Der Anfang

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Der Schmerz zuckt durch meinen Hinterkopf, so wie ich an meinem Schreibtisch sitze und mich eine Erinnerung aus der dritten Klasse heimsucht. In der Grundschule hatten wir immer Arbeitspläne, die auf eine Woche ausgelegt waren. Mit denen kam ich nie klar, habe immer hinterhergehinkt und kaum Aufgaben geschafft. Das war natürlich meine eigene Schuld. Schon als Kind war ich extrem faul, aber das wurde von meinen Eltern aus auch nie versucht zu ändern. Sie haben mir nicht bei den Hausaufgaben geholfen, mich nicht unterstützt oder mich nicht gefragt, was wir in der Schule gemacht haben. Vielleicht haben sie mich doch gefragt und ich habe es bloß vergessen.

Diese Wochenpläne waren für andere ein absoluter Klacks, für mich waren sie Schwerstarbeit. Irgendwann hatte ich den ultimativen Punkt der Verzweiflung erreicht, so dass ich mir die Unterschrift meiner Mutter von meinen früheren Wochenplänen einprägte, bis ich sie im Schlaf konnte.

Als ich mir sicher war, dass es niemand mitbekam, meine Eltern ja sowieso nicht, da sie meistens arbeiten waren, fing ich an die Unterschrift meiner Mutter zu fälschen. Es klappte auch vom Prinzip her ganz gut. Das größte Problem an der Sache war, dass ich eine grässliche Handschrift habe und meine Mutter eine sehr ordentliche.

Die ersten Wochen bin ich mit der Ausrede durchgekommen, dass meine Mutter einfach nur müde war, wenn sie unterschreiben musste. Jedoch war ich mit sieben oder acht Jahren noch nicht in der Lage über die Konsequenzen nachzudenken. Mein Lehrer wollte eine Aufgabe sehen, die ich selbstverständlich nicht hatte, also hatte ich versucht zu erklären, dass ich sie bloß Zuhause vergessen hätte - kein Problem, dann hatte ich vor sie an diesem Tag Zuhause als Hausaufgabe zu erledigen - jedoch hat mein Lehrer mir nicht geglaubt und erklärt, er wolle zur Sicherheit bei meinen Eltern anrufen und meine Mutter fragen, ob ich ihr die Aufgaben gezeigt hätte.

Das Ende vom Lied war, dass ich mich nicht traute nach der Schule nach Hause zu gehen, weil ich bereits da schon Angst vor meinen Eltern hatte, wenn sie wütend wurden. Mein Vater war sehr kräftig und auch meine, wenn auch bloß knapp 1,50m große Mutter, konnte zur Furie werden, wenn sie sich aufregte.

So saß ich also nach dem Essen an meinem Schreibtisch in dem Zimmer von meiner Schwester und mir und hörte meinen Vater gedämpft telefonieren, vormittags hatte mein Lehrer niemanden erreicht, und ohne es zu hören, wusste ich sofort wer am anderen Ende der Leitung war.

Nachdem mein Vater aufgelegt hatte, hörte ich seine schweren Schritte auf unser Zimmer zukommen und mein Magen rebellierte vor Furcht gegenüber dem, was mir bevorstand.

Noch bevor mein Vater die Tür erreichte, hörte ich, wie er mehrere Beleidigungen von sich gab.

»Du faules Stück Dreck«, war das erste, was er sagte nachdem er die Zimmertür unsanft geöffnet hatte. Bei seinen Worten zuckte ich mit einer dunklen Vorahnung zusammen.

»Wie wagst du es, so einen Scheiß zu machen? Nur weil du eine faule Sau bist und deinen fetten Arsch nicht hochbekommst, traust du dich auf einmal Unterschriften zu fälschen?«

Meine Schwester sah unsicher von ihrem Schreibtisch zu mir herüber, allerdings traute ich mich nicht, den Blick auch nur eine Sekunde von meinem Vater abzuwenden.

Ich erinnere mich nicht ganz genau was da noch passiert ist, aber der Anblick, der sich in mein Gehirn eingebrannt hat, ist jener, in dem mein Vater mit seiner rechten Hand ausholte und sie auf mich zuschnellen ließ. Ich drehte bloß den Kopf weg, so dass er meinen Hinterkopf traf und nicht mein Gesicht, auf das er eigentlich gezielt hatte.

Nachdem mein Vater mir weitere 15 Minuten lang Beleidigungen an den Kopf geschmissen hat, welche ein nicht mal achtjähriges Kind nicht hören sollte, hatte er sich abgeregt und ließ meine Schwester und mich wieder alleine im Zimmer zurück.

Geprägt von DämonenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt