Willkommen zurück

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Vier Tage lang liege ich nur in meinem Bett und kann die ersten beiden Tage nicht einmal mehr aufstehen. Zumindest für das Klo. Aber nicht für die Küche. Ich Süffel einfach das Wasser aus der Leitung. Reicht schon. Auch, wenn Alucard das gar nicht gefällt und mir schlussendlich immer wieder normales Wasser, Kaffee und auch weiße heiße Schokolade bringt. Ich habe keine Ahnung mehr, wie oft ich zu ihm in den letzten Tagen: 'Ich liebe dich!', gesagt habe! Auch mit Essen wurde ich versorgt. Und da ich nichts gegen sein Eindringen in meine Gedanken unternehmen kann, sondern es nur merke, ist er oftmals bei mir. Auch, wenn er einen Auftrag hat. Denn Lady Integra hat es nicht gefallen, dass es eine neue Organisation gibt, die über meine Dimensionsreise Bescheid weiß. Eine Organisation, die mit Ghulen arbeitet. Von Vampiren weiß. Und somit eine große Gefahr für Hellsing und die Welt sein könnte.

Immerhin wollten sie an die Daten, die ich auf dem Stick hatte. Diese Daten, die nun alle gesichert auf unseren Servern liegen und zu meinem Glück vollständig sind, sind wichtige Fortschritte der Forschung an übernatürlichen Wesen. Wir wissen eigentlich alles von Vampiren. Aber was genau wissen wir von Werkatzen? Oder über Wesen, die sonst im Schatten ihrer Existenz stehen? Das sind die Forschungsdaten. Stärken. Schwächen. Vorlieben. Wandlungen. Alles, was man braucht, um etwas über die verschiedenen Spezien zu wissen, die neben Menschen und Vampiren auf der Erde wandeln. Für uns bedeutet das Einmischen dieser Organisation, dass sie sich mit Vampiren und Ghulen auskennen. Auch deswegen, weil sie irgendwie die gedankliche Kommunikation kappen konnten. Aber über die anderen Wesen wissen sie nichts, oder nur sehr wenig. Weswegen die Daten von großem Wert wären. Was aber schon an Information eingesammelt war, ist mir unbekannt. Ich weiß nicht, wo er schon war und wo nicht.

Tag fünf. Ich kann aufstehen, ohne dass ich große Schmerzen habe. Muskelkater ist was Beschissenes. Alucard meinte in einem Nebensatz auch nur, dass man das als Vampir nicht hätte. Das wäre durchaus ein Vorteil, sich wandeln zu lassen. Aber jetzt nicht. Noch nicht. Der Urvampir ist mal wieder auf Mission geschickt worden. In den letzten Tagen war er kaum da, da er von Integra immer den Auftrag bekommen hat, nach Hinweisen zu dieser Organisation zu suchen. Ich könnte mich glatt allein fühlen, wenn Pip und Seras nicht da wären. Wobei Seras auch oftmals weg ist, um nach der Organisation zu suchen. Ich fühle mich mehr als nur nutzlos. Nach der Dusche ziehe ich mich wieder an und gehe zur Küche. Aus meinem anfangs staksigem Gang ist wieder ein flüssiger geworden. Nur hin und wieder zieht es am Rücken und auch den Nacken hoch. Aber das wird noch ein paar Tage anhalten. Ich weiß.

Mit dem Kaffee in der Hand setze ich mich hin. Sehe auf die Uhr. 20 nach Acht in der Früh. Wieder schnappe ich mir die Zeitung und lese. Immer noch wird von der unglücklichen Explosion eines Forschungszentrums berichtet. Ich lese mir die Interviews mit den Angehörigen durch, die ihrem Schmerz kaum Ausdruck verleihen können. Ein kurzer Stich der Schuld macht sich bemerkbar. Wenn sie wüssten, durch was sie wirklich getötet wurden, wären sie froh, wenn es nur eine Explosion ist. Ein Fehler in der Technik habe dazu geführt, dass ein Funke entstand, der die wichtigen hoch entzündlichen Gase in irgendwelchen Kanistern zum Explodieren gebracht und dies eine Kettenreaktion ausgelöst habe. Wenigstens eine einigermaßen einleuchtende Erklärung, die Plausibel genug für die meisten ist. Einige wenige sind immer noch skeptisch, aber die hat man immer. Langsam stehe ich auf und hole mir aus einer Packung eine Semmel, die ich pur esse. Hab grad Hunger drauf.

Nach dem Abwaschen genehmige ich mir das erste Mal seit langem wieder ein wenig Sonnenlicht. Tief atme ich ein. Die frische und vor allem kalte Morgenluft tut gut und meine Atemluft formt vor meinem Mund einen kleinen Nebel. So kalt ist es also schon. Obwohl... Ende Oktober... da kann sowas durchaus vorkommen. Dennoch ist es nicht so kalt, dass mir direkt kalt wäre. Die Sonne ist zwar schon aufgegangen, aber vereinzelte Wolken verdunkeln den Himmel immer wieder. Lassen es trüb wirken, obwohl die bunten Blätter der Bäume ein wenig Farbe hinein bringen. Ich bin überrascht, dass meine Haarfarbe so bleibt, wie sie ist. Sie wachsen! Klar! Aber... irgendwie wachsen sie blau. Nicht dunkelbraun, wie sie eigentlich sind. Ich habe jetzt legit blaue Haare. Gefällt mir. Pip dürfte schlafen, da er Nachtdienst hatte und mir dabei noch einmal was zu trinken gebracht hat.

Zwei Arme legen sich von hinten um mich. Ich spüre einen Körper. Kleidung. Ein Blick reicht aus und ich lege lächelnd den Kopf in den Nacken. "Willkommen zuhause, Alucard." Dieser beugt sich nach unten und legt seine Lippen auf meine, ehe er sich aufrichtet und mich zu sich dreht. "Ich könnte mich daran gewöhnen, so begrüßt zu werden.", meint er, zieht sich seinen Mantel aus und legt ihn um mich. "Du wirst sonst krank. Keine Widerrede!" Also sage ich schon nichts dagegen. Ziehe stattdessen den Mantel um mich, der ein wenig warm ist. "Aber gut zu sehen, dass du wieder auf den Beinen bist. Ist sonst alles in Ordnung? Gibt es Neuigkeiten?" Amüsiert schüttle ich den Kopf, während wir in das Anwesen gehen. Der Mantel schleift bei mir schon fast auf dem Boden. "Das hört sich schon fast an, als wäre ich schwanger. Ja, es ist alles in Ordnung und nein, du hast nichts verpasst." Nur ein kurzer Blick von dem schwarzhaarigen, ehe er nickt.

Vor der Tür zu Lady Integras Büro bleiben wir stehen und ich gebe ihm seinen Mantel. Mit einem Schmunzeln zieht er ihn sich über. "Schon dich noch, verstanden? Ich komm nachher zu dir. Jetzt muss ich einen Bericht abgeben." Fragend sehe ich ihn an und er verneint. "Nichts." Verdammt. Dennoch nicke ich. "Okay. Bis nachher. Und dann erzählst du mir alles!" Ein letztes Nicken, bevor er in das Büro geht und ich etwas gegen die Tür prallen höre. Uiuiui... Lady Integra ist heute mal wieder besonders gut gelaunt! Ein wenig besorgt bleibe ich noch stehen, bevor ich gehe und noch einen Abstecher in die Krankenstation mache. Alles überprüfe und mir noch einmal eine Wärmesalbe mitnehme. Das Ding hilft Wunder bei Verspannungen! Ich weiß nicht wieso, weil es an sich nichts mit Muskeln zu tun hat, aber ich widerspreche nicht, wenn es hilft. Das habe ich in der Medizin gelernt. Wenn es nicht das richtige ist und trotzdem hilft hältst du die Klappe, wunderst dich innerlich und tust für den Patienten so, als wäre das volle Absicht gewesen. 

Point of no returnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt