„Manchmal hab ich dich nicht verdient."

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„Schatz?" Ich schrubbte in meinen Gedanken verloren in der Pfanne herum. „CJ?" Ins Leere starren hatte ich in den letzten zwei Wochen perfektioniert. "Claire?" Ich schrak aus meiner Blase auf und sah ein wenig verdutzt zu meinem Dad, der mich ein wenig besorgt musterte. „'Tschuldige, Dad." Er nickte nur leicht und fuchtelte mit dem Telefon in der Hand umher: „Deine Mom." Ich schloss reuevoll die Augen.

Ich hatte mein Versprechen ganz und gar nicht eingehalten. Ich versprach in letzter Zeit wohl viel zu viel. Ich rubbelte meine Hände an meiner Hose trocken und nahm das Telefon entgegen. „Es tut mir leid, Mom." Ihre Stimme klang schon wieder distanziert: „Ich weiß nicht, was ich noch tun soll, June." Und dann wären wir wohl wieder am Anfang angekommen. Ich seufzte: „Es tut mir wirklich leid. Ich habe momentan so viele Sachen in meinem Kopf." „Eine simple Nachricht hätte gereicht." Ich biss mir auf die Lippe und trottete erschöpft auf mein Zimmer. Ich war todmüde.

Seit einer Woche wartete ich jedes Mal darauf, dass Noah mir eine Nachricht schrieb, wenn er schlafen ging und es kam nicht selten vor, dass diese erst gegen drei oder vier Uhr Nachts ankam. „Ich muss dich was fragen." Sie blieb still und ich empfand das als Einladung. „Was hast du gespürt als du Dad verlassen hast?" Fast hatte ich gedacht, dass sie aufgelegt hatte, weil sie eine Zeit lang nicht antwortet. Dann fing sie an zu reden, zaghaft und vorsichtig: „Ich war wütend. Wütend auf mich selber, weil ich nicht konnte. Und traurig. Claire, ich war so traurig. Es war schrecklich." Ich hatte meine Mom noch nicht einmal weinen sehen. Geschweige denn gehört. Zumindest keine Tränen dieser Art. Sie trauerte.

Ich ließ sie eine Weile weinen. Und dann redete sie weiter: „Manchmal muss man Dinge tun, die anderen wehtun, um sein eigenes Glück zu finden. Und das ist eine schreckliche Gewissheit, aber leider eine sehr wahre." Ich wusste nicht, warum nun auch mir Tränen die Wangen herunterliefen. „ Und wenn ich jemandem wehtue, der schon voller Schmerzen ist?" Sie war eine Weile still, dann sagte sie: „Tust du demjenigen einen Gefallen, wenn du voller Schmerz und Last an seiner Seite bleibst?" Mein ganzer Körper bebte, weil ich meine Schluchzer unterdrückte. „Ich glaube, ich mache es schlimmer, wenn ich nicht an seiner Seite bleibe." „Es ist deine Entscheidung, Claire. Das kann dir niemand wegnehmen. Nicht einmal er." Ich nickte weinend.

Und in einem Moment wünschte ich mir, dass sie hier wäre. Ich richtete mich auf und sagte heißer: „Mom, ich weiß nicht, wann ich hier wegkann. Ich brauche noch Zeit." Sie klang beinahe liebevoll: „Das ist okay, Schatz. Gib mir Bescheid. Ich warte auf dich." Es tat weh, das zu hören. Ich hatte so lange auf sie gewartet. Und da verstand ich. Das war genau das was sie gerade tat. Sie wartete auf mich. Und ich würde sie nicht enttäuschen.

Wir legten auf und ich blieb ein paar Minuten auf dem Bett sitzen. Ich ließ das Gespräch in meinem Kopf ablaufen. Die Tatsache, dass ich daran gedacht hatte, mit Noah Schluss zu machen, verletzte mich so sehr, dass ich sofort wusste, dass ich es nicht tun könnte. Aber es war verdammt schwer momentan. Ich öffnete den Chat mit Noah und las mir meine ungelesenen Nachrichten durch. Es waren schon wieder mehrere Tage vergangen ohne dass er mich angerufen, mir geschrieben oder Bescheid gegeben hatte, was mit ihm los war.

Jeder meiner Tage war mit Zweifeln versehen. Hatte ich etwas falsch gemacht? War ich nicht da gewesen?" Ich spürte wie der psychische Stress langsam leider auch physisch zum Vorschein trat. Ich schlief kaum noch und Essen fiel mir schwerer als sonst, teilweise weil ich einfach keine Zeit dafür fand. Ich hatte oft Kopfschmerzen und teilweise wurde mir schwarz vor den Augen, wenn ich mich zu sehr anstrengte.

Ich fühlte mich wie eine leere Hülle, die sich roboterhaft von der einen Stelle zu anderen Stelle trug. Und doch wusste ich, dass ich nicht aufhören konnte zu kämpfen. Noah brauchte mich und ich brauchte ihn genauso. Ich schnappte mir meine Jacke und machte mich auf dem Weg zu ihm.

"Mach's besser."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt