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"Magst du es mir erzählen?"

Vorsichtig rückte ich ein Stück näher an ihn heran und versuchte einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Doch er drehte sich nur weiter weg,was mir ein deutliches Signal gab.

Ich lehnte mich wieder zurück um ihm den Freiraum zu geben den er anscheinend brauchte.

"Ich halte das alles nicht mehr aus Yoongi."

Seine Stimme klang ziemlich gefasst,dafür,dass ich deutlich erkennen konnte das eine Träne sich ihren Weg über seine Wange hinunter bahnte und auf sein Knie tropfte.

"Dann tu das was du tun musst." Sagte ich fest entschlossen.

"Du brauchst die Maske nicht,Jimin."

Sein Bein wippte auf und ab,als wenn er nervös wäre. Doch dann blickte er mich mit leicht geröteten Augen und feuchten Wangen an. Seine Unterlippe zitterte leicht.

"Das sagst du vielleicht. Aber was ist mit den anderen?"

"Scheiß auf die!" Ich streckte meine Hand aus und legte sie auf seinen Oberschenkel.

"Sei du selbst."

"Das ist nicht so einfach Yoongi." Er stöhnte und eine Falte bildete sich auf seiner Stirn.

"GLaub mir.. Das weiß ich."

Kurz brach ich den Blickkontakt ab und starrte an die Backstein Mauer Rechts von mir.

Ich hatte gut reden. Gab selber kluge Ratschläge,doch war selbst kein deut besser im Leben.

"Ich wusste das du auch eine Maske trägst,weißt du."

Das sagte Jimin bereits zu mir. Beziehungsweise hat er mich gefragt,doch ich habe alles abgestritten. Er hat keine Lügen verdient. Das schlimme ist,dass ich mich mit dazu belogen habe und es noch nicht mals richtig gemerkt hatte.

"Ich denke jeder hat irgendwo eine Fassade. Die Frage ist nur was man daraus macht."

Ich erntete ein stummes und nachdenkliches Nicken seinerseits.

"Wo wir wieder beim Punkt angelangt wären.."

Ich stockte kurz.

"Also: was willst du tun?"

Jimin biss sich auf die Lippe.

"Ich- Ich will das es endlich aufhört. Ich kann das alles nicht stemmen. Der Druck auf meinen Schultern droht mich zusammenbrechen zu lassen und ich habe das Gefühl ich werde immer Kränker von meinen Gedankengängen. Ich muss einen Schlussstrich ziehen. Mir war klar das dieser Tag irgendwann in meinem Leben kommen würde,aber ich habe überhaupt nicht damit gerechnet das er so früh kommen würde. Nicht hier. Nicht jetzt."

Gespannt lauschte ich seinen ehrlichen Worten und innerlich war ich so dankbar das er das was ihn so sehr bedrückte tatsächlich aussprach und mit mir teilte,anstatt es weiter in sich hinein zu fressen. Aber ich konnte dennoch nicht ignorieren, wie grausam das alles eigentlich war.

"Was ist so schlimm am hier und jetzt?"

"Was so schlimm ist?"

Er fragte mich es als wenn die Frage schon beantwortet wäre.

"Die Schule ist ein grauenvoller Ort. Die Menschen sind zu 99,9% Hochnäsig und sowas von Oberflächlich. Niemand interessiert sich wirklich für jemanden. Man ist nur sich selber der nächste. Sie sind am Lästern und beurteilen ohne Grund und merken überhaupt gar nicht,was sie dem betroffenen Menschen damit antuen.Die Lehrer scheren sich einen Dreck um einen und selbst wenn man droht von dem Stoff mit den sie einen zuballern zu ertrinken geben sie einen nur dumme Ratschläge,das es ja an einem selber liegen würde. Das man nicht genug lernen würde und sich zu sehr mit anderen unnützen Dingen auseinander setzten würde. All das nur um später in Zahlen bewertet zu werden,einen Abschluss zu haben und in dieses Scheiß System rein passen zu müssen. Nur um zu funktionieren. Tja, aber ich funktioniere nun mal nicht mehr so richtig wie früher. Ich bin doch kein Roboter und dennoch werde ich so behandelt. Ich bin das alles einfach Leid. Die Menschen die man in sein Leben lässt, einen verletzen,missbrauchen und als dank nochmal oben drauf im Stich lassen. Ich bereue so viele Dinge in meinem Leben. Zu viele. Ich stelle einfach gerade alles in Frage. Lohnt es sich für mich weiter zu machen?"

Ein Kloß hatte sich während Jimins Monolog in meinem Hals gebildet und egal wie oft ich auch versuchte ihn hinunter zu schlucken er blieb dort wo er war und machte mir das atmen schwer.

Das erschreckende war,dass ich dachte ich wäre alleine.

Alleine mit den Gedanken die Jimin gerade ausgesprochen hatte.

Alleine mit den Ansichten als auch den Gefühlen die ihn umgaben.

Noch nie hatte ich mich so verstanden von einer Person gefühlt und noch nie habe ich auch nur ansatzweise gedacht jemand könnte so ticken wie ich.

Der einzige unterschied war,dass ich nicht Jimin war. Mein Leben war ganz anders als seines.

unscheinbar.

und ich hatte mich so weit es ging im Griff.

Ich bemerkte das ich eine bedrohlich lange Zeit geschwiegen hatte und Jimin mich nur monoton anstarrte und schwer atmete.

Mir blieb die Spucke weg und mein Mund fühlte sich auf einmal ganz trocken an.

Gott. Wieso fiel mir das Reden manchmal so schwer?

Meine Hand,die immer noch auf seinem Bein ruhte kam mir auf ein Mal so schrecklich fehl am Platz vor,doch ich war so gebahnt von seinen Worten und seinen vollen Lippen gewesen,dass ich sie nicht weggezogen hatte.

Langsam löste sich meine Handinnenfläche von dem Stoff seiner Hose. Augenblicklich wurde ich am Handgelenk gepackt. Schraubstock Artig wickelten sich Jimins Finger um mein Gelenk und ich sah erschrocken und auch etwas ängstlich aufgrund seiner enormen Kraft zu ihm auf. Sein starker Blick traf meinen und es war ein Wunder,dass ich den Blickkontakt standhielt.

Er verzog sein Gesicht weinerlich ehe er so leise flüsterte,dass ich Schwierigkeiten hatte die Worte die aus seinem Mund kamen zu verstehen.

"Bitte geh' nicht. Nicht jetzt. Lass mich nicht allein!"

Die Verzweiflung war so deutlich wie noch nie zu hören und ein weiterer Schuss an Psychischen Schmerz durchfuhr meinen Körper.

Allein der Gedanke daran,dass er wirklich gedacht hatte ich würde ihn jetzt nach all dem alleine lassen...

Immer noch hatte er mich fest im Griff. Ohne zu zögern nahm ich meine andere Hand und legte sie auf seine,die Augenblicklich den Griff lockerte. Vorsichtig fuhr ich mit meinem Daumen über seine Knöchel und der Moment fühlte sich so intensiv für mich an,dass ich glaubte die Fasern seiner Haut spüren zu können.

"Ich muss dich leider enttäuschen Jimin,denn mich wirst du definitiv nicht mehr los."

ⓕake ⓟersonality.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt