49. 𝕮𝖍𝖆𝖕𝖙𝖊𝖗

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Wir biegen also in den Feldweg, genauso wie in meinem Traum, ein, fahren vorbei an Obstplantagen und Erdbeerfeldern, bis diese tatsächlich von Stoppelfeldern abgelöst werden. Und jetzt fällt es mir auch wieder ein. Ich bin hier vor zwei, drei Jahren schon einmal mit dem Fahrrad entlang gefahren, als ich zur Schule musste, den Bus verpasst hatte und eine Abkürzung brauchte, um möglichst schnell zur Schule zu kommen. Mein Vater hatte mir damals von diesem 'Geheimweg' erzählt. Nachdem ich ihn dieses eine Mal entlang gefahren bin,  habe ich den Feldweg nie wieder genutzt, sondern bin immer die Landstraße entlang, wenn ich dann einmal mit dem Fahrrad zur Schule fuhr. Mit der Zeit hatte ich den Weg anscheinend in mein Unterbewusstsein verdrängt und dieses hat diese Nacht mich einfach wieder daran erinnern wollen. Oder so.

Trotzdem atme ich einmal tief durch und lasse die noch kalte, frische Luft durch meine Lungen strömen. Luna scheint das anscheinend bemerkt zu haben, denn sie fragt mich besorgt klingend: "Alles gut?" Ich setze mein bestes Lächeln auf und erwidere: "Klar, alles super." Ich höre ein langgezogenes "Okay", was mir verdeutlicht, dass sie mir nicht wirklich Glauben schenken kann und nicht davon überzeugt ist, dass mit mir alles in Ordnung ist, aber ich kann ihr ja schlecht die Wahrheit sagen.

Ja, ich habe da so einen komischen Traum gehabt. Ich bin dir wie gerade eben in dem Traum auf dem Fahrrad begegnet, dann sind wir auch hier eingebogen und auf einmal kam vom Himmel herab eine riesige Rakete, in der so zwei Typen drin saßen, wegen denen ich aus Norwegen wollte und die wollten mich wieder mit zurücknehmen, aber ich wurde dann sauer und aus irgendeinem Grund ist auf einmal der Boden unter meinen Füßen aufgebrochen und jetzt habe ich Angst, dass das Wirklichkeit werden könnte?!

Nein, definitiv nicht. Luna würde mich auf der Stelle beim nächstgelegenen Psychologen abliefern und darauf hoffen, dass ich wieder vernünftige Gedanken bekomme und nicht so einen Schwachsinn denke, oder besser gesagt träume.  Aber meine Träume sind echt ein anderes Level an Fantasie, was sowas betrifft. Meistens machen diese überhaupt keinen Sinn und ich habe mir schon oft die Frage gestellt, wie mein Unterbewusstsein teilweise auf so eine Scheiße kommt und die dann auch noch produziert. Kennt ihr "Alles steht Kopf"? Die Vorstellung, dass so kleine Wesen für meine Träume zuständig sind und extra ein Drehbuch für jeden Tag haben, hat mich des Öfteren schon sehr belustigt, aber das würde auch heißen, dass diese Wesen, beziehungsweise die, die das Drehbuch schreiben ziemlich gaga im Hirn sein müssten.

Meine Gedanken driften mal wieder in eine ganz andere Welt ab und ich nehme nur noch vage die Umgebung um mich herum wahr. Doch auf einmal bin ich hell wach, denn am Horizont, den ich soeben gedankenverloren betrachtet habe, fliegt gerade ein Flugzeug in unsere Richtung. Auch wenn es total banal ist, weil es an sich unmöglich ist, dass das Kotz und Würg sein sollten, gefriert mir das Blut in den Adern und ich drücke sofort die Bremse zu. Mit einem Quietschen kommt mein Fahrrad abrupt zum Stehen. Ich merke, wie mir die Farbe aus meinem Gesicht weicht und ich ein wenig mit Angst erfüllt das Flugzeug mit aufgerissenen Augen genau verfolge.

"Okay Marie, so geht das echt nicht weiter. Du bist ja kreidebleich. Was ist los? Kann ich dir irgendwie helfen?" Es dauert eine kurze Zeit, bis ich meinen Blick von dem Flugzeug wende und Luna anstarre. Ihre Worte dringen jetzt sehr langsam in mein Bewusstsein ein. Langsam schüttel ich den Kopf. Sie würde mich einfach echt einweisen, wenn sie es erfährt. "Hey, egal, was es ist, ich höre dir zu und sage es niemanden." Eine Antwort bekomme ich nicht heraus, etwas scheint meine Stimme mit sich genommen zu haben. "Egal, was es ist, ich werde dich nicht verurteilen. Aber ich will dir wirklich helfen, du machst mir lansgam mit deinen Gesten angst und ich bezweifle echt, dass mit dir alles in Ordnung ist, also komm.", versucht sie es erneut. Ich schlucke, schaue kurz zum Flugzeug empor, das gerade genau über uns fliegt, blicke dann wieder zu Luna und meine trocken: "Danke, aber wirklich, alles gut." Je mehr sich das Flugzeug wieder von uns entfernt, umso ruhiger werde ich wieder. Kotz und Würg sitzen nicht in diesem Flugzeug, also keinen Grund zur Panik. Luna sieht mich wieder ungläubig an, belässt es aber dabei.

"Können wir dann weiter?", frage ich, so als ob, wir nicht wegen mir, sondern wegen einem anderen Zwischenfall angehalten hätten.

Sorry, dass es so verspätet kommt, aber ich war unterwegs...

𝑴𝒂𝒏𝒄𝒉𝒎𝒂𝒍 𝒌𝒐𝒎𝒎𝒕 𝒂𝒍𝒍𝒆𝒔 𝒂𝒏𝒅𝒆𝒓𝒔 𝒂𝒍𝒔 𝒈𝒆𝒑𝒍𝒂𝒏𝒕...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt