Eilig rannte ich zu Brians Zimmer, doch als ich klopfte, öffnete mir niemand die Tür.
Tief atmete ich durch und öffnete diese.
Es war unangemessen, ohne die Erlaubnis in die Privatsphäre anderer einzudringen.
Als ich die Tür ein Stück aufgeschoben hatte, sah ich bereits Brian in seinem Bett liegen. Seine Augen waren geschlossen.
Über seinem Bauch war eine dicke Binde gewickelt worden, doch sie saugte sich bereits mit Blut voll.
Sein Gesicht war mit Schnitten übersät.
Atemlos ließ ich mich neben seinem Bett nieder und starrte ihn eine Weile an. Es war seltsam, ihn so ruhig zu sehen. Beinahe wie vom Leben ausgehaucht.Dieses Duell war eine verdammt schlechte Entscheidung gewesen. Vielleicht hatte er seine Freunde vor einem Tyrannen gerettet, aber ob sie seinen Tod verkraften würden, glaubte ich weniger.
Ich konnte mir vorstellen, wie wütend Darian sein musste. Darian war sein Bruder. Nicht sein Leiblicher und trotzdem war ihre Verbindung viel stärker als Blut.Ich raffte mich hoch und öffnete Brians Schrank. Darin hatte er seinen Arztkoffer. Das Stechen in meiner Brust, als ich den Schrank öffnete, konnte ich nicht unterdrücken. Es war unschön, in fremden Sachen herumzuwühlen.
Sachte schob ich die Kleidung beiseite. Ich konnte bereits den Arztkoffer sehen. Doch neben ihm stand eine kleine Dose, die meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Ich warf einen kurzen Blick zu Brian. Seine Augen waren weiterhin geschlossen. Leise kniete ich mich nieder und holte den Arztkoffer und die Dose heraus, welche ich auf den Tisch abstellte.
Brians Wunden mussten zuerst versorgt werden. Ich holte Alkohol aus dem Schrank und die Binden aus dem Koffer.
Beide stellte ich auf Brians Bett ab. Er würde sicherlich nicht still halten.
Ich griff nach einem Hemd aus seinem Schrank und riss davon streifen ab. Mit den Streifen band ich Brians Arme und Beine an dem Bett fest.
Ich entfernte die mit Blut vollgesaugten Binden. Die Wunde ließ mich schlucken. Ohne die Medizin, über die wir in Vitroum verfügten, brauchte er ein Wunder. Ich ließ meinen Kopf in den Nacken sinken und seufzte.
Ashton hatte mir gesagt, dass es nicht meine Schuld war, doch fühlte es sich an, als wäre es meine. Ich wollte niemals, dass jemand verletzt wird, Rebell hin oder her.
Ich konnte nicht einmal froh sein, dass Alec Tod war.
Ich ließ den Alkohol über die Wunde laufen. Brian schrie nicht, doch sein Körper fing an sich zu wehren.Dennoch war er zu schwach.
Ich desinfizierte die Wunde und fing sie an zuzunähen. Noch nie hatten meine Hände bei solch einem Eingriff gezittert.
Ich klebte das Pflaster darauf und deckte ihn wieder zu. Er stöhnte und zuckte kurz, doch blieb er wieder ruhig.
Ich versicherte mich nochmals, ob es Brian gut ging, so weit wie das möglich war. Dann wandte ich mich der Dose zu. Sie war bereits älter. Der Verschluss war bereits kaputt.
Leise öffnete ich sie.Das Erste, was erschien, war ein Foto. Es war bereits älter, doch man konnte noch alles klar erkennen. Auf dem Bild waren Alec und Brian, wie sie sich lachend umarmten.
Meine Brust zog sich zusammen.
Ich schaute zu Brian. Seine Stirn war mit Schweißperlen besetzt. Ich versuchte mir nur Ansatzweise vorzustellen, was er durchgemacht haben muss, als er Alec mit dem Messer traf.
Er wusste nicht einmal, dass Alec Tod ist.
Ich legte das Foto beiseite und warf wieder einen Blick in die Dose. Eine Kette kam zum Vorschein. Ich nahm sie in meine Finger und betrachtete sie. Sie war wunderschön.
An der Kette hing ein kleiner runder Anhänger, in welchem lediglich ein kleiner weißer Edelstein steckte.
Ich drehte den Anhänger herum. Auf ihm war ein kleiner Buchstabe eingraviert. M.
„Mutter..."Mein Herz setzte einen Moment aus. Die Kette fiel mir aus der Hand.
Doch Brian war nicht wach. Seine Augen waren weiterhin geschlossen. Dennoch sprach er leise.
„Tod."
Ich hob die Kette und ließ sie wieder in die Dose sinken. Vorsichtig verstaute ich das Foto und stellte die Box zurück in den Kleiderschrank.
„Ihr habt sie umgebracht. Alles genommen."
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Cold Hearts | ✔
Science Fiction"Die das Dunkel nicht fühlen, werden sich nie nach dem Licht umsehen" ~Henry Thomas Buckle Eine Stadt, welche perfekt ist, eine Menschheit, die perfekt ist. Eine, die keine Gefühle besitzt. Das ist Vitroum, die Stadt aus Glas. In ihr Leben Menschen...