Das Monster im Inneren

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Ich schalte den Wecker aus und sehe mich in meinem dunklen Zimmer um, atme flach und bin mit einem dünnen Schweißfilm bedeckt.

»Ganz ruhig. Es war nur ein Traum. Du bist nicht Zuhause. Du bist im Internat.« Ich versuche mich mit den geflüsterten Sätzen zu beruhigen. Meine Mitbewohnerinnen haben die ersten beiden Stunden heute frei, also muss ich mich leise fertig machen.

Mit einem Seufzer schwinge ich mich aus dem Bett und mache das große Licht in meinem Zimmer an. Ziemlich karg eingerichtet, merke ich gerade. Ich habe 2 Betten im Zimmer – ich weiß nicht warum – eines zum Schlafen und das andere habe ich zum Sofa umfunktioniert, mit Kissen drapiert und Decken darauf ausgelegt. Ein Schreibtisch mit einem Stuhl, einen Kleiderschrank mit zwei Türen und ein Regal als Raumteiler, welches ich an die Wand geschoben habe. Das einzige wirklich persönliche von mir, sind die Bilder, die an Korkleisten an der Wand hängen, ansonsten könnte dieses Zimmer jedem gehören. Nachdem ich meine Zähne im Bad geputzt habe, schleiche ich mich zurück in mein Zimmer und suche nach meinen Kopfhörern, damit ich so wenigstens etwas Musik hören kann.

Erst anziehen, dann Musik muss ich mich erinnern. Ich gehe zum Kleiderschrank und öffne ihn resigniert. Heute ist es kalt draußen also entscheide ich mich für eine schlichte Jeans und ein weites weißes Strickshirt mit langen Ärmeln – ich liebe zu große Klamotten, denn sie verstecken meinen Bauch am besten. Das Handy stecke ich in meine hintere Hosentasche und höre Musik von 5 Seconds of Summer, meiner Lieblingsband, während ich mich weiter fertig mache.

Meine Haare, welche Momentan einen Farbton Namens „Dunkle Kirsche" tragen – wobei es eher rot mit violett wurde – binde ich mir zu einem unordentlichen Dutt hoch, aus dem ein paar Strähnen fallen. Das sieht fast gewollt aus. Meine Linsen kommen schnell in meine Augen – bei der Kälte sind sie echt praktisch, keine Gläser die beschlagen – und mein minimales Make-Up fällt heute noch kleiner aus. Nur etwas Concealer unter die Augen, damit ich nicht aussehe wie eine Leiche und etwas Wimperntusche, da es sonst so aussieht, als hätte ich keine Wimpern. Ich mustere mich im Spiegel von allen Seiten, um sicher zu gehen, dass man meine Figur bloß nicht erkennen kann, und ich keine dummen Kommentare einstecken muss, von wegen ich sähe aus, wie in einer fortgeschrittenen Schwangerschaft. Zufrieden drehe ich mich noch einmal vor dem Spiegel und beschließe, dass ich fertig für einen neuen Tag in der Schule, umgeben von Idioten, bin.

Ich packe meine Tasche für die ersten zwei Stunden. Da ich in den Pausen immer zurück in mein Zimmer kann, um die Sachen für die Fächer zu wechseln, trage ich nur eine Umhängetasche, die ich immer auf der linken Seite habe – umhängen ist mir zu umständlich für die paar Meter.

Zufrieden schlüpfe ich in meine Doc Martens, die mein Outfit perfekt abrunden und meine Füße schön warmhalten. Mein weinroter Wintermantel darf auch nicht fehlen. Da es draußen eiskalt ist, bin ich ausnahmsweise froh so einen Mantel zu besitzen, auch wenn es nur für ein paar Meter nötig ist.

Der Schultag zieht sich quälend langsam dahin. Die ersten beiden Stunden bekomme ich quasi gar nicht mit und auch danach wird es nicht wirklich besser. Meine Mitbewohnerinnen sind laut und überdreht, nehmen keinerlei Notiz von mir und schreien einander quer durchs Haus irgendwelche unnötigen Sachen zu, über die Party am nächsten Wochenende.

In meinem Zimmer krame ich schnell die Sachen für die nächsten Stunden zusammen und verlasse das Haus mit noch mieserer Laune als zuvor. Ich laufe zurück zur Schule und werfe meine Tasche quasi vor den Klassenraum, bevor ich umdrehe und mich auf den Pausenhof wage. In dem Hauptgebäude hier haben knapp 700 Schüler Unterricht, 694 zu viel, wenn man mich fragt. Ich sehe mich auf dem Pausenhof um, entdecke die Leute, mit denen ich normalerweise die Pausen verbringe und geselle mich zu ihnen.

Geprägt von DämonenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt