XXVIII. Blöde Kopierer und Indisches Essen ✔️

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Grinsend ließ ich mich auf meinem Schreibtisch nieder. Steve gönnte sich vermutlich noch eine kurze Pause, ehe er in den Tag startete, weshalb ich ungeniert Mr. Avens Post-it vom Deckblatt auf den unteren Rand meines Standcomputers kleben konnte und nicht gleich mit Fragen bombardiert wurde. Bereits daneben befand sich der Smiley, den ich am Freitag bekommen hatte. Auch wenn es nur eine kleine Geste war, freute sie mich so sehr.

Für einen Moment bewunderte ich, wie geschwungen und gleichmäßig seine Handschrift war, als ich mich dann kopfschüttelnd zusammenriss. Lieber sollte ich die Kopien machen und sie ihm bringen – mit meiner kleinen Antwort.

Somit spazierte ich zum Kopierraum, wartete einige Zeit bis zwei meiner Kollegen ihre Sachen ausgedruckt hatten und legte schließlich die Dokumente auf den Scanner.

Was ich ihm wohl antworten sollte? Natürlich würde ich wieder Überstunden machen, keine Frage. Aber was wollte er mit dem Wissen bezwecken? Machte er sich vielleicht Sorgen? Immerhin war das letzte Mal als ich pünktlich Schluss gemacht hatte bestimmt schon ein Monat her. Wenn ich mich recht erinnerte, war es sogar der Abend, als wir unsere Verabredung hatten.

Der Drucker meldete sich wieder mit einem schrillen Piepen zu Wort und schreckte mich aus meinen Gedanken. Verwundert schaute ich auf das kleine Display und erkannte schnell die Meldung, dass kein DIN A4 Papier mehr vorhanden war. Eilig prüfte ich diese Tatsache auf ihre Richtigkeit und öffnete das Papierfach am Drucker – leer.

Natürlich passierte das genau dann, wenn ich etwas kopieren musste. Das war eine meiner geheimen magischen Kräfte.

Ich ging zu dem hohen Spind im hinteren Bereich des Raums, in dem wir das Papier sowie Druckpatronen lagerten und nahm mir ein Päckchen A4 zur Hand. Den frischen Stapel legte ich sorgfältig in sein Fach und schloss es. Jedoch nahm der Drucker das neue Kopierpapier nicht an.

Grummelnd öffnete ich die Lade und machte sie mit Schwung wieder zu – wieder nichts. Die Prozedur wiederholte sich einige Zeit, während ich ebenso oft den Papierstapel darin etliche Male neu hineinlegte.

„So ein Mistding!", murmelte ich bitter. „Ich hasse diesen Drucker."

„Oje, das arme Gerät", hörte ich plötzlich jemanden hinter mir von der Tür sagen.

Erschrocken drehte ich mich um und entdeckte Mr. Avens im Türrahmen lehnen. Die Hände hatte er in die Taschen seiner Anzughose verstaut und die Schultern sichtlich gelockert. Lächeln tat er zwar nicht, aber ich konnte den Schalk in seinen Augen praktisch fühlen.

„Es tut mir leid, dass es so lange dauert, ich..." Wortlos zeigte ich auf den Kopierer und dachte mir den nächsten Teil einfach dazu. Das Dilemma ist sichtbar, da brauchte ich es mir selbst nicht noch weiter unter die Nase zu reiben. „Wie lange stehen Sie schon da?", wollte ich schließlich wissen.

„So lange, dass ich vermutlich einen neuen Drucker bestellen muss." Mit einem Seufzend kam er auf mich zu und schob mich leicht zur Seite. Dann öffnete er geübt das Papierfach, richtete den Papierstapel mit einem Fall auf die untere Kante und legte es zurück. So hatte ich es bereits gefühlt hunderte Male gemacht – nur mit dem Unterschied, dass das Mistding seine Arbeit plötzlich wieder aufnahm.

„Okay, ich korrigiere", dachte ich laut. „Der Drucker hasst mich."

Mr. Avens schnaubte nur belustigt und sammelte die nun fertiggedruckten Blätter ein, während ich ihm einige Büroklammern aus einem kleinen Schächtelchen, das auf der Fensterbank stand, zum Zusammenheften gab. Meine Schulter berührte sachte seine und auch wenn ich mich wahrscheinlich wegbewegen sollte, blieb ich stehen.

Ich biss mir auf die Unterlippe, als ich von der Seite zu ihm hochsah – in flachen Schuhen war ich tatsächlich fast einen Kopf kleiner und ich wusste nicht ganz, ob mir das gefiel – und beschloss, ihm hier auf die Post-it-Frage zu antworten.

Until FiveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt