Szene ②

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Am nächsten Morgen standen die vier Freunde vor Dorotheas Haus und sahen alle zu gleichermaßen aufgeregt aus. Hoffentlich würde ihnen Dorothea gleich die erhofften Antworten bringen und sie nicht mit Unwissenheit enttäuschen.

„Wir geht es euch?" Benno legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den Himmel. „Dem Wetter scheint es wohl nicht so gut zu gehen. Es sieht nach Regen aus."
Jasper grinste. „Bei mir sieht es auch nach Regen aus."

„Inwiefern?" Fria sah schon wieder so aus, als würde sie sich Sorgen machen. Worüber auch immer. Gleichzeitig war sie sehr aufgeregt, so wie man es an ihren tippeligen Schritten erkennen konnte.

„Keine Sorge Fria. Mir geht's nur genauso beschissen wie sonst." Jasper legte ihr die Hand auf die Schulter. „Klima und so. Wenn du gestern Nachrichten geschaut hast, wirst du die schlechten Entwicklungen mitbekommen haben."

Wie schon bei unzähligen anderen Klimakonferenzen war auch bei der gestrigen nicht viel dabei herumgekommen. Jasper nahm das immer sehr mit. Wann verstand die Politik endlich, dass die Erde ernsthaft Hilfe brauchte?

„Regen im September ist doch nicht schlecht. Das lässt die Kürbisse wachsen", versuchte es Lilia mit einer Aufmunterung. Sie hatte sich die Kapuze ihres blauen Regenmantels tief ins Gesicht gezogen und sah aus wie sieben Tage Regenwetter. Dabei war es der erste Regentag seit langer Zeit und sie begrüßte das schlechte Wetter eigentlich. Das änderte aber nichts an ihrer Laune. Die war nach wie vor mies.

„Lasst uns endlich klingeln, sonst werden wir nass", drängelte Benno.

„Na gut. Wissen wir alle, was zu tun ist?" Lilia war nervös. Sie hatte Dorothea ewig nicht gesprochen und wusste deshalb nicht, was sie gleich erwarten würde.

„Es wird schon alles gut gehen Lil. Wir werden ihr einfach ein paar Fragen stellen und sehen, wie es ihr geht. Da braucht man keinen Master-Plan für." Benno klingelte und wartete kurz ab, bevor er das Surren hörte, was ankündigte, dass die Tür offen war. Schnell trat er ein. Er schien wirklich um jeden Preis vermeiden zu wollen, nass zu werden.

Seine Freunde traten hinter ihm ebenfalls durch die Tür und zogen sich die Schuhe und Jacken aus, während Benno der überrumpelten Dorothea ihren Besuch erklärte.
„Hi. Wir müssen dringend mit dir sprechen. Wir haben etwas herausgefunden und du kannst uns vielleicht weiterhelfen."

Dorothea sah völlig kraftlos aus, doch sie nickte. „Natürlich. Ich werde euch etwas zum Trinken aus der Küche holen und ihr setzt euch ins Wohnzimmer."

Benno lächelte dankbar. „Super."

Schnell hängte auch er seine Jacke weg und trat in das vertraute Zimmer. Außer dem Sofa war alles vor ein paar Jahren renoviert worden. Benno konnte sich noch genau an den Streit zwischen Malea und ihrer Mutter erinnern, als diese das rote Möbelstück aussortieren wollte. Malea hing sehr an ihm, weshalb sie sich schlussendlich durchsetzen konnte. Der alte Fernseher, Regale und Stühle flogen raus, doch das Sofa blieb.

Benno blieb ein paar Sekunden davorstehen, bevor er sich zu den anderen setzte, um die Erinnerung vollends auszuleben. Jeder Gedanke an Malea war warm und wohlig.

Bennos Strategie mit ihrem Tod umzugehen, lag darin, sich an sie zu erinnern. Er wusste, dass keine neuen Erinnerungen dazukommen würden, aber diejenigen, die er bereits gesammelt hatte, würde ihm keiner nehmen. Er konnte sich für immer an die guten Zeiten mit Malea erinnern.

„Dann schießt mal los." Dorothea kam mit einem Tablett aus der Küche zurück und stellte vor jedem ein Glas Wasser ab. Sie kannte die Freunde, sodass sie gar nicht danach fragen musste, welches Wasser sie tranken. Dabei war das eines der vielen Dinge, in dem sie sich so voneinander unterschieden. Lilia trank nur stilles Wasser. Jasper viel Sprudel. Benno wenig Sprudel. Fria Medium.

Die Geheimnisse der träumenden Wälder (I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt