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~Samiras POV.~

„Was?" fragte Saiko mich verwirrt, doch ich zeigte nur mit meinem Zeigefinger geradeaus auf das Dorf. Man sah viele Häuser aus deren Schornsteinen Rauchschwaden aufstiegen. Saikos Blick wanderte nach vorne und er stieß ein Oh aus. „Wir sollten dort nach Hilfe und einem Unterschlupf fragen." meinte ich und lief zielstrebig auf das Dorf zu. „Warte Sami! Vielleicht sollten wir dort nicht nach Hilfe suchen. Weißt du noch was Zarania über die Icer sagte? Sie sagte, dass die Icer uns nicht gerade mit offenen Armen empfangen werden. Deswegen bezweifle ich, dass sie uns helfen werden, geschweige denn, dass sie uns einen Unterschlupf anbieten!" versuchte Saiko mich umzustimmen. Mir entschlüpfte ein sarkastisches Lachen. „Seit wann merkst du dir etwas was Zarania sagt? Weißt du Saiko, Menschen und die hier lebenden Wesen, egal ob Fee, Wolf, Tairen oder sonst irgendetwas, weißt du wie sie geboren werden? Unschuldig! Sie kommen unschuldig und so weiß wie eine weiße Blume auf die Welt! Als Babys und Kinder ist für sie jeder gleich, sie kennen die Begriffe gut und böse nicht! Sie unterscheiden die Menschen nicht nach ihrer Herkunft! Niemand ist von Grund auf böse, man wird so nicht geboren, man wird zu demjenigen gemacht, der man ist! Vielleicht ist es so, dass viele Icer uns nicht mögen. Aber das gilt nicht für alle! Ich bin mir sicher, dass wir in diesem Dorf jemanden finden werden der uns hilft, einen Unterschlupf bietet und das alles ohne Vorurteile! Du kannst mich nicht davon abbringen es wenigstens zu versuchen!" fuhr ich ihn an. Ich hatte mich im Eifer des Gefechts schwungvoll zu ihm umgedreht und mit meinen Händen gefuchtelt. Mein Blick war herausfordernd auf seine Augen gerichtet. Seine lavendelfarbenen Augen blickten stur zurück. Man sah die Entschlossenheit und Härte in ihnen, aber je länger wir uns dieses Blickduell lieferten, desto weicher wurden sie als er nachgab und anschließend wenig überzeugt zustimmend nickte. Triumphierend grinste ich und drehte mich wieder zum Dorf, auf welches ich auch direkt wieder zulief. „Das wird eine Katastrophe werden!" murmelte Saiko gerade noch so laut, dass ich es hören konnte. Ich ignorierte diesen Satz von ihm.

Als wir durch das Dorf liefen schauten uns die Zwerge, den größten, den ich bis jetzt gesehen hatte war ungefähr 1.30m groß, argwöhnisch und distanziert an. „Ich habe es dir ja gesagt!" raunte Saiko mir leise ins Ohr. Genervt brummte ich ihn an, dass er mir ja nicht mit der Nummer kommen sollte. „Wie stellst du es dir jetzt vor Elly, Dajun und Saphira zu finden?" fragte mich Saiko flüsternd. „Ehrliche Antwort? Ich habe keinen blassen Schimmer!" antwortete ich ihm ebenfalls leise und stapfte weiter. Ich war in Gedanken versunken als plötzlich etwas gegen mich prallte. Verwirrt schaute ich nach unten und sah einen kleinen Jungen vor mir auf dem Boden sitzen. „Entschuldige Kleiner, ich habe dich nicht gesehen!" entschuldigte ich mich direkt bei dem kleinen Jungen, der verwirrt vor mir im Schnee saß und verschreckt zu mir hochschaute. Ich ging vor ihm in die Hocke und stellte mich vor: „Ich bin Samira und du?" Der kleine Junge begann direkt zu strahlen und antwortete mir: „Ich bin Gelvin!" Gelvin war vielleicht vier oder fünf Jahre alt. Er strahlte mich mit solch einer Freude und ohne Vorurteile an, dass ich ebenfalls lächeln musste. Er war das beste Beispiel für das, was ich vorher zu Saiko sagte. „Gelvin! Es gibt Essen! Huch, du hast ja Neulinge gefunden. Kommt doch mit rein! Mackenzie freut sich bestimmt, wenn sie euch bewirten darf! Ich bin Benno!" kam ein großer Zwerg aus einem Haus. Er schien Gelvins Vater zu sein. Lächelnd stand ich auf und half Gelvin ebenfalls auf. Dann beugte ich mich zu Saiko und flüsterte wie er zuvor: „Ich habe es dir ja gesagt!" Saiko schaute mich an und schnitt mir eine Grimasse. Grinsend lief ich zu Benno, der uns freundlich empfing. Lächelnd stellte ich mich vor. „Schön endlich mal wieder neue Gesichter zu sehen!" strahlte Benno. Freundlich öffnete er die Haustür einladend. Saiko und ich traten ein und wurden direkt von Wärme und Essensgeruch empfangen. Eine kleine rundlichere Frau, in einem Topf über dem Feuer rührte, drehte sich zu uns und weitete ihre Augen. „Gäste! Oh, wie schön! Ihr kommt direkt zum Essen! Oh, wo bleiben denn meine Manieren? Ich bin Mackenzie. Stina! Leg das Buch weg und komm runter! Wir haben Gäste und das Essen ist fertig!" stellte sich die Frau mit den kirschroten Haaren vor. Von oben war eine genervte Antwort zu hören und dann Schritte auf einer Treppe. Ein bildhübsches Mädchen mit ebenfalls kirschroten Haaren kam in den Wohnbereich. Ich schätzte sie auf 15 oder 16 Jahre. „Lass mich raten, der Tollpatsch Gelvin hat mal wieder Leute umgerannt!" begrüßte uns Stina genervt. Gelvin schaute peinlich berührt auf den Boden und rückte ein Stück weiter hinter Saiko, der neben ihm stand. „Stina richtig? Im Schnee zu rennen ist gar nicht so einfach! Wir hatten schon unsere Probleme damit normal hier zu laufen. Dein Bruder ist noch sehr jung, da ist es völlig normal im Eifer des Gefechts etwas zu übersehen. Gelvin kann am allerwenigstens etwas dafür, dass er in uns hineingerannt ist! Wenn Kinder fangen spielen, blenden sie ihre Umgebung vollkommen aus. Ich bin mir sicher, dass du als Kind ebenfalls beim Rennen in andere Leute hineingerannt bist. Ich glaube, du solltest dich bei deinem Bruder entschuldigen!" wies ich sie zurecht. Stinas Augen wuchsen zu Tischtennisbällen, die drohten aus den Augenhöhle zu fallen und ihr Mund stand offen. Sie blinzelte ein paar Mal bevor sie sich grummelnd bei Gelvin entschuldigte und sich mit ihrer Suppenschüssel an den Tisch setzte. Als auch Saiko und ich am Tisch saßen und die leckere warme Suppe in uns schaufelten kletterte Gelvin auf meinen Schoß. Er beugte sich zu meinem Ohr und flüsterte ein einziges Wort. Ein wirklich dankbares Danke! Ich freute mich darüber dem kleinen Gelvin geholfen zu haben. „Also ihr zwei, was führt euch in unser bescheidenes Eisland?" fragte Mackenzie freundlich. Saiko antwortete ihr mit einem leichten Lächeln: „Wir jagen einer Legende nach. Als wir hier ankamen hat uns ein Schneesturm von unseren Drachen und Freundin getrennt. Wir müssen erst Elly und unsere Drachen finden. Danach finden wir die Legende und aller Lösung im höchsten Berg der Eisheilgen." „Wenn ihr Drachen habt, dann spürt ihr sie doch!" kam es verwirrt von Gelvin auf meinem Schoß. Leise kicherte ich in mich hinein und antwortete: „Normalerweise spüren wir unsere Drachen, da hast du recht. Aber wir sind von unseren Drachen gefallen als der Schneesturm begann und seitdem spüren wir unsere Drachen nicht mehr. Wir machen uns wirklich große Sorgen, da das noch nie passiert ist." Mackenzie nickte verstehend und überlegte kurz. „Ich hatte heute Morgen eine Erschütterung, die von der Erde ausging, gespürt. Ich vermute, dass ihr das wart. Zwei große Erschütterungen waren nördlich von unserem Dorf, allerdings waren sie nicht gerade sehr nah. Allerdings weiß ich auch nicht, wo eure Freundin gelandet ist." erzählte sie uns. Das hieß wohl, dass unsere Drachen über eine große Fläche verstreut waren und Elly immer noch unauffindbar war. „Könntest du uns helfen unsere Drachen zu finden? Wenn wir die beiden haben, haben sie vielleicht eine Idee, wo Elly sein könnte." lächelte Saiko Mackenzie an.

Saiko hatte zwar Recht, dass unsere Drachen vielleicht etwas wussten, das beruhigte mich aber nicht im Geringsten. Meine Sorgen waren einfach viel zu groß. Lebten unsere Drachen noch? Lebte Elly noch? Waren sie verletzt? Wenn ja, wie schwer? Waren sie von Unmengen an Schnee begraben? Fanden wir sie überhaupt? Wo bringen wir sie dann unter? Wenn sie verletzt sind, wer behandelt die Verletzungen dann? Ich war einfach unglaublich besorgt! Ich hing nun mal an ihnen!

Als ich wieder aus meinen sorgenvollen Gedanken auftauchte, sah ich Mackenzie gerade nicken und sagen: „Ich werde euch definitiv helfen. Ich kann euch zu ihnen führen. Ohne mich wärt ihr bestimmt aufgeschmissen! Aber wir werden erst morgen früh aufbrechen, heute finden wir sie nicht mehr. Ihr könnt solange bei uns bleiben, wie ihr wollt!" Gelvin klatschte erfreut in die Hände. Er saß übrigens immer noch auf meinem Schoß und machte auch keine Anstalten von ihm runterzugehen. Gelvin war bis jetzt durchgehend fröhlich und sorgte sich um nichts. Kind müsste man wieder sein! „Dann bleibt ihr also hier? Oh, wie toll!" freute sich Gelvin direkt. Leicht lächelnd schaute ich ihm dabei zu, wie er von meinem Schoß kletterte und durch den gesamten Wohnraum hüpfte. Kurz blieb er stehen und fixierte etwas auf dem Boden neben meinem Stuhl. Direkt rannte er hin und nahm es mit großen Kinderaugen in die Hand. Jetzt sah ich auch, was er dort auf dem Boden liegen gesehen hatte. Es war Dads Taschenuhr, die mir wohl aus der Hosentasche gerutscht ist als er von meinem Schoß kletterte. Lächelnd beugte ich mich zu ihm runter und erklärte sie ihm: „Das ist eine Taschenuhr. Sie gehört meinem Vater:" Als ich ihm das sagte, klappte ich die Uhr auf und erklärte ihm dann, wie eine Uhr funktionierte. Dann gab ich sie ihm mit zum Spielen. Meine einzige Bedingung war nur, dass er vorsichtig mit ihr sein sollte. Mit großen Augen nickte er und lief strahlend weg. Lächelnd schaute ich ihm hinterher. Dann drehte ich mich wieder zu Mackenzie und unterhielt mich mit ihr. „Mutig mutig!" murmelte mir Saiko, der rechts von mir saß, zu. Mit einem Grinsen wehrte ich ab und sagte: „Ihm gefiel die Uhr so sehr. Ich denke nicht, dass da was passiert." Plötzlich kam Gelvin wieder und hielt die Uhr in der Hand. Sie sah aber anders aus als zuvor. Sie war nun viel größer, breiter und prunkvoller. Mit großen Augen schaute ich fragend von der Uhr zu Gelvin. „Ich habe mit ihr im Schnee gespielt und plötzlich hat sie sich verändert!" sagte Gelvin den Tränen nahe. „Das ist vorher noch nie passiert!" sagte nun Saiko geschockt. Mit einem Nicken stimmte ich ihm zu und betrachtete die Uhr genauer. „Ich habe diese Uhr schon mal gesehen! Ich habe mal von ihr gelesen!" meldete sich Stina plötzlich zu Wort. Überrumpelt schaute ich von der Uhr zu Stina und schluckte.

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