Kapitel 14

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„Colloportus!“, hörte ich Fred hinter mir flüstern. „Echt jetzt?“, ich verdrehte die Augen. „Jeder Trottel mit Zauberstab kann eine Tür öffnen.“ George lachte, ließ seinen Arm von meinen Schultern gleiten und griff, ehe ich es verhindern konnte, in meine Umhangtasche. „Hey!“ Er lachte nur und betrachtete meinen Zauberstab triumphierend. Toll. Jetzt kam jeder rein, nur ich nicht raus. Und das schien genau das Ziel gewesen zu sein: „Meinetwegen kann die ganze Schule hier rein kommen -“ „- solange du drinnen bleibst“, stimmte Fred zu und grinste ebenfalls vom einen bis zum anderen Ohr. Zufrieden klatschten sich die Beiden ab. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Was für einen Streich habt ihr geplant?“, fragte ich, zugegebener Maßen, wenig begeistert, während ich beobachtete, wie George meinen Zauberstab in seiner Jackentasche verschwinden ließ und Fred an einem der Regale herumzufummeln begann. „Wir brauen einen Schwelltrank.“ Ich runzelte die Stirn. „Welchen Teil von Ich bin eine Niete in Zaubertränke habt ihr nicht verstanden?“ „Also erstes hast du was Anderes gesagt“, entgegnete George. „Und zweitens bist du eine Ravenclaw! Ihr seid in keinem Fach schlecht -“ „- und wenn doch, würdet ihr es nie zugeben.“ Aha. Nicht wirklich überzeugt habe ich die Augenbraue. „Ihr habt ja wirklich überhaupt keine Vorurteile gegenüber den anderen Häusern, was?“ Entsetzt riss er die Augen auf: „Vorurteile, wir?“ „Niemals!“, stimmte Fred in einer viel zu hohen Tonlage zu. Autsch. Der Ton würde vermutlich morgen noch in meinen Ohren nachklingen. „Hilfst du uns?“ Ich unterdrückte ein Seufzen. Hielten die Zwei ernsthaft so wenig davon, mir zu erzählen, was genau sie vorhatten? Musste ich mir das ernsthaft immer selbst erschließen? Sah ganz so aus... Na gut. Was wusste ich? „Ihr wollt den Slytherin einen Schwelltrank einflößen? Na ja, wohl eher sie mit so einer Art Trankbombe abwerfen, oder?“ „Klingt genial, was?“ Ich schüttelte grinsend den Kopf. „Klingt so, als wärt ihr gewaltig schlechte Verlierer.“ Die nächsten zehn Minuten durfte ich mir ein Theater anhören, dass Slytherin einfach Glück gehabt hätte und blablabla und pipapo. „Den lernt man in der zweiten Klasse, ich bin euch da also definitiv keine Hilfe“, unterbrach ich sie schließlich. Ich wollte ihnen nicht helfen, diesen Trank zu brauen. Den Zwillingen war mein Protest nur ziemlich egal. Sie ignorierten mich einfach und begannen sich leise über ihren Plan zu unterhalten. Ich schnaubte. „Hört ihr mir vielleicht mal zu? Mit diesem Trank ist nicht zu spaßen! Das Anschwellen kann überaus schmerzhaft sein und stellt euch mal vor, was passieren wurde, wenn jemand was davon schluckt!“ „Ähhh“ „Öhhhh?“ Ich verdrehte die Augen. Die beiden waren ja richtige Genies. „Die Folgen einer inneren Anwendung sind weder bekannt noch einschätzbar!“, blaffte ich. Fred erwiderte meinen aufgebrachten Blick unschuldig. „Das heißt du hilfst uns?“ „NATÜRLICH NICHT!“ Die beiden Brüder wechselten einen kurzen Blick. Dann brachen sie in schallendes Gelächter aus. „Der war -“ „- echt gut!“ Sie kringelten sich und hielten sich prustend die Bäuche. Jetzt fehlte nur noch, dass sie sich Tränen aus den Augenwinkeln wischten. Oh man. Wenn man vom Teufel sprach. „Ich meine es ernst“, sagte ich so laut und ruhig wie möglich, in der Hoffnung, die Beiden übertönen zu können. Vergeblich. Ich verdrehte genervt die Augen. Meinen Nachmittag hatte ich mir wirklich komplett anders vorgestellt. Mein Blick fiel auf Georges Tasche, aus der die Spitze meines Zauberstabs herausragte...
 


„Wie wäre es mit etwas Harmloserem?“, schlug ich vor. „Etwas Harmloseres?“, wiederholte George ganz so, als wäre er schwer von Begriff. Ich nickte. „Ja.“ „Harmlos.“ „Den Begriff schon mal gehört, Freddie?“ „Nope. Du schon mal, Georgie?“ „Aber so was von nein.“ Wieder lachten sie. Ich seufzte. Konnten sie nicht einmal ernst bleiben? „Ich habe keine Lust für das Verursachen haufenweiser schmerzhafter Beulen verantwortlich gemacht zu werden.“ „Warum nicht?“ „Ist doch total witzig.“ „Das ist nicht witzig, das ist gemein“, erwiderte ich. Jetzt verdrehte George die Augen. „Und du bist also eine Expertin, was lustige Streiche angeht?“ „Nun, ja. Irgendwie schon.“ Mein Mitoseexperiment war echt zum Wegwerfen gewesen. „Na dann“, murmelte Fred nachdenklich. „Beweise es.“ Ich verzog gespielt nachdenklich das Gesicht. „Gut. Ich zeige es euch, okay?“ Noch ehe die beiden nicken konnten, hatte ich einen Satz nach vorne gemacht und Fred einmal ganz fest gedrückt. Überraschung war untertrieben für seine Reaktion. Ich lachte, ließ ihn los und schloss George in die Arme, der wesentlich vorbereiteter war und die Umarmung grinsend erwiderte. Eine gefühlte Ewigkeit verging, bis er mich losließ. Genug Zeit, meinen Plan umzusetzen.
Ich lächelte und schob mich an ihnen vorbei zur Tür. „Alohomora“, murmelte ich. Es klackte. Die Tür war wieder geöffnet. Zufrieden drehte ich mich erneut zu den Zwillingen um, meinen Zauberstab von einer Hand in die andere wiegend. George sah ziemlich blöd aus der Wäsche, während er seine Tasche sprachlos abklopfte. Sein Bruder warf ihm einen genervten Blick zu. „Bei Merlins Bart“, hörte ich ihn murmeln. Ich lachte. „Ihr solltet mal eure Gesichter sehen“, spottete ich. „Aber danke: war einfacher als gedacht und da ich ja jetzt keine Gefangene mehr bin, könnt ihr euren Schwelltrank alleine brauen!“ Ui, wenn Blicke töten könnten... Gryffindor hätte direkt mal einen Weasley weniger. Der arme George. „Ihr könnt ihn alleine machen und euch darüber lustig machen, wie andere unter eurem verkorksten Trank leiden müssen, ODER ihr besorgt euch einen Schlaftrunk von Madam Pomfrey aus dem Krankenflügel, den ihr den bösen, bösen Slytherins als Rache für eure Niederlage in der Küche ins Trinken mischt.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust, als Fred und George mir lautstark zu verstehen gaben, dass sie das nicht taten, weil Slytherin sie im Quidditch geschlagen hatten, sondern sie es schlichtweg verdient hätten. Klar. Ich hob die Hand, um ihnen zu verstehen zu geben, dass ich etwas sagen wollte. „An eurer Stelle würde ich mich beeilen. Madam Pomfrey wird, sagen wir in zehn Minuten, ziemlich abgelenkt sein.“ Ich zwinkerte ihnen zu, drehte mich um und verließ den Raum. Das Letzte, was ich noch sah, war wie George seinem Zwilling entschlossen zu nickte.
 
„Sie sind komplett gesund“, teilte mir die Hogwartsheilerin leicht genervt mit. Ich kniff die Lippen aufeinander. Warum klappte es nicht? Im Heim hatte es immer funktioniert! „Glauben Sie mir doch, es tut weh...“, gab ich weinerlich zurück und presste meine Hände noch kräftiger auf meine Bauchdecke. Hatte ich heute früh vielleicht zu wenig gegessen? Wohl kaum, im Heim hatte ich das auch gekonnt, wenn mein Magen so gut wie leer war. „Vielleicht habe ich was Falsches geges-“, ich brach ab. Etwas passierte. Mein Hals wurde eng. Ehe ich richtig hatte zielen können, übergab ich mich auch schon. Madam Pomfreys Schürze dankte es mir. Jetzt sah sie definitiv nicht mehr ganz so... weiß aus. Bäh! Aber immerhin hatte es geholfen: die Heilerin schien mir zu glauben. Nachdem sie es am eigenen Leib hatte erfahren müssen, konnte sie mich ja auch schlecht wieder wegschicken. Mit dem Zauberstab säuberte sie ihre Schürze. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie zwei rothaarige Gestalten aus dem Krankenflügel huschten. Hoffentlich waren sie erfolgreich gewesen.
Madam Pomfrey zog die Augenbrauen zusammen und musterte mich. „Nun, wenn es Ihnen wirklich nicht gut geht, gebe ich Ihnen...“ „Wow!“, unterbrach ich sie und tastete meinen Bauch ab. „Es... ist weg! Was auch immer Sie gemacht haben, es hat geholfen!“ „Ich habe gar nichts gemacht.“ „Noch besser. Danke, Madam Pomfrey!“ Ich sprang von dem Krankenbett und ehe die Heilerin auch nur ein Wort sagen konnte, huschte ich auch schon aus dem Krankenflügel. Puh, war das knapp gewesen. Zwischenzeitig hatte ich Angst gehabt, Madam Pomfrey würde mich einfach aus dem Krankenflügel werfen. Verständlich. Diesmal hatte ich ziemlich lange gebraucht, mich zu übergeben. Früher hatte ich es ein, zwei Mal gemacht, wenn ich mich vor einem gemeinsamen Ausflug mit den anderen Weisen hatte drücken wollen. Miss Wright hatte meinen kleinen Trick zwar immer durchschaut, aber seit mich die anderen Kinder mal fast in einem kleinen Teich ertränkt hatten, nicht darauf bestanden, dass ich mitkommen musste. Gott sei Dank. Oder hier wohl eher Merlin sei Dank. Wie auch immer.
Zwei Arme legten sich um meine Schultern. „Das war ja mal so was von ekelhaft“, rief Fred, während sich George angeekelt schüttelte. „Wo hattet ihr eure Augen?“, lachte ich. „War euch euer Teil zu leicht?“ George zuckte mit den Schultern. „Kann man so sagen.“ „Die eigentliche Herausforderung war, bei deinem Anblick das Frühstück im Magen zu behalten.“ „Also eigentlich alles wie immer, was Fred?“ Ich lachte trocken auf. „Wart ihr erfolgreich?“, fragte ich dann mit gesenkter Stimme. Fred nickte knapp. „Am Montag schleichen wir uns in die Küche und mischen ihn ins Essen der Schlangen -“ „- sie nehmen ihn unbemerkt auf -“ „- und verschlafen den ganzen Unterricht.“ „Wir haben was zu lachen und sie was zum Nachholen.“ „Einen tollen Plan habt ihr da ausgearbeitet“, murmelte ich grinsend. „Hast du was Anderes von uns erwartet?“ „Wir sind die Streichekönige! Niemand spielt bessere Streiche als wir.“ „Ja, es ist schlicht und ergreifend einfach niemand so genial wie wir.“ „Nichts für ungut, Robyn -“ „- du bist ja noch ein Kind, du bist entschuldigt.“ „Da bin euch aber dankbar!“, ich verdrehte die Augen. „Auch, wenn ich nur ein Jahr jünger bin als ihr. Und trotzdem viel älter aussehe.“ „Vielleicht älter, aber garantiert nicht besser“, gab George wie aus der Pistole geschossen zurück. Ich lachte nur. Was hatten die Zwei nur immer mit ihrer umwerfender Optik? Ich schüttelte ihre Arme ab und ging schneller voran. „Sagt Bescheid, wenn ich euch mal wieder unter die Arme greifen soll.“ Dann ließ ich sie stehen.
Das nannte ich mal einen Abgang!

Tales of a marauders daughter | Robyn Harriot | In Love With A WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt