Kapital 56

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Nachdem sie das Zimmer verlassen haben, klettere ich vorsichtig aus dem Bett und gehe gedankenverloren in Richtung Tür. Irgendwie habe ich es geschafft einen Stuhl vom Tisch mitzunehmen und diesen hinter mir her zu ziehen. An der Zimmertür bleibe ich einen Moment wie erstarrt stehen. Nehme aber nach kurzer Zeit den Stuhl und klemme diesen unter die Türklinke. Ein Betreten des Zimmers ist so nicht möglich und genau das ist es, was ich jetzt möchte und auch brauche, Ruhe. Niemanden hören und sehen, genau das ist es.

Tränen laufen mir über das Gesicht, doch auch diese wische ich gedankenverloren weg. Ich bin wie erstarrt. Natürlich ist es nicht besonders schlau allein zu sein, doch ich kann meine Reaktionen und Gedanken nicht steuern. Und so kommt es wie es kommen muss. Weinend lasse ich mich auf den Boden neben der Zimmertür sinken und starre aus dem Fenster. Was ist das denn blos mit meinem Leben? Alles soll eine Lüge sein? Meine Eltern sind nicht meine Eltern und meine Grandma, die ich so geliebt habe, soll ebenfalls nicht zu meiner Familie gehört haben? Dabei war sie immer diejenige, die mir das Gefühl von einer Familie am besten vermittelt hat und für mich da war. Ich spüre wie mein Körper zittert und ich beginne zu schluchzen. In mir gibt es nur noch Verzweiflung und Schmerzen. Als ob man mir mit einem kleinen Messer immer wieder ins Herz sticht. Auf einmal fühle ich mich allein. "Colin!", flüstere ich leise. Doch den habe ich rausgeschmissen. Vielleicht nicht eine meiner besten Ideen, doch im Moment geht es mit meinen Gefühlen wie in einer Achterbahn. Erst hoch, dann runter und zwischendurch ein oder zwei Loopings. Warum hat er es mir denn so leicht gemacht? Wenn ihm etwas an mir gelegen hätte, wäre er nicht einfach gegangen, dabei hat er doch versprochen für mich dazu sein.

Ich lege mich auf den kalten Boden und weine in meinen Arm. Zum sitzen fehlt mir die Kraft und ins Bett schaffe ich es auch nicht mehr. Jedenfalls nicht allein. Das habe ich echt toll hinbekommen. Doch ich war so geschockt von der Nachricht, das Emily meine Schwester sein soll. Zwillinge, schluchze ich in meinen Arm. Noch einmal lasse ich das Gespräch von eben vor meinem inneren Auge ablaufen um dann wieder zu spüren wie diese Wut in mir aufsteigt. Ich kam mir so überrumpelt vor und dann noch den kleinen Jace zu benutzen um mich zu besänftigen. Das macht man nicht. Sicherlich, ich habe ja schon von Anfang an diese besondere Verbindung zu Emily gespürt, doch wer ahnt denn das wir Zwillingsschwestern sind. Ich dachte einfach an eine Art Seelenverwandtschaft. Tja, falsch gedacht. Doch was mich am meisten aus der Fassung gebracht hat, war Colin. Er wusste es und hat es nicht mir, sondern Ryan und Emily erzählt. Was für einen Stellenwert habe ich denn bei ihm? So wichtig wie er tut, kann ich ihm dann wohl nicht sein. Bei diesem Gedanken zieht sich alles in mir zusammen und ich spüre wie ich immer weniger Luft bekomme. Meine Atmung beschleunigt sich und das vertraute Gefühl im Magen stellt sich wieder ein. "Hilfe." Ein letzter kläglicher Versuch meinerseits bevor mir schwarz vor den Augen wird und ich das Bewusstsein verliere. ...

Als ich wieder zu mir komme, befinde ich mich in diesem wunderschönen Garten aus meinen Träumen. Sofort spüre ich die Wärme der Sonne auf meiner Haut. Ein Duft aus Blumen und frischem Gras schleicht sich in meine Nase und in der Ferne höre ich lachende Kinder. Sofort spüre ich diese Vertrautheit und ein Gefühl von Glück und Geborgenheit. Langsam folge ich einem kleinen Weg, der mich auf eine Lichtung führt welche an großes helles Haus grenzt. Ein wenig erinnert es mich an Pemberley und für einen kurzen Moment hoffe ich das Mr. Darcy aus der Tür in die Sonne tritt. Doch sofort werde ich von immer lauter werdenden Stimmen aus meinen Gedanken gerissen. Mein Blick schweift ein wenig über die Lichtung und bleibt an eine Art Pavillon hängen. Er ist bund geschmückt und ein großes Banner mit der Aufschrift Happy 3th Birthday Betty und Kitty hängt über dem Eingang. Überall gibt es bunte Luftballons und Seifenblasen aus einer Seifenblasenpistole in Form eines Einhorn schweben durch die Luft. Ich bin nicht in der Lage mich dagegen zu wehren und so werde ich von einer unsichtbaren Kraft zu diesem Pavillon gezogen. Vor dem Eingang kann ich mich wieder bewegen, doch aus Angst gesehen zu werden, springe ich schnell hinter einem Hortensienstrauch. Doch das war völlig unnötig denn auch wenn für mich alles hier so ist, als würde ich dabei sein, so kann mich keiner sehen oder hören. Vorsichtig komme ich aus meinem Versteck und betrete den Pavillon. Ein wunderbar eingedeckter Tisch erstreckt sich vor mir. Verschiedene Sorten von Cupcakes und bunten Torten stehen inmitten von Blumen und weißen Geschirr. Während die Erwachsenen sich angeregt unterhalten laufen und tanzen die Kinder fröhlich umher. Ich fange Gesprächsfetzen zwischen zwei Frauen die neben mir sitzen auf und drehe mich um. Beim Anblick der jüngeren erstarre ich, denn ich erkenne die Frau aus dem Zug, die Mutter der Zwillinge. Meine Mutter, flüstere ich und sofort sehe ich die Szene aus dem Zug vor mir. "Könnt ihr nicht doch noch etwas länger bleiben mein Schatz?", das war die ältere von beiden. "Es tut mir sehr leid Mutter, so schön es auch immer bei dir ist, Charles hat morgen Nachmittag einen wichtigen geschäftlichen Termin. Wir müssen leider fahren." Die Mutter meiner Mutter sieht enttäuscht und auch etwas besorgt aus. "Überlegt es euch doch noch einmal vielleicht könnt ihr den Termin verschieben." Sie legt ihre Hand auf die ihrer Tochter und beugt sich vorsichtig zu ihr. Dann flüstert sie so das niemand andere hören kann außer meiner Mutter und mir. "Ich habe ein sehr ungutes Gefühl. Wenn ihr morgen fahrt, werde ich euch nie wiedersehen." Ihre Tochter sieht auf und auf einmal sieht auch sie sehr besorgt aus. "Hattest du wieder einen deiner Träume, Mutter?". Sie nickt traurig und flüstert weiter: "Ich bin mir nicht sicher wie ich diesen Traum deuten soll. Worin ich mir sicher bin ist, das ihr morgen auf keinen Fall mit dem Auto fahren solltet. Ansonsten wird euch und den Mädchen etwas passieren, was uns für immer trennt. Ich ... ." "Bitte Mutter du musste es mir sagen." Ich sehe wie dieser eine Träne über die Wange läuft und sie ihren ganzen Mut zusammen nehmen muss um weiter zusprechen. "Wenn ihr morgen ins Auto steigt, werdet ihr alle sterben." Ich erstarre, woher, wieso, das kann doch nicht sein? Auf einmal wird mir der Boden unter den Füssen weggezogen und ich werde von einer Art Strudel erfasst, der mich immer tiefer in den Abgrund zieht. Eine Stimme im Hintergrund ruft "deine Zeit war abgelaufen, du hast kein Recht auf dieser Welt zu sein. Jetzt werde ich dich mitnehmen, dein Platz ist bei mir..." .

"Hilfe, bitte warum hilft mir denn keiner? Ich will nicht gehen. Ich möchte hier bleiben." Ich schreie und schlage um mich. "Nein du nimmst mich nicht mit, ich werde nicht mit dir gehen. Kampflos wirst du mich nicht bekommen." Auf alles vorbereitet erhebe ich meine Fäuste und halte sie vor meinen Körper, bereit für mich und meinen Mädchen alles zu geben. Doch der Schatten ist stärker, ein geschickter Griff an meine Hände und ich kann mich nicht mehr rühren. Wieder umgibt mich eine unsichtbare Kraft, die mich zieht und zwar zu sich. "Nein, nein, nein. ..."

"Hannah hörst du mich? Bitte beruhige dich, es ist alles gut. Ich bin bei dir und beschütze dich.", "was ist passiert, wo bin ich?" Vorsichtig öffne ich zittert die Augen und versuche durch einen Schleier von Tränen meine Umgebung zu erkennen. Es dauert eine Weile bis ich die besorgen blauen Augen von Colin erkenne. Er hat mich fest in seine Arme gezogen und streicht mir immer wieder beruhigend über den Rücken. "Beruhige dich Kätzchen, ich bin bei dir und lasse mich nicht noch einmal so einfach wegschicken." Ich nicke stumm und starre auf den Boden. Noch immer bin ich enttäuscht und verletzt. Er hat mich angelogen und Ryan und Emily mir vorgezogen, dass kann ich nicht einfach nicht vergessen. "Wie bist du hier rein gekommen?", frage ich leise. Colin setzt sich aufrecht vor mich und dreht sich dann zur Tür. Verlegen kratzt er sich am Kopf. "Ich muss gestehen einfach war es nicht." , wieder blickt er zu Tür. Ich folge seinem Blick und erstarre als ich das Chaos sehe. Ein zerbrochener Stuhl liegt auf dem Boden und der Tür scheint es auch nicht besser zu gehen. Ich schlage die Hand vor dem Mund. "Was hast du getan?", fragend sehe ich Colin an. Ein tiefer Seufzer entfährt ihm und er sieht mich lange an bevor er antwortet. "Als du uns hinausgeworfen hast, konnte und wollte ich nicht gehen und bin vor der Tür stehen geblieben. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht und es kaum ausgehalten. Erst habe ich ein kratzendes Geräusch hinter der Tür gehört, dann eine Art klicken und als ich dich dann auch noch weinen gehört habe, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und deinen Wunsch respektieren. Doch die Tür lies sich nicht öffnen und du weintest immer lauter. Als du dann erst nach mir und dann um Hilfe gerufen hast, konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Naja und da hat mich halt mein Temperament und die Angst um dich und die Mädchen beflügelt. Ich musste einfach sehen was mit dir ist und bei dir sein. Alles andere kläre ich später mit Dr. Green." "Das denke ich auch, wir beide haben auf alle Fälle noch etwas miteinander zu besprechen.", erschrocken sehen wir uns um. Dr. Green steht hinter uns. "Doch im Moment ist Hannah wichtiger. Helfen sie ihr bitte auf und bringen sie ins Bett. Ich möchte sehen ob alles in Ordnung mit ihr und den Babys ist.", sie lächelt und tritt einen Schritt zur Seite. Colin hilft mir auf die Beine, doch sofort verlässt mich die Kraft. Bevor ich auf den Boden sacke, zieht Colin mich hoch in seine Arme und trägt mich zum Bett. Dort legt er mich vorsichtig hinein und tritt zu Seite damit Dr. Green alles nötige tun kann. Mit schnell Handgriffen schließt sie mich an mehre Geräte an. Nach einer Weile hat sie ihre Untersuchungen abgeschlossen und sieht mich und Colin an. "Die Herztöne der Babys sind soweit in Ordnung und es geht den beiden gut. Mehr Sorgen mache ich mir um Hannah, ich habe keine Ahnung was wir noch machen sollen damit sie sich schonen. Ihr Angst- und Panikattacken bestimmen aktuell ihr Leben und ich bin mir nicht sicher, ob wir diese ohne Medikamente in den Griff bekommen." , sie sieht mich besorgt an. "Aber ist das nicht gefährlich für die Mädchen?" Dr. Green dreht sich zu Colin, da er es war der diese Frage ausgesprochen hat. "Ja, deshalb habe ich auch so lang gezögert. Doch es geht dabei auch um Hannah und ihre Gesundheit. Jede Attacke zerrt an ihren Kräften und verschlechtert ihren physischen und psychischen Gesundheitszustand. Ihr Körper macht das nicht mehr lange mit." "Aber meine Babys, ich werde sie nicht in Gefahr bringen.", antworte ich kämpferisch. Denn das werde ich auf keinen Fall zulassen und würde meine Leben für Sie geben. Ich sehe zu Colin. Er steht neben dem Bett und ich erschrecke, denn so habe ich ihn noch nie gesehen. Alle Farbe ist aus seinem Gesicht gewichen. Die Augen haben sich mit Tränen gefüllt und Colin regt sich nicht. "Colin, geht es ihnen gut?", Dr. Green macht einen Schritt auf ihn zu. Auch ich versuche mich aus dem Bett zu bewegen und zu Colin zu gehen. Doch als ich aufstehen will, beginnen meine Beine erneute zu zittern und ich muss mich festhalten um nicht erneut zusammen zu sacken. Genau in diesem Moment erwacht Colin aus seiner Starre und fängt mich. Langsam setzt er mich auf das Bett und sieht mir in Augen. "Du darfst mich nicht verlassen Hannah!" , ich nicke und wische ihm die Tränen aus dem Gesicht. Dann nehme ich es in meine Hände und küsse ihn zärtlich. "Niemals!"

is it Love Colin Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt