Meine allererste Präsentation war in der Grundschule über Fliegen.
Ich weiß noch ganz genau, wie ich in der 3. Klasse das Thema gezogen und fast einen Heulkrampf bekommen hatte, da ich nicht die Biene oder den Schmetterling bekommen hatte – sogar mit der Libelle wäre ich zufrieden gewesen!
Auch wenn ich das Thema gehasst hatte, hatte ich mir Mühe gegeben, das schönste Plakat aus der ganzen Klasse zu gestalten. Ich hatte fast mein ganzes Taschengeld für neue Stifte verbraucht und die ganze Zeit heimlich buntes Papier aus Charlys Zimmer gemopst. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie oft ich mich am Papier geschnitten und die Bastelschere bei diesem Plakat kaputt gemacht hatte, um anschließend stolz auf meine Arbeit sein zu können.
Aber egal wie schön mein Plakat war und wie selbstbewusst ich es herzeigen konnte, nichts auf der Welt hätte mir dieses ekelhafte Gefühl nehmen können, als ich am Tag meiner Präsentation vor meiner Klasse gestanden hatte. Aus meinem Stolz wurde Verunsicherung, und ich wäre am liebsten aus dem Klassenzimmer gerannt, als mich meine Mitschüler angestarrt hatten.
Unsere Projektpräsentation erinnerte mich schmerzlich an diesen Moment.
Nach Jahren der Praxis und Übung konnte ich damit umgehen vor einem kleinen Publikum frei aus der Hand zu präsentieren. Doch vor dem Vorstand der Stadtverwaltung, unserer Konkurrenz und der CEO höchstpersönlich unser hart erarbeitetes Konzept vorzustellen, war dezent zu viel für mich.
Erst jetzt wurde mir der Druck bewusst, den Jesper schon den ganzen Tag gespürt haben musste.
Ich saß vorne in der ersten Reihe mit den jeweiligen Vertretern der anderen Agenturen, die wie ich ihre Konzepte vorstellen würden. Meine Hände klammerte sich fest um den USB-Stick, auf dem Jespers Folien abgespeichert waren, während ich mehr als nur gerade und angespannt auf meinem Stuhl saß. Vorsichtig schaute ich durch meine Reihe und erkannte in keinem meiner Konkurrenten diese selbe Nervosität.
Tief durchatmend versuchte ich mich zu beruhigen und den schnellen und dröhnenden Herzschlag in meinen Ohren zu ignorieren. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und wandte mich um, um einen Blick auf Charly oder David zu erhaschen – vergeblich.
Seufzend biss ich mir auf die Lippe und ging gedanklich die Präsentation durch. Ich wusste nur ungefähr, was mich erwartete und würde größtenteils improvisieren müssen. Zumindest würde ich die Folien auf dem Laptop neben mir sehen und würde nicht dazu verleitet werden, ständig hinter mich auf die Leinwand zu sehen.
Die Ansprache des Vorstandes bekam ich nur sehr vage mit; ich war viel mehr damit beschäftigt meine Augen fest zusammen zu kneifen und mir einen guten Einstieg zu überlegen. Anschließend sollte unsere Agentur diesen Präsentationsnachmittag einleiten.
Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung wie ich es nach vorne schaffte, ohne dass meine Beine unter mir wegsackten. Das Blut rauschte in Lichtgeschwindigkeit durch meine Adern, mir war heiß und wenn ich mich nicht konzentrieren würde, würde ich vermutlich zu hyperventilieren anfangen.
Alles in allem hatte ich das schlimmste Lampenfieber, das man sich hätte vorstellen können. Und das in meinem Beruf!
Meine Finger zitterten als ich den USB-Stick an den Laptop der Verwaltung anschloss, der rechts von der Leinwand auf einem hohen Sockel aufgebaut war. Warum um Himmels Willen musste der Vorstand darauf bestehen, dass jeder seine Präsentation mit einem Stick brachte? Heutzutage gab es Server, auf denen genügend Speicherplatz vorhanden waren, aber wahrscheinlich wollten sie lediglich „ganz genau" mit den Daten sein und niemandem eine Chance für Betrug offen lassen.
Als ich endlich die Folien geöffnet hatte und diese auch auf der Leinwand zu sehen waren, nahm ich mit der einen Hand den Pointer und mit der anderen das Mikro. Ich hasste es meine Stimme selbst zu hören, aber wenn der Saal so voll war, bestand man darauf ein Mikro zu verwenden.
DU LIEST GERADE
Until Five
ChickLitEine Grafikerin in einer erfolgreichen Werbeagentur zu sein, hat so seine Tücken. Stress steht an der Tagesordnung und viel Zeit für Freizeit bleibt hierbei leider nicht, aber das ist Chloe egal! Sie liebt ihren Job über alles, obwohl sie das vor la...