Chapter Thirty-three

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Dalia Sanderson

»❃«

Verzehrend

Ich kann mich nur noch schwer an den ersten, winzigen Kuss mit Lionel erinnern, den ich ihm auf der Party aufgedrückt habe. Er war kurz und eher sachlich. Unbedeutend, wobei ich ihm da bereits so viel Bedeutung zuschrieb und dachte ich hätte damit alles verändert, aber ... aber er war ein Nichts. Er war wie eine Umarmung, denn ... denn dieser hier ... Das was Lionel mich jetzt fühlen lässt, so wie er mich hält, wie seine Lippen noch für einen winzigen Moment bewegungslos auf den meinen liegen, lässt mich bereits mit voller Inbrunst an sein Hemd hängen. Meine Finger darin vergraben und mich dieses Gefühl einspeichern lassen, damit ich es wirklich nie wieder vergesse.

Ich glaube ich bin taub, blind und gefühllos, ich würde auf einem anderen Planeten sein, auf dem die Zeit aufgehört hat zu existieren und auf dem die Gefühle so anders sind. Denn da sind nur noch wir und diese Empfindungen, angefangen von meinem kleinen Zeh, bis hin zu meiner letzten Haarspitze. Das alles ist nicht von dieser Welt. Es kann nicht von dieser Welt sein.

Nicht als Lionel mein Gesicht mit seinen beiden Händen umfasst, mich so winzig und zerbrechlich fühlen lässt, aber auch so unfassbar sicher und lebendig, dass sich ein Schauder nach dem anderen über meinen Körper ausbreitet. Nicht als Lionels Körper mich wieder fester an die Wand presst. Nicht als er beginnt seine Lippen auf den meinen zu bewegen, als er mir zeigt was ich tun muss und ich mich instinktiv dieser Berührung hingebe. Schmelze. Erzittere und Erbebe. Meine Augen verschlossen, mein Atem anhaltend und mich ihm vollkommen hingebend, als hätte ich nie etwas anderes getan. Es ist alles vergessen, da sind nur noch wir und der erste Sonnenstrahl der auf uns fällt und meine Haut erwärmt. Seine Haut erwärmt. Uns.

Und ich fange erst all das auf, als sich seine Lippen von den meinen lösen, ich aber das Kribbeln darin derartig fest spüre, dass selbst mein Lächeln wie verzerrt wirkt. Aber ich sehe es in Lios Augen und genau das lässt mich nur noch breiter Lächeln, nur noch mehr vergessen und noch mehr genießen. Meine Hand schiebt sich in seinen Nacken, süchtig nach dem Gefühl und den Geschmack seiner Lippen. Es wirkt so einfach als sie wieder aufeinander prallen und wir uns wie ertrinkende aneinander klammern.

So einfach, als er mich hält und den Ballast von meinen Schultern zieht. So unfassbar einfach, dass ich mich frage ob es nicht zu einfach ist. Zu perfekt. Zu ... Richtig. Vielleicht gibt es aber auch gar kein zu Richtig, sondern nur ein ... uns. Nur wir. Nur diese anhaltende Zeit und die aufsteigenden Sonnenstrahlen, die unsere Gesichter in einen Goldenen Ton taucht. Die unsere Augen schimmern lässt, uns küsst, uns wärmt und hält und Glück schenkt. Eben genau das was das Ziel ist, die Sonnenstrahlen einzufangen. Das Leben einzufangen. Das Glück, das Gute, das Richtige und Perfekte.

Und ich stand noch nie so sehr auf das Perfekte, wie in diesem Moment.

Atemlos lösen wir uns voneinander und inhalieren die kalte Luft, die sich mit unserem Atem vermischt. Seine Stirn platziert sich an die meine, seine Augen sind in die meine gerichtet, als würde er alles lesen und sehen, was ich nicht wage auszusprechen. Als würde er jedes kleine Detail in sich aufsaugen. "Das hatte ich schon so unfassbar lange vor." Schauder rennen über meinen Körper, bei der Rauheit seiner Stimme. Bei der Berührung seines Daumens, der über meine geschwollene und pochende Lippe gleitet. Über meine geröteten Wangen. "Und ich habe keine Ahnung wie ich jemals wieder damit aufhören kann." Es ist die pure Faszination mit der er die Worte zu sich selbst murmelt, bevor er meinen Kopf zu sich leitet und diese winzige Lücke erneut schließt. Mich erneut in seinen Bann zieht und mich derartig schwindelig werden lässt, dass ich rettend seine Gelenke umfasse, während alles in mir schreit. So laut und doch so still, dass ich meine Mundwinkel nicht einmal unten lassen kann. Sie zucken genauso weit nach oben, wie Lionels. Mein Herz donnert genauso wild wie seins. Meine Haut steht genauso unter Flammen wie die seine.

Ich lag richtig. Es ist alles verzehrend und mit sich reißend.

Und nicht einmal das Klingen das aus dem Hintergrund zu uns gerät lässt uns stoppen. Nicht die Autos. Nicht die sich füllenden Straßen oder meine verkühlten Füße die den Boden berühren. Nicht der stinkende Geruch der Gasse. Die drückenden Stellen die meine Schuhe haben entstehen lassen. Lionels Haarspitzen die mich kitzeln oder die meine, die sich weiter verknoten. Es ist so unperfekt perfekt ...

Meine Manteltasche beginnt zu vibrieren und lässt Lio schließlich gänzlich innehalten, als er seufzend in die Tasche greift und mein Handy herauszieht.

"Es ist Hayden." Er drückt den Anruf weg und lehnt sich wieder zu mir, als ich ein wenig nach hinten rücke und ihn schmunzelnd betrachte. "Wir sollten ran gehen. Was ist wenn Mori oder Dante erwischt worden sind?" Ich wische seinen Unmut darüber hinweg, als ich nach dem Handy greife und Hayden zurückrufe.

Allein die ungeduldige Leitung lässt mich wieder alles vergessen, als ich nur Lionel betrachte.

"Wo seid ihr?" Ich verstehe Haydens Worte kaum. Lionels so unsagbare Nähe macht mich derartig taub, dass ich ihn lediglich anschauen kann. Das Lächeln auf seinen geschwollenen Lippen wird breiter, als er mir das Handy aus den Fingern zieht. Ich höre zwar nicht was Hayden sagt, aber ich sehe Lios brennenden Blick auf mir, als würde er mich mit Haut und Haaren verschlingen. "Wir sind in einer Seitengasse." Ich folge seinem Finger welcher mir die verrutschten Strähnen aus der Stirn streicht. "Ist gut. Wir machen uns auf dem Weg." Ob es anders sein wird, wenn wir die Gasse verlassen? Wenn wir uns der Realität und der Nüchternheit stellen?

"Wir treffen uns weiterhin bei Dante. Sie sind bereits dort." Ich nicke. Einmal, ein zweites Mal, dann schlingen sich seine Finger um die meine und beginnen mich von der Wand wegzuziehen. "Warte," Meine Stimme ist brüchig und so leise, dass sie auch in den Geräuschen der vorbeiziehenden Autos untergehen könnte, aber ... aber er hält inne und schaut auf mich hinab, während ich meine Schuhe vom Boden aufsammle und langsam wieder hineinsteige. Meine Beine sind noch wackelig und doch stehe ich, weil er mich hält. "können wir – halten wir das –" Ich breche erneut ab und ernte dafür einen Kuss auf meine Stirn, der mich verglühen lässt. "Wir behalten das erst einmal für uns." Erleichterung durchflutet mich, ehe wir die Gasse verlassen und ich mich in Lios Arm einwickle. "Auch wenn ich nicht verstehen kann, wie du mich verstecken kannst." Mein Lächeln wird breiter, als ich zu ihm aufschaue und dank der Schuhe nicht mehr so viel unterschied zwischen uns ist. "Ich verstecke dich nicht. Ich verheimliche dich." Er zieht mich lachend noch fester an sich, während ich meinen Blick kaum von ihm bekomme.

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Die einzige Frage die sich hier ja wirklich stellt ist:

Wie wird es tatsächlich nüchtern aussehen?

Besteht noch Lust auf ein letztes Kapitel? Dort könnte auch schon die Antwort auf die Frage drinnen sein

Shattered HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt