6. "Ich kann dir hier kein Leben versprechen"

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Es vergingen zwei weitere Tage, welche
ich nur in dieses Zimmer verbringen durfte. Vielleicht hätte ich ihnen nicht die Wahrheit sagen sollen, damit sie mich freigelassen hätten. Doch ich log niemals. Nicht mal, wenn mich eine Horde überheblicher Menschen festhielt.

Plötzlich schlug die Tür krachend auf.
Mein Körper zuckte unkontrolliert zusammen, doch darum konnte ich mir keine Gedanken machen. Alec stand mit erhobenen Kopf vor mir und verschränkte die Arme.
„Was kannst du?", fragte er mich. Sprachlos starrte ich ihn an. Plötzlich lachte er auf.
„Denkst du wirklich, du bleibst hier und tust nichts?"
Ich verschränkte ebenfalls die Arme.
„Ich bin natürlich auch freiwillig hier."
Auf einmal kam er auf mich zugestürzt und stieß mich an die Wand. Schmerzhaft prallte ich auf.
„Du hast nicht annähernd das Recht, vorlaut zu werden."
Ich wollte meine Worte ihm gegenüber zurückhalten, doch ich konnte es einfach nicht.

„Es war nicht vorlaut, sondern die Wahrheit."
Sein Gesicht verzog sich. Die dunklen Augen wurden immer dunkler, bis sie fast schwarz waren. Es war, als sähe er nicht mich, sondern durch mich hindurch, eine völlige andere Person an. Doch dann schaute er wieder mich an.
„Ich werde dir schon die Angst lernen", sprach er drohend. „Wenn du nicht sofort sagst, was-"
„Ich war Ärztin", gab ich eilig von mir, sodass er mich loslassen würde. Die Schmerzen, die sich in meiner Schulter ausbreiteten, schienen meinen ganzen Körper zu lähmen.
„Interessant. Doch wir brauchen keine Ärzte."
„Ich kann bei vielem helfen, wo euch die Erfahrung fehlt.", stieß ich von mir. Ich musste einen Grund finden, damit sie mich aus diesem Zimmer ließen. Mein Plan hatte immer noch eine Chance und ich musste an ihm festhalten, egal was es mich kostete.
„Uns fehlt keinerlei Erfahrung."

Ich seufzte.
„Ihr wisst so vieles nicht."
Er stieß verächtlich Luft aus, welche mich im Gesicht traf.
„Ich weiß alles, was ich wissen muss."
Er stieß mich nochmals an die Wand, bevor er ruckartig losließ. Ich konnte mich grade noch an der Wand halten, bevor ich zusammengeklappt wäre.
„Du wirst hier helfen und mir ist egal, ob du es kannst oder nicht."
Ich wollte es nicht. Definitiv nicht, dennoch nickte ich stumm. Zufrieden bildete sich ein Lächeln, um seine Lippen. Er dachte, er hätte gewonnen, doch das hatte er nicht. Noch lange nicht.
Er packte mich am Handgelenk und schob mich zur Tür.
„Lass mich los", stieß ich hechelnd aus. „Bitte."
Mir war die Berührung unangenehm, doch er ließ nicht ab. Stattdessen zog er mich immer weiter durch die Gänge. Die Rebellen starrten mich an, schmunzelten oder ließen spitze Bemerkungen. Doch allein die Anwesenheit von Alec schien sie abzuschrecken, mich körperlich anzugehen.

Er zog mich zu einer Tür und stieß diese auf. Staunend blieb ich stehen. Vor mir erstreckten sich meterweise Plantagen, auf denen das unterschiedlichste angebaut wurde. Durch Löcher in der Decke fielen breite Sonnenstrahlen hinein. Sie hatten innerhalb des Steines, Erstaunliches geschaffen.
Weizen, Mais und Zuckerrüben waren über verschiedene Felder verstreut und wurden verschieden behandelt. Sogar Obstplantagen schaffte man anzubauen. Ich wusste nicht, wie sie es schafften, so viel Verschiedenes zu bewirtschaften, aber scheinbar hatten sie großen Erfolg damit, denn die Plantagen liefen einwandfrei.
„Ashton!"

Alecs Stimme dröhnte durch die große Halle. Die Blicke der Arbeiter fielen augenblicklich auf uns.
Die Missbilligung sah ich ihnen an, denn sie versuchten nicht einmal, sie zu unterdrücken. Böse Kommentare fielen, doch ich blendete sie aus, so weit, wie ich es schaffte.

Ein Mann kam eilig auf uns zugelaufen. Vor uns blieb er stehen und betrachtete mich einen kurzen Moment. Doch eine Bemerkung stieß er nicht aus.
Er war fast genauso groß wie ich, doch trainiert, wenn auch nicht so sportlich wie die anderen. Sein Haar war braun wie Zedernholz. Seine Augen waren schmaler und klein, dennoch stach das Grau leuchtend hervor.
„Teil ihr Aufgaben zu."
Alec ließ mich los und verschwand aus der Tür. Die Anspannung der anderen schien sich zu senken, auch wenn sie unter meiner Anwesenheit nicht verschwinden wird.
Kurz musterte er mich erneut. Dann nickte er.
„Also, ich bin Ashton", sagte er gelassen und ein kleines Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Ich bin zuständig für die Versorgung mit Lebensmitteln und organisiere diese."
Er wies mich an ihm zu folgen. Mit seinem rechten Bein schien er leicht zu Humpeln. Ich versuchte herauszufinden woran es liegen könnte, doch konnte ich nichts sehen. Er führte mich zu einer der Kartoffelplantagen.
„Warte hier."

Cold Hearts | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt