Obwohl Fast Food vermutlich mehr als nur ungesund war, hatte es uns geschmeckt. Jesper hatte sich im Anschluss sogar noch einen Donut bestellt, welchen er mir nach der Hälfte überließ und ich nun komplett verputzt hatte.
Meinem wunderbaren Chef war derweil warm geworden und hatte sein Jackett nicht nur geöffnet, sondern gänzlich ausgezogen. Seine gebräunten Oberarme standen im Kontrast zu seinem weißen Shirt, das ihm wie angegossen passte und gleichmäßig in seine Anzughose gesteckt war.
Das dämliche Grinsen, das sich dank meiner Blicke auf seinen Lippen gebildet hatte, ignorierte ich einfach und nahm viel lieber seine Hand und zog ihn zu seinem Wagen.
Zusammen fuhren wir wieder zurück zur Agentur und unterhielten uns über belanglose Sachen, bis sich das Gesprächsthema unserem Projekt zuwandte.
„Hast du die Präsentation für nächste Woche schon vorbereitet?", fragte ich ihn neugierig, erntete jedoch zuerst nur ein Seufzen.
Jesper fuhr sich mit einer Hand durch seine gekämmten Haare und fügte schließlich hinzu: „Nicht wirklich. Mir fehlen noch einige fertige Verbesserungen der Ausarbeitungen, bevor ich mich auf darauf stürzen kann. Und obwohl ich schon so lange im Geschäft bin, macht mich der leiseste Gedanke daran nervös."
„Versteh ich, immerhin ist es wahrscheinlich der wichtigste Auftrag für Avens and Arts seit langem", meinte ich nickend und lächelte ihn von der Seite an. „Aber du wirst das perfekt meistern, Jesper. Ich hab einige von deinen Projektpräsentationen gesehen und bei deiner Art, wie du Gestaltungen an die Kunden verkaufst, weiß ich, dass die Jury dir danach aus der Hand fressen wird."
Schnaubend lachte er auf und verdrehte deutlich die Augen. „Danke, Chloe."
Schließlich fuhr Jesper einige Blocks vor unserer Arbeit rechts ran. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen, ehe er mich zerknirscht anlachte. „Dachte mir, dir wäre es lieber, wenn wir nicht gemeinsam im Parkhaus aussteigen."
Im nächsten Moment hätte ich ihn einfach knutschen können – naja, viel mehr tat ich es tatsächlich. Während meine Hände über seinen Bartschatten fuhren, tanzten meine Lippen in einem gleichmäßigen Rhythmus mit seinen, jedoch konnte ich die Anspannung seines Schmunzelns deutlich spüren.
Mit dem gleichen Lächeln zog ich mich zurück und blickte in seine hellblauen Augen, die mich wie der schönste Sommertag ansahen, als mir gleichzeitig bewusst wurde, dass ich eigentlich keine Ahnung hatte, was genau das zwischen uns nun war.
Wir hatten uns geküsst, okay.
Aber das musste nichts heißen. Immerhin waren wir erwachsen und ein Kuss bedeutete nicht gleich ein „Happy-Ever-After", sondern konnte auch nur körperlich Anziehung heißen.
Konnte ich Letzteres Jesper zutrauen?
Ehrlich gesagt nicht wirklich.
Ich für meinen Teil konnte sagen, dass ich seine Nähe genoss, genauso unsere Gespräche und vor allem herauszufinden, welche Facetten mein Chef hinter seiner kühlen Maske noch versteckt hatte.
Fürs Erste beließ ich diese Überlegungen mit einem leichten Kopfschütteln – darüber konnte ich mir später noch den Kopf zerbrechen.
„Du bist ein Schatz", bedankte ich mich bei Jesper für seinen rücksichtsvolles Vorschlag getrennt zur Arbeit zu gehen.
Er umschlang mit einer Hand meine Rechte, die immer noch auf seiner Wange lag und drückte sie etwas mehr an sich. Wir waren uns so nah, dass er seine Stirn an meine lehnen konnte.
„Chloe, du solltest dich aber vielleicht beeilen, bevor dein Chef noch bemerkt, dass du zu spät bist", witzelte er und löste sich dann von mir.
Augenrollend erlöste ich mich endlich vom Gurt – der mir in dieser Position schon längst unangenehm in die Schulter geschnitten hatte – und stieg aus dem Audi aus. Von außen sah ich zu wie Jesper den Blinker setzte und schließlich die Straße entlang in Richtung Avens and Arts fuhr.
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Until Five
Chick-LitEine Grafikerin in einer erfolgreichen Werbeagentur zu sein, hat so seine Tücken. Stress steht an der Tagesordnung und viel Zeit für Freizeit bleibt hierbei leider nicht, aber das ist Chloe egal! Sie liebt ihren Job über alles, obwohl sie das vor la...