Ohne Vertrauen

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Es brauchte zwar ein paar Tage, aber Henry kam wieder aus dem Bett. Er dachte, alle seien glücklich, ihn wieder zu sehen. Aber im Hauptraum war bedrückte Stimmung. Henry sah aus dem Fenster, wo es regnete, und dachte, es sei die Schuld des Wetters gewesen. Vielleicht war es das auch wirklich gewesen, nur lag es sicherlich nicht am Wetter, als Lucky mit zwei aufgewärmten Decken die Treppe runter kam und in Kois Platz hinter den Vorhängen verschwand. Irritiert wollte Henry folgen, doch Ilus hielt ihn fest: "Lieber nicht". Besorgt fragte er: "Was ist vorgefallen? Etwas mit seiner Freundin?". "Sie waren nie zusammen. Lass ihn einfach darüber hinweg sehen. Sie gehörte sowieso nicht zu uns", winkte er ab. Es klopfte an der Tür und beide sahen schon, dass es ein neuer Kunde war. Shark kümmerte sich um den Auftrag eines gefälschten Ausweises.

Zigz trat zu Henry: "Mach dir keine Sorgen. Vielleicht sind Jungs für Koi doch besser. Lucky wartet ja schon auf ihn". Völlig verwirrt sah Henry ihn an: "Was?". "Du siehst doch, wie er sich um ihn kümmert. Und ich habe mehr mitbekommen", flüsterte er ihm zu. Sofort schüttelte Henry mit dem Kopf: "Lucky ist aromantisch". "Aromatisch?", irritiert sah Zigz ihn an. "Romantisch! A - ro - man - tisch! Nicht aromatisch!", stellte er klar. "Was heißt das?", blieb er ahnungslos. Henry gab sich selbst einen Schlag ins Gesicht. Da kam Lucky panisch aus der Höhle gesprungen: "Wo ist Koi?!". Verwundert sahen sich alle an.

Vom Regen schon völlig durchnässt stand Koi am Hafen und wartete. Mal kam Bambi nicht auf ihrem Skateboard, sondern sie zog es hinter sich her. Auf den Boden schauend nickte Koi: "Also nur ein Test, ja...?". "Boss hat mich dazu gezwungen", erklärte sie reuend, "Er fand heraus, dass wir regelmäßigen Kontakt zueinander hatten und er drohte mir, wenn ich ihm nichts gesagt hätte". Als er sie ansah, weiteten sich seine Augen: "Er hat dich geschlagen...". "Im Endeffekt war es ihm dann doch egal", nickte sie, "Was soll ich sagen? Er ist ein großer Schwanz mit einem kleinen Schwanz". Kurz musste Koi über den Spruch lachen, dann seufzte er. "Ich hoffe, du bist mir nicht mehr lange sauer...", leicht schämend tippte sie mit ihrer Schuhspitze auf dem Boden rum. "Weiß nicht...", zog er die Schultern hoch, "Ich wiederhole schon seit sieben Jahren immer wieder die gleichen Fehler...". 

Sie versuchte es wieder gut zu machen: "Hast du jemals im Regen getanzt?". Zögernd und verwundert sah er sie an: "Nein...?". "Hast du eigentlich jemals auf meine Nachricht reagiert, dass ich spanische Tänze attraktiv finde?", sie nahm schon seine Hand und bewegte sich zwei Schritte. Als Antwort folgte er geschickt und setzte weitere Schritte voraus. Für einen Moment lächelten beide. Da schüttelte Koi mit dem Kopf und ließ wieder los: "Wir haben nicht mal Musik... Es ist falsch... Wir sollten es aus mehreren Gründen lassen...". Sie blieb dabei, ihn überzeugen zu wollen und tanzte trotzdem weiter. Auch griff sie ihn erneut bei der Hand. Wieder knickte er ein und wollte lieber Spaß haben, als aufzugeben.

Über eine Mauer in einer Gasse zum Hafen sprangen Henry und Ilus, da entdeckten sie die beiden weit lachend tanzen. Ilus wollte schon los rennen, da hielt Henry ihn fest. "Ich hab dich lieb, aber das können wir nicht durchgehen lassen!", murrte Ilus und zerrte an seinem Pulli, welchen Henry feste im Griff hatte. Mit einem stärkeren Ruck zog Henry ihn nah an sich ran: "Das sieht nach Spaß aus. Lass es uns selbst versuchen". "Entschuldige?", rot werdend sah er ihn stockend an. "Du kannst tanzen, ich weiß das", drängte Henry ihn. Ilus war deutlich überlastet: "Aber... A- aber...". Ohne Widerworte zuzulassen, tanzte Henry mit ihm los. 

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Im Schlaf drehte Henry sich zur Seite und bemerkte, dass er außergewöhnlich viel Platz im Bett hatte. Mit geschlossenen Augen tastete er nach Ilus, doch war außer ihm niemand im Bett. Verwundert richtete er sich auf: "Ilus...?". Nachdem er seine Augen öffnete, war auch niemand außer ihm im Zimmer. Er ging ans Fenster und sah im Vorhof Ilus wach mit Werkzeugen und Öl-beschmiert um sein Motorrad laufen. Neben ihm auch Lucky, welcher ihm auszuhelfen schien. Neugierig trapste er die Treppen runter und trat den beiden bei: "Was macht ihr denn hier?". Ilus erklärte: "Vorbereitungen für den Kampf gegen Whitefur". "Warte. Keine Schießerei? Kein Messerkampf? Nicht mal eine Schlägerei? Sondern ein Wettrennen mit Fahrzeugen?", hinterfragte er. "Hör dich doch bitte nicht so enttäuscht an", kam von Ilus zurück, "Außerdem ist es ein Wettrennen und eine Schießerei. Also voraus gesehen ist es nur ein normales Wettrennen, aber wem es handlich kommt, darf auch Waffen nutzen".

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