein muss, verstehst du?" Um ehrlich zu sein, verstand ich ihn nicht wirklich. Aber was ich verstand war, dass er sich gehetzt fühlte. Alleine, wartend. Und das war genug für mich, um mir Sorgen um ihn zu machen. „Ich glaube, insgeheim haben wir alle Angst vor der Zeit." Noah nickte leicht: „Ich weiß. Ich weiß auch, dass ich nicht alleine bin. Aber ich will es nicht wissen. Es ist als würde ein Teil in mir sagen, dass ich mich so verhalten muss. So krankhaft ätzend. Es ist so als würde dieser Teil mich immer weiter in die Dunkelheit treiben."
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"Mach's besser."
RomanceClaire und Noah lernen sich auf simple Art und Weise kennen und verlieben sich ineinander. Die beiden führen ein schönes Leben, Claire als kluge Schülerin und Noah als sportlicher Footballer. Einige Zeit scheint den beiden nichts im Weg zu stehen. D...