Alles bricht zusammen

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Chris fährt uns wieder zu sich nach Hause und ich weine bitterlich – beziehungsweise würde ich weinen, wenn ich es könnte, aber ich kann es nicht. Ich würde um Lukas weinen, um uns, vor Wut auf Jane. Dieses Bild bekomme ich einfach nicht mehr aus meinem Kopf und würde man mir jetzt die Augen verätzen, so wäre dies das Bild, welches mich auf ewig begleiten würde.

Bei Chris vor der Haustür steht der Audi von Amira und ich kann sie in der Haustür stehen sehen. Sie kommt auf das Auto zu und ich falle ihr quasi in die Arme.

»Girl, was ist denn passiert?«

»Lukas und Jane haben...« Wieder muss ich würgen, aber Amira versteht mich auch so. Gemeinsam mit Chris gehen wir ins Haus und ich lege mich auf das Sofa, auf dem ich schon heute Mittag saß. Ich starre, liege stumpfsinnig auf dem Sofa und komme mir dabei total dumm vor, aber da kann ich jetzt nicht drüber nachdenken. Chris und Amira sind die ganze Zeit am Tuscheln, aber ich will auch gar nicht hinhören. Mein Handy habe ich ausgeschaltet, nachdem Chris mich eingesammelt hat. Lukas hatte in der Zeit mehrmals versucht, sowohl Chris, als auch Amira und mich anzurufen. Er kann sich vermutlich denken, wo ich bin. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er hier aufkreuzt.

»Prinzessin, ich kann ihn nicht ignorieren. Du weißt, ich liebe die beiden, und auch wenn Mitch für mich meine sorellina ist, so ist Luke mein ältester Freund...« Er schaut auf sein Handy und guckt dann ernst zu Amira. »In fünf Minuten ist er hier.« Wir schlucken alle drei und ich liege weiterhin, wie betäubt auf dem Sofa, als Amira mich langsam aufrichtet. »Komm, Girl. Du schläfst heute bei mir. Damit rechnet keiner, du kennst meine Eltern. Aber dieses Mal werde ich nicht locker lassen. Christopher, wenn du etwas verrätst, dann bist du einen Kopf kürzer.« Er nickt bloß ernst und Amira führt mich zu ihrem Auto. So schnell, wie es ihr möglich ist, verfrachtet sie mich in das Auto, steigt selbst ein und fährt los. Chris wollte ihr noch meine Klamotten mitgeben, aber sie winkt mit dem Argument ab, sie habe Kleidung für mich bei sich.

Schneller, als ich es ihr zugetraut hätte, fährt sie zu sich nach Hause. Immer wieder gerne sehe ich dieses – im Verhältnis zum Einkommen ihrer Eltern – kleine Haus. Amira parkt hinter dem Haus in der Garage und führt mich dann ins Haus hinein. Ihre Eltern sehnen uns und nach einer kurzen Begrüßung, führt Amira mich nach oben in ihr Zimmer. Ich setze mich auf das Bett und starre ins Nichts. Warum? Warum ausgerechnet Jane? Warum heute? Hätte das nicht passieren können, nachdem ich die Prüfungen geschrieben habe? Moment, stopp! Hätte das nicht einfach nie passieren können? Ich kann nicht mehr weinen und ehrlich gesagt, ist mir auch gar nicht nach Weinen. Von unten dringen die Geräusche einer Diskussion auf arabisch zu mir hoch, aber natürlich verstehe ich kein Wort. Nach ein paar Minuten klopft es leise an der Tür und Amira steht vor mir. »Du kannst hierbleiben. Meine Eltern sind nicht begeistert, aber sie haben gesagt es ist in Ordnung. Wollen wir noch einen Film gucken? Oder möchtest du schlafen?«

Ich kann bloß den Kopf schütteln. Ich habe Angst, dass mir wieder alles hochkommt, wenn ich rede. Fuck, ich muss ja morgen auch noch die Mathe Prüfung schreiben. Amira lässt mich an der Wand schlafen und nimmt mich in den Arm. Hoffentlich bekomme ich heute keine Albträume. Amira soll mich nicht so sehen. Kaum, dass ich die Augen schließe, sehe ich wieder das Bild von Lukas und Jane, aber ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Wenigstens mein Schlaf ist traumlos und schwarz.

Der Wecker von Amira klingelt ähnlich früh, wie der von Lukas. Stöhnend drehe ich mich auf die andere Seite, aber sie hat noch weniger Erbarmen als Lukas. Sie holt mich aus dem Bett mit dem Versprechen, dass wir vor Lukas an der Schule sein werden, wenn wir uns jetzt schon fertig machen. Widerwillig klettere ich aus dem Bett und sehe, dass Amira mir schon eine Montur an Klamotten herausgesucht hat. Jetzt fällt mir auf, dass ich immer noch die Sachen von Chris anhabe und entschuldige mich dafür bei Amira. Es ist, glaube ich, ihr nicht besonders genehm mich in den Klamotten von ihrem Freund zu sehen, aber sie sieht mich bloß mit Mitgefühl an und meint, dass Chris es ihr erklärt hätte. Sie geht schon ins Badezimmer, während ich mich umziehe. Das Outfit besteht aus einer Boyfriend Jeans in hellblau, einem schwarzen cropped Pullover mit weißem Schriftzug. Normal is boring. Das ist mal ein Motto, welches ich vertreten kann. Ich schlüpfe in die Kleidung – sie hat sogar passende Unterwäsche für mich, was mich wundert – dann folge ich ihr ins Bad. Sie steht vor dem Waschbecken und hält mir eine Zahnbürste hin.

Geprägt von DämonenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt