Meine Noten in der Schule waren immer mittelmäßig bis gut. In der Oberstufe ging es dann den Bach herunter.
Ich bin in einer klassischen vierköpfigen Familie groß geworden. Mutter, Vater, große Schwester und ich. Meiner Schwester und mir wurde so viel ermöglicht, wie es meinen Eltern an Mitteln zur Verfügung stand. Man könnte denken, dass das schon mal ein guter Grundstein für ein erfolgreiches, fröhliches Aufwachsen sein könnte.
Das ist nur zur Hälfte falsch. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, ist sie durchaus von guten Erinnerungen geprägt, aber auch von jenen, welche einem eine Gänsehaut am ganzen Körper bescheren, jene bei denen sich der Magen förmlich umdreht. Aber wessen Kindheit war bitte nicht so?
Ich bin auf einer Insel aufgewachsen, bin ganz normal zum Kindergarten gegangen, wo ich auch meine ersten Freundinnen kennengelernt habe, Hanna und Kim.
Wir drei waren immer ein Trio, sogar den Gruppenwechsel haben wir zusammen gemacht. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht. Eine wundervolle Zeit. Davon abgesehen, kann ich mich an keine Zeit erinnern, in der ich die beiden nicht kannte – jedoch entspricht das hier auf der Insel so gut wie jedem in meinem Alter.
In der Grundschule haben wir dann angefangen uns zu entfremden, hinter meinem Rücken hat meine Ach-so-Beste-Freundin mit den anderen über mich gelästert und mich nicht mal mehr mit dem Arsch angesehen. Mal war ich in Cliquen involviert – wenn sie jemanden brauchten, der Freunde so nötig hatte, dass er oder sie alles getan hätte, nur um ansatzweise dazu zu gehören.
Ich habe mich viel ausnutzen lassen. Jahre lang. Erst mit 15 Jahren habe ich verstanden, dass wahre Freunde so etwas niemals machen würden. Man kann sich also denken, wie naiv ich war, oder auch immer noch bin.
Nach der normalen Schullaufbahn auf der Insel, bestehend aus Kindergarten, Grundschule und der weiterführenden Schule bis zur 10. Klasse, haben meine Eltern entschieden, mich auf ein Internat zu schicken, damit ich die Möglichkeit hätte einen höheren Abschluss zu machen. Ehrlich gesagt bin ich der Überzeugung, dass sie mich einfach nur los werden wollten für drei Jahre – der regulären Zeit, die Insulaner im Internat verbringen.
Jetzt lebe ich seit zwei Jahren im Internat und es ist gar nicht so schlecht, wie ich gedacht hätte. Ich zähle nicht zu den Beliebten, aber das war auch nie mein Ziel. Das Verhältnis zu meiner Familie ist angespannt, da ich das Gefühl habe, dass sie mich und meine Lage nicht verstehen. Wie hätten sie sich wohl gefühlt, wenn sie mit 16 quasi Zuhause rausgeschmissen worden wären, ohne einen Plan, in einer vollkommen neuen Umgebung? Je länger ich im Internat wohne, desto seltener fahre ich nach Hause, einfach um den Streits und den Spannungen, die Zuhause definitiv vorherrschen würden, aus dem Weg zu gehen. Wenn ich an den Freitagen nach Hause gefahren wäre, hätten wir uns spätestens Samstagmittag gestritten. Das habe ich eineinhalb Jahre fast jedes Wochenende mitgemacht und es war fürchterlich ermüdend. Da habe ich wirklich keine Lust mehr drauf und so entschied ich mich dazu, so selten wie möglich zurück auf die Insel zu fahren. Ich bin quasi komplett ins Internat gezogen und habe auch die Möglichkeit hier meine Wäsche zu waschen. Außerdem habe ich alles, was ich brauche. Meine Eltern zahlen für das Internat, also sollte ich das doch auch nutzen.
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Geprägt von Dämonen
RomanceMichelle Williams, oder auch Mitch, wie sie von fast allen genannt wird, lebt quasi zwei Leben. Es gibt ihr Leben auf der Insel, von dem sie versucht so ziemlich jeden fernzuhalten und es gibt ihr Leben im Internat und der Schule. Zu ihrer Familie h...