Kapitel 31

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Wenige Tage nach Halloween. Das Fest war durch einen Troll gestört worden, der sich in den Kerkern verlaufen hatte. Unseren Verteidigung gegen die Dunklen Künste Lehrer Professor Quirrell hatte dieses Wissen direkt umgehauen. Im Ernst, er ist einfach umgekippt.

Mein Geburtstag, oder wohl eher der Tag, den ich für meinen Geburtstag hielt, war auch schon vorbei. Cho hatte sich was Nettes einfallen lassen, das wir nach dem Unterricht noch gemacht hatten. War witzig gewesen.

Jede freie Minute trainierten wir für die bald beginnende Saison oder lernten. Bei schlechten Noten konnte man aus dem Team genommen werden, hatte Davies uns gewarnt. Also saß ich jetzt hier in der Großen Halle und las mir noch mal durch, wie man in Astronomie dieses Lunaskop benutzte. Damit beobachtete man den Mond. Und das taten wir gerade durchgehend. Er war zwar schön, klar, aber was Neues würde ich auch mal gerne lernen.

„Robyn!“, ich zuckte zusammen, als sich jemand neben mich fallen ließ. „Cho!“, zischte ich erschrocken, aber sie schien das nicht zu stören. „Hast du die Gerüchte gehört?“ „Sehe ich aus, als würde mich vages Geschwätz interessieren?“ „Also das bestimmt: Gryffindor hat einen neuen Sucher.“ Einen neuen Sucher. Der Nachfolger von Charlie. Obwohl, nein. Der Nachfolger des Nachfolger von Charlie. „Ich dachte, sie hätten die Auswahlspiele schon lange beendet?“ „Haben sie auch. McGonagall hat nur einen besseren gefunden.“ „Sie hat sich eingemischt?“, ich gluckste belustigt. „Ist ihr wohl ernst, nicht wieder gegen Slytherin zu verlieren.“ Chos Mundwinkel zuckten. „Komm schon. Wer ist es?“ „Harry Potter!“, platzte sie heraus. Harry Potter? Der Junge, der überlebt hatte? Der Erstklässler? Zusätzlich wohl noch ein Ausnahmetalent, wenn er wider der Regeln als Erstklässler ins Quidditchteam aufgenommen wurde.

„Angeblich soll er sogar noch besser als Charlie sein“, murmelte Cho und spielte mit meinem Lesezeichen herum. Ich schnaubte. Harry war ein Erstklässler, der vermutlich das erste Mal auf einem Besen gesessen hatte und noch nie an einem Quidditchspiel teilgenommen hatte. Natürlich war besser als ein erfahrener Sucher, der sogar angeboten bekommen hatte, als Nationalspieler für England zu fliegen.

„Sicher“, gab ich trocken zurück. Cho zuckte mit den Schultern. „Ich kann es mir auch nicht vorstellen. Und genau deshalb bin ich hier.“ Sie lehnte sich näher zu mir. „Er trainiert gerade auf dem Trainingsgelände mit Wood.“ „Woher weißt du das?“ Sie wusste immer über alles Bescheid. „Ich habe meine Quellen“, zuckte sie mit den Schultern. „Und ich dachte mir, du willst dich vielleicht selbst überzeugen, ob die Gerüchte stimmen. Ob er wirklich besser ist als dein Lieblingsquidditchspieler.“ Ich verdrehte die Augen. Sogar Cho. Da bejubelte man einmal einen grandiosen Spielzug und wurde dafür noch aufgezogen. Ich nickte. „Hast recht. Das will ich sehen.“

 

„Gut gemacht! Gleich nochmal!“, rief der Gryffindorhüter und bedeutete dem schwarzhaarigen Jungen, die Übung nochmal zu wiederholen. Neugierig beobachteten wir sie. Es war ein spezielles Training. Es kam mir seltsam vor. Woods Art und Weise zu trainieren war komplett anders als die von Davies. Oder unser Überlebender war einfach noch nicht bereit für ein normales Training.

Ich konnte sehen, was Cho meinte. Harry war gut. Er hatte bewundernswerte Reflexe. Aber ihn mit einem Spieler mit Charlies Niveau zu vergleichen... nun, ich fand es übertrieben. Mehr als das sogar.

„Wann ist sein erstes Spiel?“ „Anfang November“, antwortete Cho. „Gegen Slytherin. Wie letztes Jahr.“ „Dann bin ich mal gespannt“, murmelte ich. Würde sicher interessant werden, so mit dem jüngsten Quidditchspieler in Hogwarts seit wie vielen Jahren? Auf jeden Fall im dreistelligen Bereich.

„Wann ist unser erstes Spiel?“ „Anfang Dezember“, gab Cho zurück und mein Herz machte einen Satz. Nur noch zwei Monate.

 

Tja, wie zwei Monate vergingen. Heute war der große Tag. Ich zupfte meine Quidditchrobe zurecht und schloss die Augen. Ich konnte bereits die Rufe der Menge draußen hören. Mein Hals wurde eng. Jetzt war es so weit. Mein erstes Spiel. Hoffentlich verlief es genauso erfolgreich wie das von Harry. Der Kleine hatte den Schnatz doch glatt verschluckt. Aber gefangen war gefangen. Selbst wenn es mit dem Mund war.

„Bereit?“, flüsterte Cho. Ich nickte. „Bereiter geht es nicht.“ Lüge. Eigentlich würde ich nichts lieber tun, als einfach umzudrehen. Aber Aufgeben kam nicht in Frage. Das hier war genau das, was ich gewollt hatte, seit ich das erste Mal auf einem Besen gesessen hatte.

„Es geht los“, Davies Worte sorgten dafür, dass sich meine Gedanken sofort fokussierten. Ich schwang mich auf meinen Besen und auf das Kommando unseres Kapitäns flogen wir in einer perfekten Falkenkopf-Formation aufs Feld.

Laute Jubelrufe schlugen uns entgegen, Wind zerrte an meiner blauen Robe und mein Pferdeschwanz peitschte durch die Luft. Ich grinste von einem Ohr zum anderen. Von meiner Unruhe war nichts mehr geblieben. Adrenalin schoss durch meine Adern.

„- kräftiger Applaus für das Quidditchteam von Ravenclaw!“, hörte ich noch Lees Stimme, die durch das Stadion hallte. Seit diesem Jahr übernahm er – natürlich vollkommen unparteiisch – die Aufgabe des Kommentators. Ich hörte, wie er unsere Formation beschrieb und Cho und mich – die neusten Teammitglieder – offiziell vorstellte. Ich kippte fast vom Besen, als er mich als die Anführerin der Affeninvasion betitelte. Dieser Junge verbrachte zu viel Zeit mit Fred und George! Ich eigentlich auch, wenn ich drüber nachdachte.

Unser Team brachte sich in Position. Direkt Hufflepuff gegenüber. In unserer Mitte die Bälle. Madam Hooch hob ihre Pfeife.

3,2,1 Pfiff! Die Bälle flogen in die Höhe. Ich schoss nach vorne, schnappte mir den Quaffel und drehte mich unter dem gegnerischen Team hindurch. Davies Idee. Ich war die schnellste. Aus unserem Team und aus dem der Hufflepuffs.

Ich wich einem Klatscher aus, stieg immer weiter in die Höhe, näherte mich den Seifenblasen ähnlichen Torringen immer mehr. Aus dem Augenwinkel sah ich Davies. Er tauchte bereits für den nächsten Spielzug ab, den ich gleich ausführen würde. Blieb dem Hufflepuffhüter nicht unbemerkt. Die Porskoff-Täuschung war kein neues Manöver der Ravenclawmannschaft. Unsere Jäger hatten sie schon so oft genutzt, dass sie beinahe zu unserem Markenzeichen geworden war.

Ich ließ den Hüter nicht aus dem Augen. Diesmal konnte ich mich nicht auf die Ratschläge von Fred und George verlassen. Ich musste auf meinen Instinkt hören. Und der sagte mir, dass der Hüter nicht ganz unbegründeter Weise eine Porskoff-Täuschung erwartete. Und in eine dementsprechende Verteidigung über ging. Ich grinste. Seine Übereifrigkeit war unser Vorteil. Ich beschleunigte noch einmal und schoss auf die Torringe zu. Ohne zu zögern hob ich den Quaffel, deutete die ersten Schritte des Manövers an und schleuderte den Quaffel statt nach unten in einen der freien Torringe. Die Zuschauer jubelten. Führung für Ravenclaw. Mein erstes Tor. Zehn Punkte, die ich erzielt hatte.

 

„Schnatzfang! Schnatzfang durch Chang! Ravenclaw gewinnt!“, die blaue Menge auf der Tribüne jubelte. Ich strahlte. Wir hatten gewonnen. Unser erstes Spiel der Saison. Atemlos landete ich auf dem Boden. Harrison klatschte mich grinsend ab, Davies warf laut jubelnd seinen Besen in die Luft und Cho hielt über beide Ohren lachend den goldenen Schnatz in die Höhe. Ich jubelte. Sie hatte ihn gefangen. In ihrem ersten Spiel. Wir hatten uns beide erfolgreich bewiesen. Das nächste Spiel konnte kommen.

Tales of a marauders daughter | Robyn Harriot | In Love With A WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt