Unkonventionelle Lösung

194 13 0
                                    

Langsam komme ich aus dem tiefen und ruhigen Schlaf wieder heraus. Mache die Augen auf. Gähne. "Unsere kleine Missy ist aufgewacht. Wunderbar." Der Sarkasmus trieft aus diesem Satz und ich brauche einen Moment, bevor ich hoch sehe. Alucard sieht entgeistert auf mich hinunter. Das Gesicht ein wenig verzogen. "Morgen, Alu...", murmle ich müde und gähne noch einmal, ehe ich mich strecke. Huh... ich liege noch auf seinem Schoss. Langsam setze ich mich auf und schnalze mit der Zunge. Hebe meine Hand an meinen Hals. Verlegt. Na, ganz geil! "Du bist wieder frei von der Wahrheit. Merkt man.", brumme ich, drehe mich nur seitlich hin und lasse mich auf das Bett fallen. Der Kopf auf dem Kissen liegend. Immer noch müde sehe ich den Vampir an, der mich mustert. "Nicht dein Verdienst, Missy." Jap, wieder komplett der alte.

Vor mich hin brummelnd, ziehe ich die Decke über mich. "Ich fands geil, als du die Wahrheit sagen musstest. War ungewohnt, aber geil." Plötzlich spüre ich ihn AUF mir und reiße die Augen auf. "Willst du die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit?" Das Gewicht auf mir ist jetzt nicht wirklich unangenehm! Die Gesamtsituation ist nur ein wenig... ungewöhnlich. Vorsichtig drehe ich meinen Kopf. Sein Gesicht ist nur wenige Zentimeter entfernt. Woah... was zum fick geht hier ab? Okay. Flo, beruhig dich wieder! Beruhig dich! Doch über meine Nervosität legt sich die Decke der dummen Kommentare, die meistens kommt, wenn ich überfordert bin. Entweder das, oder ich lache. "Ja, ich will.", erwidere ich und fange das Schmunzeln an. Der Vampir sieht mich verdutzt an, ehe er seinen Kopf direkt neben meinen bringt. Er dürfte direkt über meinem Hintern knien, wenn ich die Anatomie richtig im Schädel habe. "Was für eine schlaue, kleine Missy, nicht wahr?" Ist er in Spiellaune, oder wie?

Langsam drehe ich mich auf den Rücken. Währenddessen hat er sich ein wenig aufgerichtet, kniet aber immer noch über mir. Sieht auf mich hinunter. "Warst du schon wieder in meinen Gedanken?", frage ich leicht vorwurfsvoll und ziehe meine Augenbrauen hoch. Alucard hingegen verdreht nur die Augen. "Spielverderberin." Missmutig verzieht er sein Gesicht, ehe er erstarrt. Ich habe meine Hand gehoben und sie seitlich an seinen Kopf gelegt, knapp über seinem linken Ohr. Vorsichtig streifen meine Finger über seine Kopfhaut. Durch seine Haare. "Und was soll das werden?", knurrt er. Die Augen wieder schmal und auf mich gerichtet. "Entspann dich, Alucard. Komm. Leg dich hin und entspann einfach. Du stehst vielleicht nicht mehr unter dem Einfluss meines Blutes. Aber du kannst nicht abstreiten, dass es gut tut, oder?" Der schwarzhaarige zeigt nur kurz seine Zähne, ehe er sich fallen lässt. Mir wird kurz die Luft aus den Lungen gepresst, die ich laut einziehe. "Fuck, man... Das tat weh..."

Langsam ebbt der Schmerz aber ab und ich sehe an die Decke, während ich weiterhin einfach nur durch seine Haare streiche und er keinen einzigen Mucks mehr von sich gibt. Meine Nackenschmerzen werden nicht wirklich besser, aber es gibt schlimmeres. Ich werde mir einfach- "Hör endlich auf zu denken...", brummt Alucard und hebt leicht seinen Kopf. "Das will ich nicht von dem Kerl hören, der es sich einfach so auf meinen Brüsten gemütlich gemacht hat.", erwidere ich leicht schnippisch, während der schwarzhaarige das Schmunzeln anfängt. "Ist halt gemütlich." Diesmal bin ich mit dem Augenverdrehen dran. "Aber ich hätte eine Lösung für uns beide." Urplötzlich kniet er wieder über mir und dreht meinen Kopf auf die Seite. Das löst den Schmerz erst recht aus. "Alucard! Verdammte Scheiße! Das tut beschissen weh! Was so-" Zwar bleibt mein Mund offen, aber ich verstumme. Ein kurzer Schmerz breitet sich an meinem Hals aus. Es wird ein Brennen, ehe es, wie gestern, zu einem angenehmen Taubheitsgefühl gewandelt wird.

Mir wird klar, dass er mich einfach gebissen hat. Aber... der Nackenschmerz ist weg! Wie? Verwirrt runzle ich die Stirn. Wie ist das- Ach egal... Dankbar lächelnd, lege ich ihm wieder eine Hand auf den Hinterkopf und kraule an seinem Haaransatz, während er trinkt. Eine wohlige Wärme breitet sich aus, die angenehmer nicht sein könnte. Eine Gänsehaut zieht sich über meinen gesamten Körper, als er die Wunde mit seiner Zunge verschließt. Ein leichtes Zittern. Ist eben eine empfindliche Stelle. Um einiges empfindlicher als mein Unterarm. "Das war der restliche Hunger.", meint er und legt sich wieder auf mich. "Aber jetzt hast du wieder das Wahrheitsserum!" Immerhin hatte er das gerade erst abgeschlossen und jetzt hat er es wieder? "Du wolltest von mir doch so oder so die Wahrheit, oder habe ich mich verhört?" Leicht genervt schließe ich die Augen. "Es geht nicht um mich, Alucard. Es geht um dich und die anderen! Wir wissen nicht, ob du bei jedem ehrlich sein musst, oder ob das nur bei mir ist und die genaue Anzahl an Stunden, wie lange das wirkt, wissen wir auch nicht! Gut. Mein Fehler. Ich hätte nicht einschlafen dürfen."

Die roten Augen starren mich an. Er selbst wirkt ebenfalls ein wenig ausgelaugt. Misstrauisch erwidere ich den Blick. "Wann hast du das letzte Mal geschlafen?", frage ich und schon wieder scheint er mit sich zu kämpfen. Da will jemand mit der Wahrheit nicht rausrücken. "Vor zwei Tagen.", entkommt ihm schlussendlich und ich seufze. "Wie wäre es, wenn du jetzt schlafen gehst? Scheiß auf den Effekt. Du brauchst auch deinen Schlaf." Anstatt zu antworten, dreht er seinen Kopf auf die Seite, hebt die Hand, schließt den Vorhang und legt sich wieder hin. "Gut. Du hättest auch einfach sagen können, dass du hier schlafen willst." Das ist das Einzige, was ich sagen kann. Ich hab nichts dagegen, dass er anhänglich ist. Das ist überraschend angenehm! Aber so plötzlich... alles nur wegen dem Blut? Hm... Er ist so, seitdem er mein Blut getrunken hat. Also entweder es liegt rein daran, oder es liegt an diesem Wahrheitsserum. Er musste die Wahrheit sagen und wenn eh schon alles gesagt wurde, was er sonst nicht hätte sagen wollen, wäre es logisch. Und hoffentlich kann er ohne seine Heimaterde schlafen! Das ist ja auch noch so ein Ding.

"Flo... bitte... BITTE hör auf zu denken, ja? Ich will schlafen." Oha! Er bittet sogar. "Wie wäre es, wenn du aus meinen Gedanken gehst? Dann lässt du mir erstens meine Privatsphäre und zweitens musst du dir nicht anhören, worüber ich nachdenke." Müde sieht er mich an. Das Deckenlicht scheint noch ein wenig durch den Stoff, sodass ich etwas sehen kann. "Aber... es ist so warm." "In meinen Gedanken?", frage ich sofort und weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Besonders, als er nickt. "Wieso ist es in meinen Gedanken... warm?" Verstehen tue ich es nicht. Überhaupt nicht. "Es gibt Menschen, die haben kalte Gedanken. Keine Gefühle. Kalte Berechnung. Meine zum Beispiel. Aber du... du hast richtige Gefühle. Und es ist... so... warm..." Seine Stimme wird immer leiser. Die Augenlider gehen runter. Wow... der ist jetzt aber schnell weg! Bis ich mir sicher sein kann, dass er schläft, fahre ich weiter mit meinen Fingern durch seine weichen Haare. Mit was auch immer er sie wäscht... ich brauch das auch!

Point of no returnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt