8. "Ihr seid Abschaum"

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Langsam lief mir das warme Wasser über das Gesicht. Ich versuchte es so gut wie möglich zu genießen. Manchmal musste man sich auch an den kleinen Dingen erfreuen.

Sie hatten mir immer noch einen Kübel mit Wasser zum Baden hingestellt, doch dieses Mal war es warm. Ich hatte im Schlaf nicht mitbekommen, wer es gebracht hatte, doch hatte ich meine Vorstellungen.

Ich zog meine Klamotten an und ließ mich auf das Bett nieder. Ein paar Sekunden starrte ich nur auf meine Hand. Verletzungen waren mir bekannt, aber mein eigenem Körper nicht. Nie hatte ich mich verletzt oder einen Verband länger als zwei Tage tragen müssen.
Mein kleiner Bruder hatte stets auf mich aufgepasst, auch wenn es vielleicht hätte andersherum seien sollen.
Ich hoffte, ihm ginge es gut und er sitzt bei unseren Eltern zuhause.

Zu Hause war ein seltsamer, fast fremder Begriff. Ich hatte mein Zuhause aus einem Fehler heraus verloren und das Zuhause, was ich zurückerobern wollte, lag bereits Monate zurück.

Leise, fast unscheinbar klopfte es an meiner Tür. Bevor ich etwas sagen konnte, kam eine zierlich und kleine Person in meinem Raum. Sie hatte langes, braunes, lockiges Haar, welches so dunkel wie ihre Augen waren.
„Ich bin wegen deiner Hand hier.", nuschelte sie leise und ließ sich mit ihrer Tasche auf einen Stuhl nieder.

Hinter ihr betrat ein Mann ebenfalls mein Zimmer, blieb aber nahe der Tür stehen. Ich rang das Handtuch aus und ließ es auf dem Kübel fallen.
Auf meinem Bett ließ ich mich nieder.
Stumm packte sie ihre Sachen aus und blickte mich an.
„Ich kann das auch allein, wenn das in Ordnung ist."
Sie nickte und strich sich eine Locke hinter ihr Ohr. „Ja, aber ich muss die Medizin vergeben. Die darfst du nicht selbst verwenden."
Ich nickte und nahm ihr die Sachen ab. Vorsichtig wickelte ich den Verband ab. Die Wunden hatten sich nicht entzündet.
Behutsam beobachtete ich, ob noch Glasscherben in der Hand steckten, doch Brian hatte sie alle ordentlich entfernt.

„Wie heißt du?", fragte ich die Frau.
„Manisha", stieß sie leise aus, während sie das Desinfektionsmittel auf ein Tuch gab. Sehr gesprächig war sie nicht.
Mit meiner anderen Hand stützte ich meine verletzte, damit Manisha sie Versorgungen konnte, aber nicht berühren musste.
Vorsichtig betupfte sie nach und nach die Wunden und cremte diese mit einer creme ein. Stumm gab sie mir eine Kompresse und einen Verband.
„Bist du für die ärztliche Versorgung zuständig?", fragte ich sie und band mir den Verband nach und nach um.
Sie nickte leicht mit dem Kopf und richtete sich auf.
„Ashton kommt dich gleich holen."
Eilig packte sie ihre Sachen zusammen und verschwand so leise, wie sie gekommen war.
Manisha schien auf mich entweder schüchtern oder desinteressiert an meiner Anwesenheit.
Dennoch fiel mir auf, dass sie dieselbe Augenform wie Darian hatte, auch wenn sie sich äußerlich kaum glichen.

Es mussten Minuten vergangen seien, als es leise klopfte.
Eine große Statur erschien in der Tür, doch war es nicht Ashton, sondern Darian. Ein leichtes Lächeln umspielte dabei seine Lippen.
„Guten Morgen!"
„Sollte nicht Ashton mich holen?", fragte ich ihn und stand von dem Bett auf.
„Er kommt noch. Ich habe von dem Vorfall gestern gehört. Wie geht es dir?"
„Weißt du Darian-", fing ich an zu erzählen. „Mir geht es gut. Mit so etwas habe ich schon gerechnet. Das Einzige, was ich mir wünsche, ist ein warmes Bad und ab und zu frische Kleidung, auch wenn ich vielleicht kein Recht darauf habe."
Ashton erschien in der Tür, wofür ich ihm danken könnte.
Als ich an Darian vorbeilaufen wollte, versuchte er mich an der Schulter greifen, doch ließ sofort wieder die Hand sinken.
„Ich würde dir jeden Wunsch erfüllen, den ich könnte, denn es war meine Idee, dich herzuholen", flüstere er leise. „Aber es gibt Personen, die mich daran hindern und an denen ich nicht vorbeikomme."

Mit gesenktem Kopf nickte ich und lief stumm an ihm vorbei. Bevor ich zur Tür hinauslief, erhob er noch einmal das Wort.
„Rede mit Brian. Er wird dir helfen können."
Stumm nickte ich und folgte Ashton.
„Worum ging es?", fragte er, doch ich schüttelte nur den Kopf.
Schweigend liefen wir nebeneinander die Gänge entlang, die mir immer noch fremd waren. Die Idee, mir die Wege einzuprägen hatte ich bereits aufgegeben. Selbst wenn sich mir die Gelegenheit bot zu fliehen, würde ich nicht weit kommen. Ich wusste nicht einmal, wo ich war.

Cold Hearts | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt