3. "Sie ist eine Seelenlose."

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Brians Sicht:

Ich hasste es, dass mein Freund derjenige war, den sie festgenommen hatten. Während wir die Mauer erkundet hatten, wurden wir überfallen.
Ausgerechnet an diesen Tag hatten sich die Seelenlosen aus ihrer Stadt rausgewagt. Ich kam grade noch mit meinem Leben davon, während Darian vor meinen Augen verschleppt wurde. Ich hasste mich dafür, denn ich war gescheitert. Erneut.

Doch dann erreichte uns die Nachricht von seinem Überleben und dass er einen Weg gefunden hatte, mit dem wir es nach Vitroum schaffen konnten.
Ich hatte keine Ahnung, wie er das geschafft hatte, aber ich war dankbar. Darian gehörte zu meiner Familie. Er war mein Blutsbruder und alles, was mir in diesem Krieg geblieben ist.

Wir planten alles, bereiteten uns vor und Darians Plan hatte erfolgt. Die Seelenlosen waren überrascht. Falsches Wort. Sie wussten nicht mal, was das bedeutet.
Sie waren unvorbereitet. Der letzte Angriff war Jahre her und gescheitert, doch dieser würde erfolgreich sein.

Als ich innerhalb der Mauern ankam, überrollte mich eine Welle von Glück. Wir hatten es geschafft. Wir würden nicht alle mit unserem Leben davonkommen, aber wenn, dann starben wir für eine Sache, für die es sich lohnte.

Ich erhob meine Waffe und betrachtete die gläsernen Hochhäuser. Vor vielen Jahren hatte man sich solch eine Zukunft gewünscht, doch nun war alles, was ich sah eine Lüge. Diese Stadt war eine Lüge. Die Menschen waren eine Lüge. Ihr System war eine Lüge. Sie waren alle blind. Kalt. Gefühllos. Seelenlos.
Seelenlose können keine Lügen erkennen, mit denen sie leben.

Ich schloss mich einer Gruppe an und wir überrannten die Stadt.
Nach den ersten Bomben und der Sicherheit, dass wir Erfolg haben würden, suchte ich Darian. Ich musste mich versichern, dass es ihm gut ging.
Er hatte mir oft den Arsch gerettet, nun war ich an der Reihe. Doch als ich einer Explosion und einer Rauchwolke gefolgt bin, hatte ich nicht erwartet, ihn mit ihr zu sehen.
Ihr Haar war fast Platin und lief ihr wellig bis zum Hals. Ihre Schultern waren breit und doch schmeichelten sie ihrer schmalen Figur.
Doch das schönste war ihr Gesicht. Ihre Lippen waren voll und rosig. Auf ihrer Nase tanzten die Sommersprossen in der Sonne. Doch dann sah ich ihre Augen, die von rosa Lidschatten umgeben waren.
Sie waren Grau und eiskalt. Sie war eine Seelenlose.

Darian unterhielt sich mit einer der ihren. Ich wollte zuhören, doch ich hatte ihr Gespräch verpasst. Er wollte sie gehen lassen. Wenn ich sie anschaute, wollte ich es auch. Sie war zwar einer der ihren, aber nicht unser Problem.
Aber dann hörte ich ihren Namen. Gwendolyn. Es brauchte einen Moment, doch dann wusste ich sofort, wer sie war.

Gwendolyn Thompson. Tochter von Miss und Mrs. Thompson. Die beiden Personen, die mit dem höchsten Rang in Vitroum hatten. Die, die ganz oben mitspielten.
Sofort wurde mir klar, dass ich sie nicht mehr gehen lassen konnte. Sie war unsere Chance und ich würde sie nicht weglaufen lassen.
"Brian, nein!"
Doch es war zu spät. Ich schlug Gwendolyn Thompson nieder und erklärte sie offiziell als Gefangene der Rebellen, des Widerstandes.
"Sie ist eine Seelenlose, Darian."

Cold Hearts | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt