Mit Fehlern leben

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Lucky fragte lachend: "Und das ist wirklich so einfach?". Koi verschränkte seine Arme und schnaubte: "Klar, nenn es einfach. Ich bin ja nur fünf mal auf die Schnauze geflogen". So stieß Lucky schon an und fuhr auf einem eigenen Skateboard voraus. Sofort folgte Koi ihm: "Ey, warte auf mich!". "Ilus hat dir gesagt, dass du Sport machen sollst. Du hast in letzter Zeit ganz schön viel Müll gefressen. Also häng nicht so nach", neckte er ihn. "Oh, was willst du sein? Ein Diäts-Berater, Mister Ich-esse-nie-Salat?", murrte Koi und holte zu ihm auf. Sie fuhren einfach etwas durch die schwach belichteten und unbefahrenen Straßen am Stadtrand. Lucky holte tief Luft: "Ist auch mal eine schöne Abwechslung zum Motorrad- und Autofahren. Frische Luft schnappen". Koi klingelte etwas im Ohr und er murmelte: "Nur etwas riecht hier fischig und das bin nicht ich...". Er bremste ab und hielt Lucky fest. Aus der Seitengasse kam Bambi auf ihrem Skateboard mit einem anderen Mann geschlittert.

Koi sah sie abwertend an. Sie selbst zischte: "Schau mich nicht so an, du hast mich hintergangen". Direkt sagte er dazu nichts, zeigte nur auf den Mann: "Ist das der Typ, dem du Herzchen getextet hast, kurz nachdem ich eurem Zoo beitrat?". Ungläubig riss sie ihre Augen auf: "Woher weißt du das?". Er zog die Schultern hoch: "Ich bin ein Hacker?". Bambi schickte ihren Neuen weg. Koi spürte ihre Unsicherheit und hackte darauf rum: "Das gab mir jedes Recht und die vollkommene Sicherheit, alles so zu ziehen, wie ich es geplant hatte. Klar, hatte ich schon vorher geplant. Schließlich tat ich das aus Treue zu meinem Arbeitgeber und Lebensretter. Aber mir tat danach rein gar nichts mehr weh. Brich mir mein Herz und ich breche dir all deine Knochen. Das einzige, was ich vermisst habe, war dein nur äußerlich hübsches Gesicht und dein falsches Lachen. Ich hatte Recht. Ich suche mir wirklich jedes Gott verdammte Mal die hinterhältigen Schlangen raus. Geh aus meinem Weg und lass mich weiter mein Leben leben, ja? Und genieß das dir ach so schreckliche Gehätschel vom Großprotz". Er ließ Lucky vor und zischte zu ihr, während er ihm folgte: "Schlampe".

Weiter vorne war Lucky beeindruckt: "Ich wünschte, ich hätte damals zu meiner Ex in der neunten Klasse so sein können. Deine Schlagfertigkeit ist zu beneiden". "Ich war nach meinen ersten Beziehungen auch nicht perfekt im Kontern. Irgendwoher muss ich es ja erlernt haben", blieb Koi gleichgültig, "Wenn man die Muster von einem Menschen schnell lesen kann, umso einfacher wird es, sie am wunden Punkt zu packen und zu verletzen. Ich hätte sie viel weiter runter ziehen können, bis ins Höllenfeuer. Aber ich habe ihr schon gedroht, die Knochen zu brechen - Nicht das Herz". "Irgendwie habe ich Angst vor dem finalen Kampf mit Whitefur, aber irgendwie bin ich auch dazu begeistert, da mit allen anderen wie ein Badass durch zu rennen. Schon alleine durch deine Androhung. Ich werde mit Sicherheit nicht zurück hängen", grinste er und sie fuhren noch etwas am Hafen entlang.

In der Zwischenzeit lief in der Lagerhalle so ziemlich normaler Betrieb. Nur die erste Liga fuhr nicht auf Missionen raus. Shark wurde so emotional instabil, dass Ilus ihn krank schrieb und an sein Bett kettete. Fischkopf kannte einen Therapeuten, welcher sich um Dexter und Shark im Wechsel kümmerte. In dieser Stunde war Shark dran. Henry organisierte für Dexter ein schnell aufbaubares Bett in seinem und Ilus' Zimmer. Wenn die beiden tagsüber schliefen, ging Dexter spazieren oder die Bibliothek besuchen. So kreuzten sich ihre Wege kaum, was Henry am Herzen zerrte. Er wusste, er würde seinen besten Freund bald nie wieder sehen und die Zeit, die sie noch gemeinsam hätten haben können, verbrachten sie gar nicht miteinander.

Es wunderte Ilus, als Shark und der Therapeut mit einem Karton durch die Tür kamen. Daher fragte er direkt: "Wo wart ihr denn?". Shark erklärte: "Dexi hat Lemur verloren... Er mag Tiere, wie ich...". Henry sah von seinem Handy auf und folgte Shark, welcher direkt nach oben zu ihrem Zimmer ging. Dexter schlief tief und feste. So merkte er es auch nicht, wie Shark den Karton auf den Boden stellte, ihn öffnete, einen Welpen raus holte und ihn neben seinen Kopf aufs Kissen setzte. Sein Therapeut erklärte flüsternd: "Beide haben ein großes Herz für Tiere und es erschien mir als gute Idee. Spencer muss Menschenbindung verstehen und was es bedeutet, anderen Menschen eine Freude zu machen. Wann sie traurig sind, wie sich Freundschaft anfühlt und was es bedeutet, zu lieben. Auf der anderen Seite weiß Dexter ganz genau, dass er nicht mehr lange bei seinem besten Freund bleiben kann und dass er ihn eventuell verlieren wird. Also braucht er einen neuen Kumpel, der ihn auf seinen Reisen durch die Welt begleitet". Kurz schluckte Henry und hielt sich ans Herz: "Es ist nur für sein Bestes, richtig...?". Der Therapeut nickte und Henry atmete tief durch, um nicht wieder zu weinen.

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Zigz rannte auf Ilus zu: "Weißt du, wo das ganze Mehl hin ist?". "Ist es nicht in der Gemeinschaftsküche?", hob Ilus eine Augenbraue. "Nein und ich brauche es ganz dringend! Kiki hat gestern davon erzählt, wie sie gerne wieder Waffeln essen würde!", rüttelte er an ihm. Mit leichtem Schleudertrauma antwortete Ilus: "Ach ja, du machst ihr ja mittlerweile täglich Frühstück. Frag sie doch selbst". "Ist sie denn schon wach? Ich werde sie nicht ohne Essen wecken", machte Zigz klar. Ilus seufzte und wand sich von ihm ab: "Lieber Gott, lass mich niemals so für Henry werden...". Aus der Ruhe lief Zigz nach oben. Dabei rannte er fast Lucky um: "Alter, letzte halbe Stunde vor Dienstschluss. Beruhig dich mal". "Nein!", knurrte er und lief hoch. Er riss die Tür zu seinem eigenen Zimmer auf. Er hoffte auf einen letzten Vorrat in seinem eigenen Schrank. Doch war er verwundert darüber, ein ganzes angerichtetes Buffet und Kiki am Herd zu sehen.

Sie sah zu ihm rüber: "Morgen. Setz dich, das Essen ist gleich fertig". Irritiert sah er zu Shark rüber, welcher auf seinem Bett lag und angestrengt versuchte, Englisch schreiben und lesen zu lernen: "Was passiert hier?". Shark war zu konzentriert, um zu erklären. Kiki ging mit einem Teller an Essen zu Shark rüber und gab ihm den ab. Danach setzte sie sich zu Zigz an den Tisch und meinte: "Ich habe Essen für uns alle gemacht. Hast du keinen Hunger?". "Doch, ich...", verwirrt sah er auf die Teller mit viel Essen. Sie entschuldigte sich: "Oh, warte mal. Das hier ist ja das leichte Frühstück für mich. Natürlich kannst du davon auch etwas haben, aber für dich ist ja die Zeit für Abendessen". Vom Herd holte sie noch einen Topf und stellte ihn auf den Tisch hinzu. Daraus holte sie frisch selbst gemachte Rouladen. Zigz gab quietschende Geräusche von sich und ihm lief der Sabber aus dem Mund.

"Warum liebt Gott mich so sehr, dass ich so schön träumen darf...?", stellte er in Frage. Kiki zwickte ihn: "Du bist wach. Iss gefälligst jetzt. Ilus fiel auf, dass du in letzter Zeit mehr geraucht und weniger gegessen hast. Wir haben jetzt die Abmachung, dass ich viel für dich kochen soll, damit du dir weniger Nikotin in die Lungen ziehst. Einverstanden?". "Das ist immer noch der Himmel...", säuselte er erst, doch hinterfragte er dann, "Aber weshalb solltest du einstimmen? Bekommst du etwas von Ilus dafür?". "Ich will einfach nicht, dass du an Lungenkrebs stirbst, okay?! Du sollst alt werden!", drängte sie ihn. Er schmunzelte leicht und aß dann: "Ich bin echt froh, dass wir einen gemeinsamen Boden finden konnten. Für mehr darf und kann ich gar nicht wünschen". Sie nuschelte an seiner Aussage vorbei: "Außerdem täte einem aufwachsenden Jungen wie Jurij eine Vaterrolle gut...". Es war laut genug, sodass Zigz sich vollkommen am Essen verschluckte und so gut wie sterbend auf den Tisch klopfte. Aufgebracht hob sie ihre Stimme: "Iss einfach und mach dir nicht zu große Hoffnungen!". 

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