Szene ④

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Benno stand zur gleichen Zeit hinter der Theke des kleinen Ortscafés. Er wurde gerade mit Aufträgen älterer Damen überschüttet. Ein Eiskaffee hier, ein Törtchen da. Jede von ihnen hatte einen anderen Wunsch.

Benno schnaufte angestrengt. Er war schon viel zu lange hier. Sein Feierabend hatte vor einer halben Stunde begonnen. Aber seine Chefin brauchte ihn noch, und er konnte ihr diesen Wunsch nicht abschlagen.

„Benno, machst du noch einen Cappuccino?", rief ihm eine der Bedienungen zu.

„Sicher. Kommt gleich." Er drehte sich von dem Erdbeertörtchen weg, was er eigentlich gerade neben einem Häufchen Sahne auf einem Teller hatte platzieren wollen, und bediente stattdessen die Kaffeemaschine.

Kurz nutzte er die Zeit, um seine Ärmel hochzukrempeln. Er hatte sich schon oft genug die Frage gestellt, warum das Personal die langärmligen Hemden auch im Hochsommer bei der Arbeit tragen musste.

Während er den linken Ärmel hochkrempelte, fiel sein Blick auf seinen linken Arm und das Armband, welches er dort trug.

Pinke, gelbe und blaue Wolle waren ineinander verflochten. Malea hatte ihm das Band nach seinem Outing geschenkt und er trug es seitdem jeden Tag.

Gerade war der Cappuccino fertig geworden und verlangte damit Bennos Aufmerksamkeit. Gleichzeitig rief ihm eine Bedienung eine weitere Bestellung zu. Benno notierte sich den bestellten Eiskaffee auf einem Zettel, da er ihn sonst im Stress um den Cappuccino und die Törtchen vergessen würde.

Benno war so beschäftigt, dass er gar nicht merkte, wie sich ihm von hinten eine Person näherte.

Erst als er sich ein paar Minuten später wieder zur Theke drehte, bemerkte er die junge Frau und erschrak.

„Oh, hallo!" Benno schaffte es, den Kaffee wieder fest zu fassen, nachdem er ihn vor Schreck fast hatte fallen lassen und gleichzeitig das Mädchen zu begrüßen.

Diese lächelte. Sie sah nett aus, das stellte Benno gleich fest. Lange blonde Haare, braune Augen, eine runde Brille. Außerdem trug sie ein rotes Hogwarts-T-Shirt. Das würde ihr bei Lilia gleich Pluspunkte einfangen. „Hallo. Ich hätte gerne einen Kakao."

„Bist du sicher? Es ist superheiß heute. Ich habe noch nie jemanden bei diesem Wetter Kakao bestellen sehen." Benno lachte unsicher. Er wollte das fremde Mädchen nicht beleidigen, aber ihm wäre es zu warm für einen Kakao. Das konnte aber natürlich auch daran liegen, dass er bereits seit 3 Stunden in einem langärmlichen Hemd schuftete, und nicht nur an der Sommerhitze.

Das Mädchen lachte. „Ja, ich bin mir sicher. Einen Kakao bitte. Andere Menschen trinken doch auch im Sommer warmen Kaffee. Warum sollte ich dann auf meinen Kakao verzichten?"

Da hatte sie wohl recht, wobei Benno auch bei den Kaffeetrinkern nicht verstand, wie sie diesen bei 30 Grad genießen konnten.

„Ist es schlimm, wenn ich dich kurz warten lasse?" Entschuldigend hob Benno beide Arme. In der einen Hand hielt er die Sahne, in der anderen den Cappuccino. Er hatte definitiv keine Hand mehr frei.

„Nein, kein Problem. Die anderen Besucher haben vor mir bestellt. Es ist doch nur fair, wenn ich warte." Das Mädchen nahm nahe der Theke an einem runden Tisch Platz und beobachtete Benno dabei, wie er die Aufträge abarbeitete.

Ihn störte das nicht. Er war es vom Klavierspielen gewohnt, dass ihm alle auf die Finger sahen.

„Wie heißt du?", fragte er, während er einer Bedienung das letzte bestellte Törtchen in die Hand drückte. Jetzt konnte er sich endlich ihrem Kakao widmen.

Die Geheimnisse der träumenden Wälder (I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt