Point of no return

Sitz, Platz, Aus!

Ein hämisches Lachen. "Missy, Missy, Missy. Ich wusste ja, dass Menschen komische Vorlieben haben. Aber gleich so etwas?" Der schwarzhaarige kommt neben mir aus dem Schatten und erschießt ringsherum erst einmal die Ghule. Entgeistert starre ich ihn an. "Glaub mir. Unter flach gelegt werden habe ich mir auch was anderes vorgestellt!" Langsam kann ich aufstehen und schmeiße den Ghul von mir runter. Klopfe mir die Kleidung ab. "Update. Anscheinend ist es bei allen Ghulen so. Nicht nur bei denen, die du vorher ausgeschalten hast." Alucard macht einen kurzen Stopp, was das Schießen angeht und blickt zu mir hinunter. "Sag mir was neues, Missy." Mehr als ein weiteres Knurren entkommt ihm nicht und er macht sich an die Arbeit. "Die Wurzel aus Pi ist eine endliche Zahl." Ihm entkommt nur ein kurzes: "Was zum fick...", ehe er wieder weiter schießt.

Aber eigentlich kann ich ja durch die Ghule durch und bin dann ganz schnell beim Anwesen, nicht wahr? Mein Kopf zuckt nach rechts, als dort ein Ghul in sich zusammen bricht. Die Kugel in seiner Stirn. Gut. Alucard klingt doch nach einer guten Alternative, nicht drauf zu gehen! "Nett, dass du mich in Betracht ziehst, Missy." Ich verdrehe nur meine Augen und sehe zu ihm. Schmunzle dann und lehne mich ein wenig nach vorn. "Ach komm, Schätzelein. Wer würde dich nicht in Betracht ziehen?" Daraufhin verzieht er nur den Mund, schießt aber weiter und lädt auch immer wieder nach. Von mir kommt nur ein leises Lachen, was im Kampfgeschehen so ein wenig fehl am Platz wirkt. Aber das tue ich generell, weswegen das nicht wirklich auffallen sollte. "Halt die Klappe und komm her, wenn du nicht von Kugeln durchsiebt werden willst.", knurrt er nach ein paar Augenblicken und ich tue, was er gesagt hat. Stelle mich neben ihn und warte.

Blitzschnell schnappt er sich mich und wir verschwinden fast sofort in einer tiefen Dunkelheit. Ich kann nicht einmal die Hand vor Augen sehen, so dunkel ist es. "Ist das der Schatten, von dem immer geredet wurde?", murmle ich fragend. Ein zustimmendes Brummen ertönt. "Und wehe du bewegst dich auch nur einen Millimeter!" Die Warnung ist wirklich ernst gemeint und ich nicke, ehe es wieder ein wenig hell wird. "Sitz. Platz. Aus." Ich sehe mich nach ihm um, kann aber nur einen Teil seines Mantels erkennen, ehe er wieder verschwindet. Hat der mich gerade wie einen Hund herumkommandiert? Ich glaub, der spinnt! Da ich mir aber keinen Ärger einfangen will, setze ich mich auf dem Anwesen hin. Und lege mich sogar auf den Bauch. Rutsche ein wenig zum Rand und beobachte den Kampf von hier aus. Alucard vernichtet alle schneller, als ich es je für möglich gehalten habe. Die Gänse kümmern sich ebenfalls um ein paar und Seras ist wahrscheinlich auf der Suche nach dem Leitvampir.

Ohne große Probleme ist der Kampf vorbei und alle versammeln sich. Beglückwünschen sich und kontrollieren, ob alles bei allen in Ordnung ist. Ich soll hier ja im Aus sein. Also halte ich die Klappe und mach mich nicht bemerkbar. Liege ganz still. Langsam aber sicher kriecht die Kälte durch die eigentlich dünne Kleidung und setzt sich fest. Mir wird kalt. Und trotzdem sage ich nichts. Alucard will etwas? Ich führe diesen Befehl bis zum letzten Punkt aus. Mal sehen, ob er mich jemals bemerkt. Oder ob jemand anderem auffällt, dass ich nicht da bin. Minuten vergehen. Die Männer verschwinden langsam wieder und nur ein kleiner Teil bleibt da, um weiterhin wache zu halten. Die Minuten werden zu Stunden. Mein Körper zittert. Ich spüre meine Fingerspitzen schon nicht mehr. Die Haut, die anfangs noch gestochen hat, ist nun taub. Ich bin müde. Die Gedanken, die anfangs noch durch meinen Kopf geschossen sind, sind nun ziemlich ruhig. Tröpfeln vielleicht noch vor sich hin, wenn überhaupt. Langsam gehen meine Augenlider nach unten. Nur... Nur kurz schlafen. Nur fünf Minuten!

"Was zum- Verdammte Scheiße!" Müde öffne ich meine Augen und sehe langsam zur Seite. Ich werde hochgehoben. Leises Fluchen. Es ist warm. Mich an die Quelle der Wärme hinlehnend, kugle ich mich auch ein wenig zusammen. "Du hättest dich melden sollen!", faucht eine bekannte Stimme, die ich aber im Moment nicht registriere. Stattdessen werde ich irgendwo hin gebracht. Erst ist die Umgebungsluft wärmer. Dann werde ich auf etwas gelegt. Über mich kommt etwas. Stück für Stück gräbt sich mein Verstand wieder aus der Kältestarre raus und ich bekomme den ein oder anderen Gesprächsfetzen wirklich mit. Irgendetwas mit Unterkühlung. Die Frage, warum ich in diesem Zustand sei. Zusätzlich zu der Decke, die anscheinend um mich gewickelt wurde, bekomme ich Wärmflaschen auf mich gelegt, die ständig gewechselt werden. Immer wieder wird etwas in mein Ohr geschoben und ein Piepsen ertönt. Wahrscheinlich ein Thermometer. Zwar versuche ich, an der Oberfläche meines Bewusstseins zu bleiben! Doch ich werde immer wieder in die Tiefe gezogen. Und schlussendlich gebe ich nach.

Es ist warm. Es ist angenehm. Mir ist nicht mehr kalt. Ein Gähnen entkommt mir. Langsam klappen die Augenlider auf. Doch es ist alles ein wenig unscharf, weswegen ich immer wieder die Augen auf und zu mache, bis ich endlich ein einigermaßen scharfes Bild habe. Ich habe Kopfschmerzen. Meine Fingerspitzen sind kalt, aber ich fühle sie. Vorsichtig sehe ich mich um, ehe ich mich aufsetze. Zwar taucht ein leichter Schwindel auf, aber so weit geht es eigentlich schon. Es ist nicht zu schlimm. Hatte schon schlimmeres. "Was hast du dir dabei GEDACHT, Missy?!" Überrascht zucke ich zusammen und reiße meinen Kopf auf die Seite. Alucard steht neben der Tür. Die Arme verschränkt. Die Zähne gebleckt. Die Augen sauer leuchtend. Sein Hut fehlt. "Was ist...?", frage ich leise und lege den Kopf schief.

Der schwarzhaarige kommt auf mich zu. "Wer hat dir eigentlich dein Hirn rausgenommen und es durch heiße Luft ersetzt? Du hättest dich melden müssen!" Melden... Melden... Nachdenklich sehe ich auf die Seite. Was meint er damit? Dann macht es Klick und ich sehe wieder zu ihm. Schaffe sogar ein leichtes Lächeln. "Tja... du meintest 'Sitz. Platz. Aus.'! Und auch, dass ich mich keinen Millimeter rühren soll. Ich hab nur auf dich gehört.", erwidere ich und kann sehen, dass ein Auge von ihm zuckt. "Und das hat dir fast dein Leben gekostet." Die zweite Stimme ist weiblich. Netter. Sanfter. Aber auch ein wenig vorwurfsvoll. Mit leicht gesenktem Kopf sehe ich zu Lady Integra. "Ich krieg einen auf den Deckel, wenn ich nicht auf ihn höre. Und ich krieg einen auf den Deckel, WENN ich auf ihn höre. Sind wir uns einig, dass ich selbst weiß, was am besten ist?" Die blondhaarige Frau mustert mich. "Gerade einmal ein paar Augenblicke aus der Bewusstlosigkeit und schon fordern." Dann schmunzelt sie. "Ein harter Brocken. Du gefällst mir immer mehr." Von Alucard ist nur ein leises: "Bitte nicht...", zu hören, was aber allgemein geflissentlich überhört wird.